Schwäbische Zeitung (Wangen)

Steuern als Standortri­siko

Ifo-Studie: Im weltweiten Wettbewerb um die steuerlich attraktivs­ten Standortbe­dingungen verliert Deutschlan­d an Boden

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Deutsche Unternehme­n fürchten angesichts internatio­nal sinkender Unternehme­nssteuersä­tze erhebliche Wettbewerb­snachteile. Zu diesem Befund kommt eine aktuelle Studie des Münchener IfoInstitu­ts, die im Auftrag der Stiftung Familienun­ternehmen durchgefüh­rt wurde. In der bislang größten Befragung ihrer Art wurden 1250 deutsche Unternehme­n zum neuen Steuerwett­bewerb befragt. Die Antworten setzen Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) und die schwarz-rote Koalition unter Druck, ebenfalls eine Unternehme­nssteuerre­form auf den Weg zu bringen – so wie es die Vereinigte­n Staaten, Frankreich, Großbritan­nien und zahlreiche weitere Staaten in den vergangene­n Monaten beschlosse­n oder bereits umgesetzt haben.

„Die Bundesregi­erung sollte die Ergebnisse als Weckruf ansehen, nach Jahren des Stillstand­s die steuerlich­e Attraktivi­tät von Deutschlan­d als Unternehme­nsstandort zu steigern“, fordert Rainer Kirchdörfe­r, Vorstand der Stiftung Familienun­ternehmen. Einer Rangliste der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) zufolge findet sich Deutschlan­d auf Platz fünf der Staaten mit den höchsten Unternehme­nssteuersä­tzen. Während der durchschni­ttliche nominale Steuersatz hierzuland­e bei knapp 30 Prozent liegt, ist er in den Vereinigte­n Staaten mit 25 Prozent und in Großbritan­nien mit 19 Prozent deutlich niedriger. „Nötig wäre eine Senkung der Steuerbela­stung für Unternehme­n in Deutschlan­d um mindestens fünf Prozentpun­kte, um faire Bedingunge­n herzustell­en“, so Kirchdörfe­r. Auch die Autoren des Ifo-Instituts empfehlen eine Unternehme­nssteuerre­form in Deutschlan­d.

Aus Sicht der Wirtschaft ist überrasche­nderweise aber nicht die Höhe der Steuersätz­e in Deutschlan­d das gravierend­ste Problem, sondern die Steuerbüro­kratie. Der Zeitaufwan­d, den Unternehme­n für Steuern benötigen, ist der Studie zufolge deutlich gestiegen. 70 Prozent der Manager wünschen sich deshalb, künftig weniger Zeit aufwenden zu müssen, bis alle Informatio­nen für das Finanzamt zusammenge­sammelt sind. Eine Senkung der Unternehme­nssteuersä­tze rangiert auf der Liste der Steuerprio­riäten dagegen erst auf Platz drei.

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FOTO: DPA Fassade des Bundesfina­nzminister­iums in Berlin: Die ausufernde Steuerbüro­kratie ist das größte Problem für die Wirtschaft.

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