Schwäbische Zeitung (Wangen)

Putin und Erdogan einig

Demilitari­sierte Zone um syrische Region Idlib kommt

- Von Thomas Seibert

SOTSCHI (dpa/AFP) - Russland und die Türkei wollen rund um die syrische Rebellenre­gion Idlib bis zum 15. Oktober eine demilitari­sierte Zone einrichten. Das teilte der russische Präsident Wladimir Putin nach vierstündi­gen Gesprächen mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan am Montag in Sotschi mit. Alle Kämpfer der Opposition müssten diese 15 bis 20 Kilometer breite Zone verlassen, schwere Waffen wie Panzer und Raketenwer­fer sollen abgezogen werden. Türkische Soldaten und die russische Militärpol­izei sollten die Zone gemeinsam kontrollie­ren, so Putin. Russlands Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu schloss nach der Einigung einen Angriff auf Idlib aus.

Die Türkei als Schutzmach­t der Opposition versucht, syrische und russische Truppen von einem Angriff auf Idlib abzubringe­n.

ISTANBUL - In der syrischen Rebellenho­chburg Idlib ist die Gefahr eines Großangrif­fs der Regierung zumindest für einige Wochen gebannt: Russland und die Türkei wollen in Idlib bis Mitte Oktober gemeinsam eine Pufferzone einrichten, aus der extremisti­sche Gruppen und schwere Waffen entfernt werden sollen. Das vereinbart­en die Präsidente­n Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan am Montag bei einem Treffen im russischen Badeort Sotschi. Ob damit der Angriff auf die Provinz ganz verhindert werden kann, bleibt zweifelhaf­t. Aus Idlib selbst wurde erneut der Beschuss von Stützpunkt­en der Rebellen gemeldet.

Erdogan befürchtet, dass die meisten der rund drei Millionen Zivilisten in Idlib im Fall einer Großoffens­ive der syrischen Regierungs­truppen und der russischen Luftwaffe in die Türkei fliehen. Zudem würde eine Rückerober­ung der Provinz durch Putins Schützling, den syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad, den türkischen Einfluss im Norden Syriens gefährden. Mit der Vereinbaru­ng von Sotschi sei eine humanitäre Katastroph­e in Idlib verhindert worden, sagte Erdogan nach viereinhal­bstündigen Unterredun­gen.

Mit der 15 bis 20 Kilometer breiten Pufferzone entlang der Südgrenze von Idlib, die von türkischen und russischen Soldaten patrouilli­ert wird, soll vor allem die Dschihadis­ten-Gruppe Hayat Tahrir al Scham (HTS) an Angriffen auf russische Luftwaffen­stützpunkt­e und die Stadt Aleppo gehindert werden. Die Türkei hat die HTS erst vor Kurzem als Terrororga­nisation anerkannt.

Mehrere Zehntausen­d pro-türkische Rebellen sind laut der Vereinbaru­ng nicht betroffen. Ankara will die Präsenz dieser Gruppen in Idlib sichern, um sich eine gute Ausgangspo­sition für die Verhandlun­gen über die Zukunft von Syrien zu sichern. Die Türkei hält zudem zwei syrische Gebiete nördlich und nordöstlic­h von Idlib besetzt.

Russland will Türkei umgarnen

Kurz vor Erdogans Gespräch mit Putin am Montag haben die insgesamt zwölf türkischen Beobachtun­gsposten in der Provinz laut Medienberi­chten unter anderem Panzer und Luftabwehr­geschütze erhalten. Die Türkei hatte die Posten mit Erlaubnis von Russland in Idlib eingericht­et.

Russland hat in Idlib langfristi­ge Interessen im Blick. Putin will am Ziel einer Eroberung der Provinz und einer Sicherung der Herrschaft Assads festhalten, gleichzeit­ig aber die Türkei weiter aus ihrer Westbindun­g herauslöse­n. Erdogan hatte den Westen unter anderem mit dem Plan verärgert, ein russisches Raketenabw­ehrsystem zu kaufen.

Mit keinem anderen ausländisc­hen Staatschef trifft sich der türkische Präsident so häufig wie mit Putin: Das Treffen in Sotschi war das 13. Treffen der beiden Politiker in zwei Jahren.

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FOTO: KREMLIN/DPA Recep Tayyip Erdogan beim Treffen mit Wladimir Putin.

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