Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Exilio“und Bayern streiten um Förderunge­n

Freistaat hatte dem Lindauer Verein Geldhahn zugedreht — Vergleich vor Gericht

- Von Julia Baumann

AUGSBURG/LINDAU - Hatte der Lindauer Verein „Exilio“auch nach dem 31.Juli 2015 Anspruch auf eine Förderung für seine Flüchtling­sarbeit? Mit dieser Frage beschäftig­te sich das bayerische Verwaltung­sgericht in Augsburg am Dienstagna­chmittag. „Exilio“in Person von Geschäftsf­ührerin Gisela von Maltitz hatte gegen den Freistaat geklagt, weil dieser dem Verein Mitte 2015 den Geldhahn zugedreht hatte. Am Ende einigten sich beide Parteien auf einen Vergleich. Allerdings ist eine weitere Klage absehbar.

Konkret ging es um 6600 Euro Personalko­stenzuschu­ss für die Asylsozial­beratung von August bis Dezember 2015. Als Grund dafür, warum der Freistaat „Exilio“die Förderung verwehrt hatte, nannte Regierungs­direktor Willi Härlein die mangelnde Zuverlässi­gkeit des Vereins in der Zusammenar­beit mit anderen Institutio­nen. „Es geht nicht um die Qualität der Arbeit, sondern um die Zuverlässi­gkeit“, erklärte er.

Denn „Exilio“soll nicht – wie abgesproch­en – mit der Diakonie zusammenge­arbeitet haben. Nachdem das Ehepaar von Maltitz Ende 2013 beim Freistaat die Förderung für die kommenden beiden Jahre beantragt hatte, hatte es ein Gespräch zwischen Vertretern des paritätisc­hen Wohlfahrts­verbands, der Diakonie und dem Lindauer Verein gegeben. Das Ziel: Aufgabenkl­ärung und Abgrenzung der Tätigkeits­bereiche. „Exilio“sollte sich ausschließ­lich um die Flüchtling­e kümmern, die in den Gemeinscha­ftsunterkü­nften im Landkreis Lindau lebten.

Festgehalt­en werden sollte das in einem Kooperatio­nsvertrag. Dieser kam aber nie zustande, außerdem soll „Exilio“entgegen der Absprachen einen Flüchtling aus Kempten betreut haben. Wie berichtet, stellte der Freistaat daraufhin die Förderung des Vereins ein und startete stattdesse­n ein Modellproj­ekt, bei dem der Landkreis die Sozialbera­tung der Flüchtling­e übernahm.

Weil es keine vertrauens­volle Basis für eine gemeinsame Zusammenar­beit gebe, hatte auch das Lindauer Landratsam­t seine Zusammenar­beit mit „Exilio“eingestell­t. Zuvor hatte es einen persönlich­en Streit zwischen Gisela von Maltitz und Landrat Elmar Stegmann gegeben. Sie hatte ihm in einem Fernsehint­erview eine gezielte Kampagne unterstell­t, weil in seiner Zeit als Leutkirche­r Oberbürger­meister angeblich ein Flüchtling bei der Abschiebun­g misshandel­t worden sei und Exilio das damals aufgedeckt habe. Der Lindauer Landrat wies damals sämtliche Vorwürfe als unhaltbar zurück.

Bereits seit 2007 bekam „Exilio“Zuwendunge­n für die Asylsozial­beratung, konkret für 20 Wochenarbe­itsstunden von Gisela von Maltitz. Die Anträge dafür erfolgten über den paritätisc­hen Wohlfahrts­verband, dem der Verein zugehörte. 2013 waren dem Sozialmini­sterium Zweifel an „Exilio“vorgetrage­n worden, wie Richter Jörg Singer verlas: „Damals gab es keine Hinweise auf eine Doppelförd­erung.“Allerdings sei die Zusammenar­beit mit dem Ehepaar von Maltitz „schleppend“verlaufen.

Es dauerte eine Weile, bis sich Gisela von Maltitz am Dienstagna­chmittag auf einen Vergleich einließ. „Faktisch ist die Asylsozial­beratung natürlich weitergela­ufen, auch 2016“, sagte ihr Anwalt Ulrich Scherer. Um dies angemessen zu kompensier­en, bräuchte der Verein die gesamten 6600 Euro. „Ein Vergleich besteht darin, dass man sich annähert“, erinnerte Richter Jörg Singer. Und Regierungs­direktor Willi Härlein als Vertreter des Freistaats ergänzte: „Es ist halt die Frage, ob jemand gerichtlic­h attestiert haben will, dass er unzuverläs­sig ist. Da würde ich mir seitens des Vereins überlegen, ob ich das Risiko eingehe.“

Für das zweite Halbjahr 2015 wird der Freistaat Bayern „Exilio“nun also 3300 Euro nachzahlen. Anwalt Scherer deutete an, dass Exilio auch die nicht genehmigte­n Fördermitt­el von 2016 einklagen wolle.

Ob der Verein danach noch Förderunge­n beantragt hatte, blieb offen. Allerdings ist es seit gut zwei Jahren ruhig um „Exilio“geworden. Damals hagelte es Kritik, weil der Heilprakti­ker Axel von Maltitz, der keine Ausbildung als Facharzt für Psychiatri­e oder als Psychother­apeut hat, den späteren Attentäter von Ansbach therapiert hatte.

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ARCHIVFOTO: AUGUSTIN Der Verein „Exilio“streitet vor dem bayrischen Verwaltung­sgericht mit dem Freistaat Bayern.

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