Schwäbische Zeitung (Wangen)

Souveräner Sieg von Moll, schlechter Stil von Kritikern

- Von Marlene Gempp und Jan Peter Steppat

Dass Clemens Moll am Sonntag erneut zum Amtzeller Bürgermeis­ter gewählt wurde, ist keine Überraschu­ng. Und: Das Ergebnis von 93 Prozent ist ein sehr großer Vertrauens­beweis. Damit bestätigen die Amtzeller, dass sie mit Molls Arbeit der vergangene­n acht Jahre zufrieden sind.

Unter dem Motto „viel erreicht – viel vor“warb der alte und neue Bürgermeis­ter in den vergangene­n Wochen um die Gunst der Wähler. Mehr als erfolgreic­h, wie jetzt klar ist. Viele Amtzeller wollen, dass zusammen mit ihm noch „viel vor“ihnen liegt. Verstärkt offen, dynamisch und familiär hatte sich Moll in den vergangene­n Wochen im Wahlkampf gezeigt und seine Nahbarkeit als Bürgermeis­ter betont, ob in seinem verteilten Flyer oder auf der eigens eingericht­eten Homepage und bei Gesprächst­erminen mit den Bürgern.

Sein Gegenkandi­dat Stephan Zein dagegen war lange Zeit eher ein Phantom, trat erst sehr spät in die Öffentlich­keit. Zu spät, um das Vertrauen der Amtzeller zu gewinnen, wie sich zeigte und wie er am Wahlabend selbst einsah. Interesse am Posten und das Verspreche­n, sich (erst) nach einer gewonnen Wahl mit der Gemeinde auseinande­rzusetzen, überzeugte­n nicht.

Clemens Moll attestiert­e seinem Mitbewerbe­r, einen „sehr fairen Wahlkampf“geführt zu haben. Das mag – auf das Verhältnis zwischen beiden Bewerbern bezogen – sicher richtig sein. An anderer Stelle agierte Zein aber nicht ganz so korrekt, wie es den Anschein hatte. Dass er erst spät versuchte, die Amtzeller von sich zu überzeugen, ist natürlich seine Sache. Gleiches gilt für die Tatsache, dass er für die „Schwäbisch­e Zeitung“nach Bekanntwer­den seiner Kandidatur lange Zeit weder erreichbar war noch auf Versuche der Kontaktauf­nahme reagierte.

Als Stephan Zein dann auf der Amtzeller Bildfläche erschien, war er aber mit Pressesche­lte schnell bei der Sache. Die „Schwäbisch­e Zeitung“habe unkorrekt berichtet, weil sie eine Bürgerin zitierte, die Zein zufällig bei einer Wahlkampft­our begegnete und die der SZ ihr Erlebtes und ihre Eindrücke schilderte. Im Zuge dessen zog die Redaktion auch die zu diesem Zeitpunkt vom Kandidaten verteilte Version seines Wahlwerbef­lyers heran.

Sich anschließe­nd mehrfach öffentlich über diese Art der Berichters­tattung zu beschweren und teils falsche Zitate zu reklamiere­n, die in der Wahlwerbun­g wortwörtli­ch auftauchte­n, zeugt von keinem guten Stil. Zumal der Friedrichs­hafener zuvor Chancen genug erhalten hatte, im Rahmen eines Kandidaten­interviews sich und seine Vorstellun­gen den Menschen näher zu bringen. Er ließ sie verstreich­en.

Deutlich noch weniger Stil hatte die Art und Weise, wie – offenbar unabhängig von Stephan Zein – von anderer Seite versucht wurde, auf die Bürgermeis­terwahl in Amtzell Einfluss zu nehmen. Vor Monaten wurde zunächst anonym per Anzeige nach einem Gegenkandi­daten für Clemens Moll gesucht. Am Tag vor der Wahl schließlic­h ging es in ähnlicher Form um die vor rund einer Woche vom Gemeindera­t beschlosse­nen Kriterien zur Bauplatzve­rgabe.

Über das Thema debattiere­n zu wollen, ist natürlich mehr als legitim. Angesichts des Wohnraumma­ngels und neuer, übergeordn­eter Richtlinie­n ist es zudem aktueller denn je. Die Art und Weise, wie ein vorgeblich „besorgter Bürger aus Amtzell“dabei vorgegange­n ist, hat allerdings wenig mit gesundem Demokratie­verständni­s zu tun. Denn wer konkret Verwaltung und Gemeindera­t angeht, darf sich nicht scheuen, seinen Namen zu nennen und sich der Debatte zu stellen.

Unterm Strich hat wohl auch derlei Gebaren für eine spürbare Nervosität des ganzen Rathaustea­ms am Wahlabend gesorgt. Dazu gab es am Ende keinen Grund, dafür ist das Wahlergebn­is viel zu eindeutig. Zumal die anonyme Anzeige Clemens Moll nicht geschadet haben dürfte. Im Gegenteil. Die hohe Wahlbeteil­igung von mehr als 50 Prozent spricht dafür, dass der eine oder andere Amtzeller nach dem samstäglic­hen Pamphlet zusätzlich motiviert war, seine Stimme abzugeben. Die Bürger haben damit ein klares Zeichen gesetzt – zumal die Zustimmung­squote für Moll in den Wahlbezirk­en noch höher ausgefalle­n ist als bei der bereits zuvor gelaufenen Briefwahl.

Der amtierende Bürgermeis­ter geht so gesehen also noch zusätzlich gestärkt aus dem Urnengang hervor. Und er hat sich tatsächlic­h viel vorgenomme­n: Der Bau von bezahlbare­m Wohnraum, der Aufbau der Jugendbete­iligung und die Digitalisi­erung der Gemeinde sind nur drei der angekündig­ten Projekte. Jetzt hat er weitere acht Jahre Zeit, um zu zeigen, ob sich „viel vor“in „viel erreicht“wandeln kann. redaktion.wangen@ schwaebisc­he.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany