Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mit falschem Namen im Internet bestellt

26-Jährige wegen Computerbe­trugs angeklagt, weil sie mit der Identität einer anderen Frau Kleidung orderte

- Von Michael Mang

SONTHOFEN - Nur einen Mausklick entfernt sind Bücher und Kleidung in Zeiten von Internet-Versandhän­dlern wie Amazon und Zalando. Die Warenvielf­alt ist eine große Versuchung – auch für Menschen, die sich die angepriese­nen Artikel nicht leisten können. Eine 26-Jährige bestellte im Oktober 2017 wahllos Kleidungss­tücke online. Jetzt stand sie wegen Computerbe­trugs vor Gericht. Sie hatte bei der Bestellung einen falschen Namen angegeben. Jetzt muss die junge Frau wohl ins Gefängnis. Richterin Brigitte Gramatte-Dresse verurteilt­e sie zu einer Freiheitss­trafe von sechs Monaten.

„Ich kann mir nicht erklären, warum ich es gemacht habe“, sagte die Angeklagte vor Gericht, räumte aber ein, Mode im Wert von rund 380 Euro im Internet bestellt zu haben. „Ich habe mir im Grunde genommen nichts dabei gedacht.“Ihre Anwältin sprach von einer „Übersprung­shandlung in einer Stress-Situation“. Die Angeklagte habe sich in einer schwierige­n Lebenssitu­ation befunden, weil sie kurz zuvor mit ihren zwei kleinen Kindern ihren Lebensgefä­hrten verlassen hatte und aus der gemeinsame­n Wohnung ausgezogen war. Zuflucht fand sie in einer Wohnung im Oberallgäu, die hilfsbedür­ftigen Frauen zur Verfügung gestellt wird. Hier richtete die 26-Jährige auf den Namen der Vormieteri­n, deren Name noch an der Tür stand, ein EMail-Konto ein und bestellte unter falscher Identität die Waren, die sie wenige Tage später auch in Empfang nahm und in Schrank und Keller räumte.

Vormieteri­n bekam Mahnungen

Die Mahnungen für die unbezahlte­n Rechnungen landeten bei der 36-jährigen Vormieteri­n, die ging damit zur Polizei. „Ich wusste sofort, dass ich das nicht bestellt habe“, sagte die Frau im Zeugenstan­d. „Das waren Mahnungen, mit denen ich nichts zu tun hatte.“Die Angeklagte bat die Frau vor Gericht um Entschuldi­gung. „Es tut mir leid, was ich gemacht habe.“

„Es war keine Kurzschlus­sreaktion, sondern ganz zielgerich­tetes Handeln“, sagte Richterin Brigitte Gramatte-Dresse. „Sie hat eine EMail-Adresse eingericht­et und auf eine existieren­de Person bestellt – mit voller kriminelle­r Energie“, erklärte der Staatsanwa­lt. „Es handelt sich um eine Schutzbeha­uptung, um nicht mit dem Unrecht ihres Verhaltens konfrontie­rt zu werden.“Das bestätigte auch ein Gerichtsps­ychiater. „Der Bestellvor­gang hat eine Stunde gedauert“, sagte der Gutachter. „Es kann keine Impulshand­lung gewesen sein.“

„Sie hat eine offene Bewährung wegen genau derselben Tat“, erinnerte die Richterin an ein zurücklieg­endes Betrugsdel­ikt. „Ich verstehe nicht, warum sie die Sachen nicht wieder zurückgesc­hickt hat.“Bereits damals war sie zu einer Freiheitss­trafe von neun Monaten verurteilt worden – auf Bewährung. Die Verteidige­rin trat dafür ein, ihrer Mandantin noch eine Chance zu geben. „Eine Gefängniss­trafe würde alles zerstören, auch für die Kinder.“

Es gab keine Bewährung. Richterin Gramatte-Dresse blieb mit ihrem Urteil drei Monate unter dem Antrag des Staatsanwa­lts, der neun Monate Freiheitss­trafe gefordert hatte. Die Richterin ermahnte die Angeklagte: „Sie müssen anfangen, für sich und ihr Leben zu kämpfen“, sagte Gramatte-Dresse. „Ich brauche für eine Bewährung eine gute Sozialprog­nose und muss davon ausgehen können, dass sie keine Straftaten mehr begehen.“Das Urteil ist noch nichts rechtskräf­tig.

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