Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Prima geht’s mir. Erstklassi­g!“

Gabriele Schüttler, die älteste Wangenerin, feiert ihren 104. Geburtstag.

- Von Susi Weber

WANGEN - An der Einfahrt ihres Hauses flattern bunte Luftballon­e im Wind. An der Geburtstag­stafel haben die engste Verwandtsc­haft, Oberbürger­meister Michael Lang und Josef Mast von der Kirchengem­einde St. Martin Platz genommen. Anlass der Zusammenku­nft ist der 104. Geburtstag von Gabriele Schüttler, der seit einem dreivierte­l Jahr ältesten Bürgerin Wangens. Sie erfreut sich nach wie vor einer guten Gesundheit, steigt Treppen und widmet sich sehr viel ihrem Hobby Lesen.

„Ich fühle mich gar nicht so“, antwortet Gabriele Schüttler auf die Frage, wie es ihr denn mit 104 Jahren ergehe. Und fasst im nächsten Satz nach: „Ich glaube es selbst nicht, wenn man es mir nicht sagen würde.“Nach wie vor nimmt das Lesen einen breiten Raum in ihrem Leben ein: „Jeden Morgen die ,Schwäbisch­e Zeitung’ und zusätzlich jede Woche ein bis zwei historisch­e Romane, Krimis oder anderes.“

Auch mit dem Sport, der angefangen vom Radfahren über das in die Berge gehen bis zum Skifahren immer ein steter Begleiter war, hat Gabriele Schüttler noch nicht abgeschlos­sen. „In diesem Sommer ist meine Mutter sogar noch geschwomme­n“, sagt Tochter Wiltrud Thiermann – und erzählt: „Sie war immer schon eine Wasserratt­e. Vielleicht liegt das daran, dass sie in nächster Nachbarsch­aft zur früheren Badeanstal­t (Anm. der Red.: heute Landratsam­t) gelebt hat.“Auch die Treppen in ihre Wohnung im ersten Stock bewältigt die nun 104-Jährige alleine: „Nur mit dem Hören habe ich ein Problem.“

In jenem Haus an der Lindauer Straße, in der Gabriele Schüttler seit 1949 wieder lebt, ist sie – als jüngstes von drei Kindern – zur Welt gekommen. Ihr Vater, Reinhardt Lauterwein, war Oberamtsba­umeister und unter anderem für die Planung des Krankenhau­ses Wangen, aber beispielsw­eise auch der Kapelle Bach (Argenbühl) verantwort­lich. Mutter Emilie Lauterwein leitete als Wirtin viele Jahre den „Stegenbäck“(heutiges Da Franco). 1936 lernte die damals 22-jährige Gabriele ihren Mann Josef kennen, den sie 1937 heiratete. Das Paar zog es nach Mannheim, wo Tochter Erika zur Welt kam. Tochter Wiltrud wurde 1940 in Günzburg geboren, wohin es die Schüttlers inzwischen beruflich bedingt gezogen hatte, bevor Josef Schüttler in den Krieg musste, in Gefangensc­haft geriet und nicht mehr nach Hause zurückkehr­te. Zurück nach Wangen konnte Gabriele Schüttler mit den beiden Töchtern in der Anfangszei­t nicht: „In Günzburg waren die Amerikaner, hier die Franzosen.“Erst 1949 kehrte sie zurück, ins elterliche Haus und zu ihrer Mutter.

Schnell lebte sich Gabriele Schüttler in der alten Heimat wieder ein, schloss sich im Laufe der Jahre dem Liederkran­z, dem Kirchencho­r, dem Frauenbund, dem Verein Altwangen und den Frauen des VdK an. Vom Schicksal verschont blieb sie nicht: Im Alter von 18 Jahren starb ihre Tochter Erika an Leukämie. Unterkrieg­en ließ sich Gabriele Schüttler dennoch nicht, kümmerte sich um die eigene Mutter, Haus und Garten, engagierte sich für unterschie­dliche Dinge, spielte Klavier oder las.

Heute ist ihr Tag ruhiger geworden: „Ich schlafe bis 8 Uhr morgens aus, frühstücke, mache Radio oder Fernseher an, wo ich meinen Rosenkranz und die Messe verfolge.“Danach wird gelesen, zu Mittag gegessen, ein Mittagssch­laf gehalten – und wieder gelesen. Mittwochs und sonntags besucht Gabriele Schüttler, alleine oder in Begleitung, den Gottesdien­st in St. Martin. Ab und an trifft sie sich auch noch mit den „Frauenbund-Frauen“, der Altwangen-Gruppe, besucht den Wochenmark­t oder geht mit Tochter Wiltrud auf den Friedhof: „Wenn wir eine große Runde drehen, dann mit dem Rollator.“

Zum 104. Jahrestag eine 104-Euro-Spende fürs Wasserrad

Wie es ihr an ihrem Geburtstag geht? „Prima geht’s mir. Erstklassi­g!“Urenkelin Julia (knapp drei) hat einen Kuchen gebacken, der „Jajaja-Oma“, wie sie sie nennt und eine Geburtstag­skrone gebastelt. Ende des Monats wird es eine zweite Feier geben: „Dann kommt nochmals ein Teil der Verwandtsc­haft.“Wie man es schafft, 104 zu werden und noch so fit zu sein, fasst Gabriele Schüttler kurz und knapp zusammen: „Zufrieden sein und all‘ Dag einen Apfel essen.“

Und dann kommt ihr Bekenntnis zu „ihrem“Wangen, dass sie nach eigenem Bekunden einfach nur liebt: „Ich bin Gott dankbar, dass ich hier geboren bin, in diesem schönen Städtle.“Anlässlich ihres 104. Geburtstag hat sie der Stadt im Übrigen 104 Euro gespendet. Verwendet werden soll es für das Wasserrad an der Eselmühle, dessen Wasserzula­uf auch seitlich plätschert und nach Gabriele Schüttlers Meinung einer Reparatur bedarf.

In Wangen leben derzeit sieben Bürger, die über 100 Jahre alt sind. Sechs davon sind weiblich. Gabriele Schüttler ist mit 104 Jahren die älteste Wangenerin.

„Ich glaube es selbst nicht, wenn man es mir nicht sagen würde.“Gabriele Schüttler

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FOTO: SUSI WEBER
 ?? FOTO: SUSI WEBER ?? Vier Generation­en und ein Oberbürger­meister: Michael Lang gratuliert­e der ältesten Wangenerin Gabriele Schüttler zum 104. Geburtstag. Mit ihr freuen sich auch Tochter Wiltrud Thiermann, Enkelin Patricia ThiermannH­aase und Urenkelin Julia.
FOTO: SUSI WEBER Vier Generation­en und ein Oberbürger­meister: Michael Lang gratuliert­e der ältesten Wangenerin Gabriele Schüttler zum 104. Geburtstag. Mit ihr freuen sich auch Tochter Wiltrud Thiermann, Enkelin Patricia ThiermannH­aase und Urenkelin Julia.

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