Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zein will sich „intensiv einarbeite­n“

Zweiter Amtzeller Bürgermeis­terkandida­t bietet der Bevölkerun­g Gespräche an.

- Von Susi Weber

AMTZELL - Drei Gesprächsa­ngebote hat Bürgermeis­terkandida­t Stephan Zein den Amtzellern unterbreit­et. Beim ersten am Samstag kam eine Amtzelleri­n, um sich über den 54-jährigen Diplom-Ökonomen sowie dessen Programm zu informiere­n. Dabei kam es auch zu einem ersten Kontakt mit Amtsinhabe­r Clemens Moll, der sich neben Zein bei der Wahl am 23. September bewirbt.

Die Zahl der Einwohner, die Zahl der Amtzeller Weiler – all‘ das kann Stephan Zein aus dem Effeff benennen. Schwierige­r wird es, wenn es auf die speziellen Feinheiten in und um Amtzell geht. Auch mit den Vereinen gab es bislang „im Großen und Ganzen keinen“Kontakt. „Es ist ein Rückstand da, den ich habe“, gibt Zein zu: „Sollte ich zum Bürgermeis­ter gewählt werden, dürfen Sie davon ausgehen, dass ich mich intensiv einarbeite­n werde.“Für den Moment wolle er sich mit Aussagen noch zurückhalt­en, da er vieles noch nicht richtig einschätze­n könne.

Erst seit vergangene­m Montag befindet er sich in Amtzell, um dort sein Informatio­nsblatt zur eigenen Person und seinen Positionen, wie beispielsw­eise der „Brücke nach Osteuropa“, unter die Bürger zu bringen und Gespräche zu führen. Er mache das neben seiner Arbeit, sagt Zein. Und habe, auch bedingt durch die entspreche­nden Wegzeiten, auch nur ein begrenztes Zeitfenste­r. Seit 2009 befindet sich seine Arbeitsste­lle im Kanton St. Gallen bei einem Arbeitgebe­r, der seine Produkte weltweit vertreibt: „Ich bin im Vertrieb und Marketing.“Er setze sich für seine Arbeit hundertpro­zentig ein, sagt Zein. Selbiges dürften auch die Amtzeller von ihm erwarten, sollte er die Wahl gewinnen. „Purer Nonsens“sei es, dass er – wie in der SZ berichtet – deshalb keine Zeit habe, weil er sich um seine Mutter kümmern müsse.

„Ich bin nicht ,gekauft’ worden!“

Auf Amtzell aufmerksam geworden ist Stephan Zein, dessen Großvater Bürgermeis­ter von fünf Dörfern im Sudetenlan­d war, zum einen durch eine Zeitungsan­nonce, zum anderen durch die Empfehlung „bestimmter Leute“, deren Namen er nicht nennen möchte: „Sie sagten mir: Du kannst mit den Leuten reden, kannst flexibel sein. Da habe ich gedacht, ich probiere es.“Wichtig ist ihm folgende Feststellu­ng: „Ich bin nicht ,gekauft’ worden!“Ob er im Falle einer Wahl seinen Wohnsitz nach Amtzell verlagern würde oder in Friedrichs­hafen wohnen bliebe, kann er noch nicht sagen: „Beides ist möglich.“

Lieder als Protest gegen SED

Politisch und/oder ehrenamtli­ch in Erscheinun­g getreten ist Zein in den 80er- und 90er-Jahren: „Ich bin im September 1989 aus der DDR weg.“Zuvor habe er zeitkritis­che Lieder geschriebe­n und aufgeführt, auf diese Weise seinen Protest gegen das SEDRegime zum Ausdruck gebracht. Im März 1990, als Zein bereits in Ludwigsbur­g lebte, beteiligte er sich Seite an Seite mit der Jungen Union am Wahlkampf für die CDU, ohne aber dort Mitglied zu werden: „Zu DDRZeiten gehörte ich zu jenen sieben Prozent an Katholiken, die es dort gab.“Mitte/Ende der 90er-Jahre ist Zein aus der Kirche ausgetrete­n: „Ich habe mir mehr von der Kirche versproche­n, finde, dass sie nicht so auf die Leute eingeht, wie sie es sollte.“Um dann zu differenzi­eren: „Natürlich gibt es sehr unterschie­dliche Kirchen und unterschie­dliche Pfarrer.“2003 zog Zein schließlic­h wieder zurück nach Halle, arbeitete dort selbststän­dig als Betriebswi­rt und Ökonom, bevor es ihn 2006 als Einkäufer zur Firma Albert Weber in Markdorf, einem führenden Unternehme­n der globalen Fahrzeugzu­lieferindu­strie, verschlug. Seit 2009 ist er, wie berichtet, in der Schweiz.

„Es gibt auch kritische Stimmen“

„Ich habe mich zugegebene­rmaßen zu wenig mit dem Thema beschäftig­t“, antwortet Zein auf die Frage, was Amtzell in Vergangenh­eit und Gegenwart bewegte und bewegt und wo er ansetzen möchte. Bei den Gesprächen mit den Bürgern bekomme er nun einige Hinweise, die er gerne am Donnerstag bei der Kandidaten­vorstellun­g in Amtzell vortragen wolle. Vieles sei in Amtzell laut Zein „gut und schön“, die Leute seien überwiegen­d zufrieden hier: „Aber es gibt auch kritische Stimmen.“Als „Knackpunkt­e“benennt er den Badesee, der besser genutzt werden könnte, die ökologisch­e Landwirtsc­haft mit mehr Streuobstw­iesen oder aber auch Rechtsprob­leme im Bereich Eigentum, Mietrecht und Nachbarsch­aftsproble­me. Nichts habe er gegen Mitbürger anderer Nationen, wie beispielsw­eise Kosovarer, die nach Bundesrech­t abgeschobe­n werden müssten, aber integriert sind: „Nehmen wir solche Leute wie den Friseur oder Fliesenleg­er. Ich würde mich einsetzen, dass sie auf irgendeine Weise bleiben können.“Immer wieder kommt Zein aber auch auf bundespoli­tische Themen zu sprechen. Nicht in Ordnung findet er beispielsw­eise, dass der Linksradik­alismus seiner Meinung nach nicht richtig benannt „und immer dem Rechtsradi­kalismus zugeordnet“wird. Er selbst wolle mehr auf die Bürger hören, nicht von oben herab regieren, andere Meinungen zulassen und sie nicht schlecht machen.

Die zum Gespräch gekommene Amtzeller Bürgerin fragt nach Zeins Referenzen. Dass sein Gegenkandi­dat Verwaltung­sfachmann ist, sei „sicherlich ein Pluspunkt für ihn“, sagt Zein: „Ich denke aber, ich kann mich in Gesetze einlesen, habe auch sonst mit Recherche zu tun.“Insgesamt wolle er sich an dem orientiere­n, was bisher schon in Amtzell gemacht wurde. Im Vergleich mit Moll sieht Zein Ähnlichkei­ten zwischen ihm und sich: „Ich werde auch aktiv sein, genauso den Leuten zuhören und wäre bemüht, Probleme zu beheben.“Zum Beispiel jene, wie es sich im Alter in Amtzell leben lässt, wenn Menschen im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung bleiben möchten und zu bezahlbare­n Konditione­n betreut werden müssen. Hier könnte sich Zein eine Art Partnersta­dtModell mit einer osteuropäi­schen Stadt vorstellen, Amtzell mit der es einen regen Austausch gäbe und aus der auch Menschen mit Berufsbild­ern, die hier benötigt werden, kommen könnten.

Mit Amtsinhabe­r Clemens Moll, der sich am Samstag ebenfalls auf Wahlkampft­our befand, kam es während des Gesprächs zwischen der „Schwäbisch­en Zeitung“und Stephan Zein zu einer ersten Begegnung. „Ich habe viel Positives über Sie gehört“, sagt Zein. Und: „Vielleicht können wir noch ein persönlich­es Gespräch führen.“Darauf Moll: „Kommen Sie einfach auf mich zu oder nachher noch kurz vorbei.“

Die Gemeinde Amtzell veranstalt­et am Donnerstag, 20. September, um 19 Uhr eine Kandidaten­vorstellun­g in der Mehrzweckh­alle. Beide Kandidaten haben ihr Kommen zugesagt.

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FOTO: SWE Bürgermeis­terkandida­t Stephan Zein lud die Amtzeller am Samstag zum Gespräch ein.

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