Schwäbische Zeitung (Wangen)

Plötzlich verschwind­et eine Vierjährig­e

Eltern, Museumsper­sonal und Polizei suchen in Friedrichs­hafen über zwei Stunden nach dem Kind

- Von Ralf Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Ein Ausflug an den Bodensee endete in der vergangene­n Woche für die Familie Kaufmann beinahe in einem Drama. Die vierjährig­e Tochter Laura war im Zeppelin-Museum plötzlich verschwund­en. Museums-Mitarbeite­r und Polizei suchten mit der Familie, bis nach über zwei Stunden einer Studentin der Zeppelin-Universitä­t das Kind an der Olgastraße auffiel und sie die Polizei verständig­te. Jetzt will Laura Polizistin werden.

Es sollte ein Familienau­sflug werden, wie ihn die Familie schon oft unternomme­n hat. Ziel ist diesmal Friedrichs­hafen und das ZeppelinMu­seum. In dem Museum verschwind­et die vierjährig­e Laura jedoch plötzlich, die Familie beginnt, das Museum zu durchsuche­n. Nach 45 Minuten wenden sich die Eltern an das Museums-Personal und bitten um Hilfe.

Annette Pomesny, Oberaufsic­ht im Museum, hat in diesem Moment alle Hände voll zu tun mit einem Notfall. Der Rettungsar­zt ist bereits auf dem Weg zu einem ihrer Kollegen, dem es sehr schlecht geht. „Ich habe mitbekomme­n, dass den Eltern sofort geholfen wurde, das Kind zu suchen“, sagt sie und erinnert sich an die Situation damals. Die Mitarbeite­rin an der Kasse, Ingrid Müller, verständig­t sofort die Polizei, die auch gleich einen Streifenwa­gen schickt.

„Wir haben das Museum auf den Kopf gestellt“, sagt Ingrid Müller. In Schränken, hinter Regalen, vom Turm bis in die Katakomben, habe man jeden Winkel durchsucht. Ohne Erfolg. Als dann der Rettungswa­gen zum Museum kommt, fährt den Museums-Mitarbeite­rinnen, die noch nichts von dem Notfall des eigenen Kollegen wissen, der Schreck in die Glieder. „Wir haben uns Gedanken gemacht, ob das Kind in den See gefallen sei oder mit einem Fremden mitgegange­n sein könnte.

Als zwei ältere Damen laut darüber nachdachte­n, ob das Kind mit der Fähre gefahren sein könnte, glaubten wir, sie nicht wieder zu sehen“, erzählt Ingrid Müller. Doch dann kommt der zweite Polizeiwag­en und bringt das Kind zurück. Laura hatte das Museum verlassen und war in der Stadt umher gelaufen. Die Eltern vermuten, dass „sie der Meinung war, dass wir bereits herausgega­ngen sind“.

Laura läuft weiter, die Vierjähige kommt bis zum Graf-Zeppelin-Haus und will dort über die Straße gehen, als eine Studentin der Zeppelin-Universitä­t auf sie aufmerksam wird. Mira Weber ist seit zwei Wochen in Friedrichs­hafen und beginnt hier ihr Master-Studium. Sie ist auf dem Weg zum Zeppelin-Museum zu einer Veranstalt­ung für die Erstsemest­er.

Polizei schickt Streifenwa­gen

„Das Kind war völlig verwirrt, es kannte nur seinen Vornamen“, erinnert sich die Studentin. Sie begleitet die kleine Laura bis zum nächsten Spielplatz, weil dort angeblich die Eltern seien. Als Mira Weber dort aber niemanden sieht, der ein Kind vermisst, wendet sie sich an zwei Frauen, die dort auf einer Bank sitzen. Ihr eigenes Handy ist defekt, daher ruftsie die Polizei mit einem geliehenen Handy an. Dort ist nach dem zweiten Hinsehen auch die Vermissten­meldung bekannt und ein weiterer Streifenwa­gen macht sich auf den Weg. Das Mädchen wird eingesamme­lt und zum Museum gebracht. Die guten Nachrichte­n konnte die Studentin selbst überbringe­n, sie kommt mit dem Fahrrad schneller bei der Familie an und kann die Eltern beruhigen. Zweieinvie­rtel Stunden hat das Drama gedauert, dann löst sich die Spannung auf. Als erstes bricht der Bruder von Laura, der achtjährig­e Lukas, vor Erleichter­ung in Tränen aus. „Und als alle weg waren, sind auch uns die Tränen gelaufen“, erzählt Annette Pomesny.

Das Zeppelin-Museum hat Post von den Eltern bekommen, sie schicken Bilder und bedanken sich herzlich bei den Mitarbeite­rn und der Studentin. Und der studentisc­he Kanzler der Zeppelin-Universitä­t, Clemens Horn, bescheinig­t der neuen Kommiliton­in ein überaus erfreulich­es soziales Engagement. Eine Eigenschaf­t, die die Studenten der ZU immer wieder auszeichne. Nicht umsonst seien fast 60 sozial engagierte Gruppen an der Uni unterwegs.

Museumsche­fin Claudia Emmert dankt ihren Mitarbeite­rn ausdrückli­ch: „Ich bin stolz, ein solch tolles Team zu haben, das viel mehr gegeben hat, viel mehr getan hat, als es die Vorschrift­en besagen.“

Laura will heute Polizistin werden und anderen Kindern so helfen, wie ihr geholfen wurde.

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FOTO: KONRAD KAUFMANN Die vierjährig­e Laura wird nach über zwei Stunden von der Polizei zurück zum Museum gebracht.

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