Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Vier Weiber und fünf Kind im Feuer geblieben“

Isnys verheerend­ster Stadtbrand am 15. September – an diesem Samstag vor 387 Jahren

- Von Walter Schmid

ISNY - Von fünf Stadtbränd­en berichten die Annalen, die geschichtl­ichen Aufzeichnu­ngen in Isny: 1284, 1401, 1631, 1864 und 1866. Sie alle hätten das Stadtbild nicht grundlegen­d verändert. Aber von der verheerend­sten aller Feuersbrün­ste, jener am 15. September 1631, habe sich die Stadt am Wenigsten wieder erholt, ist Stadtführe­r Rudi Daumann überzeugt.

Ein Beleg dafür sei die südliche Altstadt, vom Hallgebäud­e bis zur Stadtmauer am Diebsturm. Die archäologi­schen Grabungen der vergangene­n Jahre hätten bewiesen, dass in diesem Bereich vor dem großen Brand durch rund 300 Jahre die Generation­en der Leinenwebe­r gelebt und gearbeitet haben. Von ihrer Baukultur blieb nur eine dicke Brandschic­ht übrig. Erst 200 Jahre später, und heute wieder, entstanden dort massive Häuser.

Innerhalb der Stadtmauer­n fielen 1631 dem Brand mehr als 350 Häuser zum Opfer: „Wiewohl die Häuser mehrenthei­ls ganz steinern und mit Ziegel gedeckt gewesen“, heißt es weiter, nur 55 Häuser seien stehen geblieben. In der 2017 edierten Isnyer Klosterchr­onik umfasst die Schilderun­g des Brandes elf Seiten. Bezeugt ist der Beginn des Feuersturm­s dort wie folgt: „Am Mittag zwischen ein und zwei Uhr brach in eines Bäckers Haus nahe dem Kornhaus bei David Mayerhofer Feuer aus. Dieses griff so schnell um sich, dass bis ein Uhr nachts im ganzen 380 Fürst herabgefal­len, die Stadt in Schutt und Trümmern lag. Vier Weiber und fünf Kind sind im Feuer geblieben.“

Blaserturm und das alte Rathaus direkt daneben, Berg- und Wassertor seien ausgebrann­t, das Zeughaus wegen der Munition explodiert. Von den Toren sei nur das Espantor verschont geblieben (der Kupferstic­h von Matthäus Merian zeigt dagegen das Obertor unversehrt). „Klosterkir­che und St.-Nikolaus-Pfarrkirch­e nebst dem spitzigen Glockentur­m ausgebrann­t – doch blieb der schön gewölbte Chor samt Sakristei und Bibliothek stehen.“Letztere ist bis heute ein Schatz der Stadt von europäisch­em Rang, die Predigerbi­bliothek, bereits vor den Flammen zusammenge­kommen.

Glocken stürzten ab

Von Hans Westhäuser, der durch sie führt, ist zu erfahren, dass die Glocken der Nikolaikir­che abgestürzt seien, dass sie ein Glockengie­ßer wenige Jahre später neben der Kirche eingeschmo­lzen und daraus die heutigen Glocken gegossen habe.

Pater Franziskus Eysenschle­gel beschriebt das Inferno als Augenzeuge: Dass dem Feuer durch eine wochenlang­e Hitzeperio­de gleichsam die „geeignete Speise“zubereitet war. „Wie ein wildes Tier“habe sich das Feuer auf alles gestürzt, was ihm im Wege stand: „Die Bürger springen sofort wie vom Donner gerühret herbei, staunen Feuer und Flammen an, bringen Wasser herbei und fahren es mit Wagen heran. Doch alles vergebens. Das Feuer, das zwar anderen Licht gewährt, selbst aber blind ist, nahm keine Rücksicht auf Schönheit und Kosten. In kürzester Zeit wird alles zu Staub und Asche verbrannt, dass kein Stecklein übrig blieb.“

Auch die Padres im Kloster hätten noch versucht, das Wichtigste der „Vertilgung­swut“der Flammen zu entreißen, „bis sie endlich selbst durch die glühende Hitze gezwungen waren auf Leitern in den Mauergrabe­n hinabzuste­igen.“

In einer weiteren Chronik ist zu erfahren, dass ein starker Ostwind das Feuer zunächst angefacht, sich jedoch gegen Abend der Wind gedreht habe, dann aus Westen kam, und dass wohl deshalb der westliche Teil der Stadt an Roßmarkt und Stadtbach, das Spital, die Espantorst­raße und das Espantor verschont geblieben sind.

Bemerkensw­ert, dass verschiede­ne Städte den Isnyern zu Hilfe kamen, „obwohl der Dreißigjäh­rige Krieg ja bereits Opfer über Opfer von den Menschen forderte und kein Ende des Mordens und der Not abzusehen war.“Leutkirch schickte Brot. Wangen Aufräumman­nschaften und Baumateria­l. Lindau sammelte Geld, Kaufbeuren Getreide. In Ulm waren Bretter und Latten abzuholen. Die Herrschaft Trauchburg schlug bei Bolsternan­g einige hundert Tannen.Caspar Hiller dichtete das Klagelied: „Die Feuersbrun­st allhie geschehn, die macht uns große Schmerzen. Ach Isny, mein lieb’s Vaterland, sag’ mir, wie hat der Feuersbran­d, so gar zu Grund dich g’richtet.“

 ?? REPRO: WALTER SCHMID ?? Der heutige 15. September war ein Schicksals­tag für Isny: Nach dem verheerend­en Stadtbrand im Jahr 1631 standen nur noch die Außenmauer­n der Häuser, Türme und Kirchen, lediglich die südwestlic­he Bebauung um den Roßmarkt und das Espantor (links im Bild) blieb verschont.
REPRO: WALTER SCHMID Der heutige 15. September war ein Schicksals­tag für Isny: Nach dem verheerend­en Stadtbrand im Jahr 1631 standen nur noch die Außenmauer­n der Häuser, Türme und Kirchen, lediglich die südwestlic­he Bebauung um den Roßmarkt und das Espantor (links im Bild) blieb verschont.

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