Sieben Straftaten, aber keine Haft
Ein junger Mann musste sich vor dem Amtsgericht Wangen verantworten.
REGION WANGEN - Diebstahl, Urkundenfälschung, Vergehen gegen das Versicherungsgesetz und Fahren ohne Erlaubnis, das waren die ersten von insgesamt sieben Anklagepunkten, für die sich jetzt ein junger Mann vor dem Amtsgericht in Wangen verantworten musste. Vier weitere Punkte betrafen das Fahren mit Zügen der Deutschen Bahn ohne Fahrtausweis, der letzte Vorwurf ging in Richtung einer vorsätzlichen Körperverletzung.
Unfall ohne Führerschein verursacht
„Es waren extrem schwere Zeiten. Nachdem mich meine Familie verlassen hatte, habe ich zu trinken angefangen und in der Folge dann hintereinander auch meinen Job und meine Unterkunft verloren.“Mit diesem gezeichneten Bild seiner damaligen Situation versuchte der Angeklagte zu erklären, warum er im November 2016 ein Kennzeichen von einem fremden Auto abschraubte, es an dem von seiner Frau übernommenen und abgemeldeten Fahrzeug anbrachte und – ohne je einen Führerschein besessen zu haben – losfuhr.
Doch der Mann kam nicht weit. Beim Wendemanöver in einer Sackgasse verursachte er auf einem Grundstück einen Schaden in Höhe von 2000 Euro, ließ den Wagen dort stehen und versprach, wiederzukommen. Was er dann aber nicht tat. Die gerufene Polizei klärte den Fall schnell auf. „Ich zahle jetzt monatliche 30 Euro ab“, ließ der Angeklagte wissen.
„Richtiges Klo und gutes Essen bekommen“
Um „mal wieder ein richtiges Klo benutzen und sich ausschlafen zu können, zudem etwas Gutes zu essen zu bekommen“, machte sich der junge Mann kurze Zeit später auf den Weg in den Südwesten Baden-Württembergs. Auf dieser Bahnfahrt wurde er jeweils nach dem Umsteigen kontrolliert und beim Schwarzfahren ertappt.
Doch wer nach eigener Aussage „keine Zukunft hat und verzweifelt ist“, dem sei auch das egal.
Nicht ganz egal war dem Angeklagten dann das, was ihm seine von ihm getrennt lebende Frau bei einem Straßenfest anlässlich der Kißlegger Fasnet im Februar 2017 erzählte. Ein Flüchtling habe sie „festgehalten und nicht mehr gehen lassen, bis sie sich losreißen konnte“. Just diesen Mann habe er zur Rede gestellt und ihm klar zu machen versucht, dass so etwas nicht ginge. Wörtlich sagte der auf der Anklagebank Sitzende: „Ich habe ihn nur am Pulli festgehalten, aber nicht geschlagen.“Dann seien auch schon zwei Polizisten gekommen und hätten ihn mitgenommen.
Den in den Zeugenstand Gerufenen, der sich von einem Arabisch sprechenden Deutschen dolmetschen ließ, wollte zunächst nichts mehr einfallen. „Das ist schon so lange her“, sagte er. Um dann aber doch eine Aussage zu machen, die so ganz anders als die klang, die er bei der Polizei zu Protokoll gegeben hatte. Statt Schläge von vorne wollte er plötzlich einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen haben. Nachdem der Zeuge eine Bestrafung des Kontrahenten nicht für nötig erachtet hatte, wurde diese Ziffer aus der Anklageschrift mit der Bemerkung „Es steht Aussage gegen Aussage“gestrichen.
Richter: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“
Im Gegensatz zum Antrag der Staatsanwältin, die trotz einschlägiger Vorstrafen des Angeklagten eine Geldstrafe „gerade noch für vertretbar“hielt, wollte der Richter am Amtsgericht aber eben aus diesem Grund weitergehen. Er verurteilte den Mann zu einer sechsmonatigen Haftstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
„Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagte der Richter hinsichtlich der Tatsache, dass der Mann jetzt zwar wieder bei seiner Frau lebe, die persönliche Prognose des Verurteilten aber noch längst nicht gefestigt sei. Und weil dieser „neben seiner aufgenommenen schulischen Ausbildung noch genügend Zeit hat“, wurde ihm 60 Stunden gemeinnützige Arbeit auferlegt.