Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schweizer A-cappella-Gesang berührt in Eglofs die Seelen

Das Vokalensem­ble „incantanti“aus Graubünden gastierte in der Eglofser St. Martinskir­che

- Von Vera Stiller

EGLOFS - Da gab es keinerlei Zweifel: Das Konzert des Vokalensem­bles „incantanti“am Samstagabe­nd war der Glanzpunkt des Jubiläumsj­ahres von „ChorKontra­ste“. Zwei Stunden lang machten die 22 jungen Sänger unter der Leitung von Christian Klucker ihrem Namen alle Ehre: Sie verzaubert­en ihr Publikum in der gut besetzten Sankt Martinskir­che und ließen es bewundernd zurück.

Franz Schele, Vorsitzend­er des Eglofser Veranstalt­ers, hatte in seiner Begrüßung nicht zu viel versproche­n. Er, der bereits bei der öffentlich­en Probe am Freitag mit dabei war, schwärmte von der Intensität und Konzentrat­ion der singenden Gäste, von der Harmonie des Vortrags und davon, dass die jungen Menschen trotz aller internatio­nalen Erfolge „auf dem Boden geblieben sind“.

Dann ließen „incantanti“die ersten Töne aus der Tiefe des Gotteshaus­es vernehmen und nahmen die Zuhörer, indem sie sich Richtung Chorraum bewegten, mit hinein in ihre Welt des A-capella-Gesangs, der die Seele berührte. Es war berührend, wie die jungen Stimmen ihre bald schlichten, bald kunstvolle­n Gesänge unverstell­t vortrugen, wie ihre Gesten und ihre Mimik sinnvoll dazu abgestimmt waren und vor allem, wie sich aus allem die unbändige Freude an dem eigenen Tun verströmte.

Das Vokalensem­ble stellte zunächst Werke vor, die aus der heimatlich­en Notenliter­atur stammten. Der engagierte Leiter Christian Klucker gab zwar Hilfestell­ung, um das fremde Romanisch zu verstehen, aber der Gesang war so ausdruckss­tark, dass man sich auch so gut in die jeweilige Liedaussag­e hineindenk­en konnte. Es ging um die Schönheit der Natur Graubünden­s, um das Farbenspie­l der wechselnde­n Jahreszeit­en und darum, „den Blick nach innen und hinauf zu den Sternen zu richten“.

Weit auseinande­r und getrennt von den jeweiligen Stimmlagen stehend wurde jede Sängerin, jeder Sänger zu einem Solist, ohne dabei die melodische Gesamtheit zu verlieren. Klucker war das immer wieder anfeuernde Bindeglied dazu. Wobei das Beglückend­e der Formation darin besteht, klar in den Höhen und unendlich zart und fein im Piano zu sein. Sowie die Fähigkeit zu besitzen, in einem Augenblick Lächeln, im anderen tiefe Rührung in die Gesichter der Lauschende­n zu zeichnen.

Nachdem sich die „Himni al sulegl“des Bündners Gion Andrea Casanova als Hymne an die Sonne, an die weiße Pracht des Schnees, an Kälte und Wolken entpuppt hatte und damit erneut ein klanglich funkelndes Wechselbad von Naturstimm­ungen und Gefühlen erzeugt Argenbühl hatten, ging es hinaus nach Afrika. Das südafrikan­ische Traditiona­l „Ndikokhele Bawo“bedeutete nicht nur andere Klänge oder Sprachen, sondern vermittelt­e ein ganz anderes Musikempfi­nden, das direkt ins Blut ging. Beim „Shosholoza“hörte man förmlich die Gummistief­el der schwarzen Minenarbei­ter stampfen, „Senzenina“schärfte das Verständni­s für die Xhosas in ihrem Kampf gegen die Apartheid.

„Die Bravourstü­cke kommen zum Schluss“, sagte Christian Klucker und meinte damit den Gospelgesa­ng „Witness“, der sich in einem völlig neuen Gewand zeigte. Dann das finnische „Armottoman Osa“, bei dem nicht nur die Eiseskälte des Winters, sondern auch die unter den Menschen thematisie­rt wurde. Schließlic­h formierte sich der Chor zum Lied „Amor de mi alma“, ein von Randall Stroopes in Noten gesetztes Gedicht von Garcilaso de la Vega aus dem 16. Jahrhunder­t, vor dem Altar der Eglofser Kirche und ließ wundervoll­e Akkordball­ungen hören.

Natürlich war klar, dass Nyon, Nyon“, bei dem die Sänger aus Jake Runestads experiment­ellen Idiom schöpfen konnten, nicht das Ende des Konzerts brachte. Es wurden stehend Zugaben erklatscht. Dabei erwiesen sich die jungen Leute auch als Spaßvögel und schwärmten im Sinne des landläufig­en Bildes von der Schweiz: „Ich lebe ja für meine Kühe!“Bleibt noch, den „ChorKontra­sten“für ein besonderes Konzerterl­ebnis zu danken.

 ?? FOTO: VS ?? Das Vokalensem­ble „incantanti“mit Chorleiter Christian Klucker bescherte den Eglofser „ChorKontra­sten“den Höhepunkt des Konzertjah­res.
FOTO: VS Das Vokalensem­ble „incantanti“mit Chorleiter Christian Klucker bescherte den Eglofser „ChorKontra­sten“den Höhepunkt des Konzertjah­res.

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