Nein zum Kiesabbau bei Grund
Wangener Rat verabschiedet Stellungnahme – Einige Räte wollen weniger Emotionen in der Debatte
Wangener Rat sieht auch den Betrieb der Anlage in Grenis kritisch.
WANGEN - Der Wangener Gemeinderat lehnt den geplanten Kiesabbau im Altdorfer Wald bei Vogt ab. Für die bestehende Kiesgrube in Grenis bei Karsee fordert er zudem Nachbesserungen – insbesondere was die dortige Asphaltmischanlage angeht. Das Stadtparlament verabschiedete damit bei einer Gegenstimme von CDU-Stadtrat Walter Mohr und vier Enthaltungen aus den Reihen der CDU sowie einer von der GOL mit deutlicher Mehrheit ein entsprechendes Papier der Verwaltung. Dieses geht jetzt als Stellungnahme an den Regionalverband.
Vor der Abstimmung gab es am Montagabend eine ausgiebige Debatte, die deutlich differenziertere Meinungen offenbarte als das klare Abstimmungsergebnis vermuten lässt. Auf der einen Seite befanden sich Ratsmitglieder, die den Verwaltungsvorschlag ohne Einschränkungen unterstützten. Zuvorderst Siegfried Spangenberg (GOL). Er sprach der Verwaltung ein „großes Kompliment für die Klarheit und Schärfe“des Papiers aus – und ergänzte: „Entscheidend ist, ob die Wasserversorgung nicht weitaus vorrangiger ist als ein berechtigtes Interesse am Kiesabbau.“Wobei er keine Zweifel an seiner Haltung ließ: Der Regionalverband habe nicht die Aufgabe dafür zu sorgen, „dass irgendein Unternehmen weiter funktionieren kann“.
Überall laufen Stellungnahmen
Zur Erklärung: Derzeit geben zahlreiche Kommunalparlamente Stellungnahmen zum Kiesabbau ab. Strittig ist dabei vor allem die Frage, ob es bei Grund ein neues Gebiet dafür geben soll und ob dieses als Planungsziel im derzeit in Arbeit befindlichen, neuen Regionalplan festgeschrieben werden soll.
Spangenberg erhielt prinzipiell Rückendeckung von Hermann Schad (Freie Wähler). Der Neuravensburger Ortsvorsteher hat zwar kein Stimm- aber Rederecht im Wangener Gemeinderat und ist als Geologe seit Jahresbeginn im Auftrag des Zwecksverbands Wasserversorgung Baienfurt-Baindt mit der Erstellung eines Gutachtens zum Altdorfer Wald beschäftigt.
Auch wenn die Ergebnisse seiner Arbeit noch nicht endgültig vorliegen, bezeichnete er dieses möglicherweise für den Kiesabbau vorgesehene Gebiet als „herausragend einzigartig für die Wasserversorgung“. Bei der Abwägung der Planungsziele Rohstoffsicherung und Grundwasserschutz plädierte er deshalb „ganz klar“für das zweite Ziel. Zumal er nicht ausschließen kann, ob das unter dem Altdorfer Wald liegende Wasserreservoir durch den Kiesabbau geschädigt werden könne.
Schad zog – wie unlängst bereits im Baienfurter Gemeinderat – Aussagen des Bundesumweltamts heran. Dieses fordere Verbände dazu auf, mehr Wasserschutzgebiete auszuweisen. Und gerade die Weißenbronner Quelle bei Grund eigne sich dafür hervorragend: Trotz der Trockenheit dieses Jahres schütte sie unverändert viel Wasser aus. Aufgrund der Menge müsse das Schutzgebiet nicht bloß 3,3, sondern neun Quadratkilometer groß sein, so der Geologe.
Den Aspekt des Kiesexports benannte SPD-Fraktionsvorsitzender Alwin Burth: „Man muss sich die Frage stellen, warum Kies bei uns so billig und in der Schweiz und in Österreich so teuer ist.“Er kritisierte in diesem Zusammenhang ein nicht aktuelles Bergrecht. Gleiches gelte für Rohstoffgesetze. Zugleich forderte Burth: Die Folgekosten des Kiesabbau dürften „nicht sozialisiert werden“.
Keine „Brunnenvergifter“
Zustimmung zum Verwaltungspapier kam auch vom Gros der CDUFraktion, wenngleich Fraktionschef Hans-Jörg Leonhardt „eine offene und ehrliche Diskussion“forderte. Schließlich steige der Kiesbedarf, und bis dato sei noch keine Grundwasserverschmutzung erwiesen. Vor diesem Hintergrund dürfe man Kiesunternehmer nicht als „Brunnenvergifter“ansehen. Zumal er die Frage aufwarf, ob man – im Falle einer Verhinderung weiteren Kiesabbaus – den Import des Rohstoffs akzeptieren und womöglich deshalb aus Rotterdam ins Allgäu fahrende Lastwagen hinnehmen wolle.
Leonhardt schränkte zwar ein: „Die Bürger haben zu Recht Angst um das Grundwasser“. Allerdings habe er selbst vom Regionalverband und dessen Direktor Wilfried Franke „nur Gutes gehört“. Sie hielten sich „streng an gesetzliche Regeln“.
Trotz weiterer Kritik an einzelnen Punkten stimmten Leonardt und die meisten CDU-Räte der Verwaltungsvorlage dennoch zu. Grund: Die Stellungnahme ändere aktuell nichts, und wenn es um die mögliche Umsetzung von Planungszielen gehe, werde ohnehin alles abermals fundiert aufbereitet und beraten.
Wie Leonhardt störte sich auch GOL-Stadtrat Andreas Vochezer an der „emotionalen Debatte“. Auch er forderte zwar stete Priorität für den Grundwasserschutz, mahnte aber eine „Rückkehr zur Sachlichkeit“an. Dazu gehören für ihn mehrere Aspekte: „Wenn wir viel Kies haben, sollten wir ihn zur Verfügung stellen.“ Anderswo in Süddeutschland mangele es an diesem Rohstoff.
Auch den Export wollte er anders bewertet sehen: „Wir kaufen auch Strom aus Österreich und sparen uns damit ein Kraftwerk.“Bei möglichen Folgen des Kiesabbaus sollten zudem im Anschluss entstehende Baggerseen beachtet werden. Sie seien nicht allein Naherholungsgebiete, sondern auch Lebensraum für Insekten.
RNG-Lehrer Vochezer hatte in der vergangenen Woche an einer beruflichen Fortbildung teilgenommen, wie er er erklärte. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“waren dazu vom veranstaltenden Regierungspräsidium als Referenten Regionalverbandsdirektor Wilfried Franke und Rolf Mohr, Chef des Kieswerkbetreibers Meichle & Mohr, eingeladen worden.
Vochezer, der sich am Ende der Stimme enthielt, sah auch die Energieversorgung der Asphaltmischanlage in Grenis durch aus NordrheinWestfalen importierten Braunkohlestaub weniger kritisch als dies in der Verwaltungsvorlage deutlich wurde: „Da liegen noch nicht alle Sachinformationen auf dem Tisch.“Möglich seien dort eine Einhausung oder verbesserte Filter.
„Da wird auf jeden Fall geklagt“
Ein Punkt, den OB Michael Lang aufnahm: „Wir wollen, dass die Menschen hinreichend geschützt sind“, sagte er und sprach die Grenis-Anwohner im Weiler Abraham an. „Die Menschen um diese Anlage herum sind relativ aufgebracht.“Ihnen sei seitens der Behörden suggiert worden, dass „die Anlage irgendwann am Ende ist“. Das allerdings „steht in den Genehmigungen nicht wirklich drin“.
Der Wangener Rathauschef sprach im Zuge der Stellungnahme von einem „politischen Statement“und forderte Transparenz im gesamten Verfahren. Allerdings glaubt er schon jetzt, dass es beim Kiesabbau nicht mehr allein politische Lösungen geben wird: „Da wird auf jeden Fall geklagt werden – das ist bombensicher.“