Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Freiheit der Kunst in „nackte(n) Tatsachen“

Verein Kunst und Kultur um Karsee (KuK) lädt zu ungewöhnli­cher Ausstellun­g in die Treppenhau­sgalerie

- Von Susi Weber

KARSEE - „Nackte Tatsache – das Natürliche ist nicht anstößig“: In Anlehnung an die Lebensweis­heit des griechisch­en Dramatiker­s Euripides ist die letzte Ausstellun­g des Jahres 2018 in der Karseer Treppenhau­sgalerie betitelt und gestaltet. Sie wurde am Freitagabe­nd mit einer Vernissage eröffnet und zeigt 18 Künstler und 60 Exponate, die in ihrer Breite, ihren Aussagen und ihrer Inspiratio­n überrasche­n.

Etwas ganz anderes, etwas Freches, etwas Überrasche­ndes wollte Gisela Löchner zum Jahresende initiieren. „Wir sind hergegange­n, haben Künstler angeschrie­ben und sie aufgeforde­rt, zur Ausstellun­g ,Nackte Tatsache’ etwas beizusteue­rn.“Zehn Künstler und acht Künstlerin­nen sind diesem Aufruf gefolgt. Ihre Werke zeigen Fotografie, Malerei, Zeichnung, Installati­on und Skulpturen inklusive der ureigenen, ganz individuel­len Interpreta­tion. „Wir haben nicht zensiert, nicht aussortier­t“, sagt Gisela Löchner.

Auch deshalb nicht, weil es ihr, wie sie in ihrer Laudatio erklärte, um die Freiheit der Kunst, den wieder neu aufkommend­en Kulturkamp­f, den selbst ernannten „Kulturrich­tern“geht, die glauben, darüber nach sittlich-moralische­n Maßstäben urteilen zu müssen, was sein darf und nicht sein soll. Insofern ist „Nackte Tatsachen“auch eine gesellscha­ftspolitis­che und kritische Ausstellun­g. Vor allem, wenn man wie Gisela Löchner in ihrer Ansprache bedenkt: „Bilderstur­m und Bücherverb­rennung waren noch nie adäquate Mittel kulturelle­r Auseinande­rsetzung.“

„Nix“in opulentem Rahmen

Natürlich gibt es sie in der Ausstellun­g, die Nackten, deren Geschichte in der Kunst Löchner auch mit berühmten Malern in Verbindung brachte. Waren beispielsw­eise bei Rembrandt, Michelange­lo oder Cranach dem Älterem Adam und Eva noch so, wie Gott sie schuf, hat ihnen Dürer in seinem berühmten Kupferstic­h Feigenblät­ter hinzugefüg­t. In Karsee sind die „nackten Tatsachen“sehr ästhetisch vertreten – mal als Hinterglas­malerei, mal als KohleZeich­nung, mal im kubistisch­en Stil oder auch als Plastik in Form einer Brust vor und nach einer Operation. „Nackte Tatsachen“beinhaltet aber auch die reinen Wahrheiten, thematisie­rt „Fake news und Fakten“durch ein Entenbild, die kaputte Natur, den Wohlstands­müll. Oder auch ein Bild mit opulentem Rahmen, dessen Innenleben lediglich vom Wort „nix“geziert wird.

Reiner Anwander, Heidrun Becker, Christa Birk, P. Ariane Ehinger, Anton Erne, Gertrud Feuerstein, Achim Guthmann, Dietmar Hawran, Theresia Hillebrand, Elisabeth Hölz, Alexander Leising, Ottmar Ludwig, Gennadi Piasetski, „Paul Picasso“, Gisela Schatzl, Annette Schmucker, Walter Steenblock und Michael Weinmann haben mit ihren Werken eine sehr vielfältig­e und eindrucksv­olle Ausstellun­g geschaffen. „Sie beinhaltet die „Nackte Tatsache“in den Gefühlen anmutig, erotisch, fraulich, frech, fein, genüsslich, lustig, nachdenkli­ch, realistisc­h, schön, zärtlich“, sagte Löchner. Den Besuchern gab sie mit auf den Weg: „Und denken Sie daran: Wir haben Freiheit in der Kunst!“Für die musikalisc­he Umrahmung der Vernissage sorgten Andieh Merk (Saxophon) und Gunter Schreiber (E-Gitarre).

Die Ausstellun­g „Nackte Tatsache“in der alten Schule Karsee kann bis zum 28. Oktober montags bis freitags, immer von 9 bis 16 Uhr besucht werden. Sonn- und feiertags ist die Ausstellun­g (bei Kaffee und Kuchen) immer von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Der Verein Kunst und Kultur rund um Karsee lädt am 28. Oktober, 11 Uhr, zur Finissage – einschließ­lich einer Führung auf dem Skulpturen­weg.

 ?? FOTO: SUSI WEBER ?? Vorsitzend­e Gisela Löchner neben Bildern eines Künstlers aus der Region, der unter dem Pseudonym „Paul Picasso“seine Werke ausstellt. Neben „Paul Picasso“sind in der Ausstellun­g „Nackte Tatsache“noch Werke von 17 weiteren Künstlern zu sehen.
FOTO: SUSI WEBER Vorsitzend­e Gisela Löchner neben Bildern eines Künstlers aus der Region, der unter dem Pseudonym „Paul Picasso“seine Werke ausstellt. Neben „Paul Picasso“sind in der Ausstellun­g „Nackte Tatsache“noch Werke von 17 weiteren Künstlern zu sehen.

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