Die Stimmung ist besser als ihr Ruf
Integrationsbarometer: Zusammenleben wird überwiegend positiv gewertet
BERLIN - Chemnitz und Köthen, Demonstrationen und Beschimpfungen zum Trotz: Der Zusammenhalt der Gesellschaft ist besser als erwartet. Das ist das zentrale Ergebnis des sogenannten Integrationsbarometers, das das Integrationsklima in den letzten zwei Jahren für stabil hält.
Dieses Barometer wird von deutschen Stiftungen, überwiegend von der Adenauer-Stiftung in Auftrag gegeben. 9000 Menschen, davon 6000 mit Migrationshintergrund, wurden zum zweiten Mal seit 2016 bundesweit befragt. Sie bewerten das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft insgesamt weiter positiv. Besonders dort, wo Vielfalt im Alltag erlebt wird. Schlechter ist das Klima dort, wo weniger Migranten leben, etwa in Ostdeutschland.
Wo mehr Migranten sind, werden also Vorbehalte abgebaut. Das stimmt Prof. Thomas Bauer, den Vorsitzenden des Sachverständigenrates, optimistisch. Weiteres Ergebnis: Die Zuwanderer sind optimistischer als die Gesamtbevölkerung. 60 Prozent sind dafür, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen, allerdings meint eine Mehrheit gleichzeitig, dass der Zuzug begrenzt werden muss.
Mit der Unterbringung und Verteilung der Flüchtlinge durch die Kommunen ist eine Mehrheit zufrieden. Allerdings unterscheiden sich die Bewertungen regional. Im Süden Deutschlands beurteilen acht von zehn Befragten ohne Migrationshintergrund die Arbeit der Kommunen als gut, in den Stadtstaaten sind es nur fünf von zehn.
Zweifel an solch guten Noten für die Integration lassen die Sachverständigen nicht gelten. Auch das Politbarometer habe ergeben, dass nur zehn Prozent der Bevölkerung sagen, man habe Probleme mit Flüchtlingen. Für die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, steht fest, dass es schwierig ist, das Integrationsklima messbar zu machen. Aber es zeige sich, dass das Alltagsklima doch deutlich besser sei, als man den Debatten nach vermuten könne. „Die Einstellungen in der Bevölkerung sind besonders positiv, wo direkte Kontakte in de Nachbarschaft, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz bestehen. Genau deshalb ist es so wichtig, Gelegenheiten und Orte der Begegnung und des guten Zusammenlebens zu schaffen.“
Historiker weisen darauf hin, dass Zuwandergruppen, die zuletzt eingereist sind, negativer wahrgenommen werden als zuvor Gekommene. Das zeige sich auch im Barometer. Gefragt, ob die jetzigen Flüchtlinge die Kriminalität erhöhen, sagten 47, 8 Prozent der Deutschen und sogar 73,5 Prozent der Spätaussiedler: Ja oder eher ja.
Fragt man insgesamt, ob die seit einigen Jahrzehnten in Deutschland lebenden Migranten die Kriminalität erhöht haben, sind nur 25,6 Prozent und 32 Prozent der Aussiedler dieser Meinung, während fast drei Viertel der Deutschen das nicht so sehen.
Leistung lohnt sich. Der Erfolg von Migranten hängt nach Meinung der Deutschen vor allem von der Bildung ab, das sagen fast 97 Prozent. Dass die deutsche Abstammung entscheidend ist, denken nur 32 Prozent.