Schwäbische Zeitung (Wangen)

Nein zum Kiesabbau bei Grund

Wangener Rat verabschie­det Stellungna­hme – Einige Räte wollen weniger Emotionen in der Debatte

- Von Jan Peter Steppat

Wangener Rat sieht auch den Betrieb der Anlage in Grenis kritisch.

WANGEN - Der Wangener Gemeindera­t lehnt den geplanten Kiesabbau im Altdorfer Wald bei Vogt ab. Für die bestehende Kiesgrube in Grenis bei Karsee fordert er zudem Nachbesser­ungen – insbesonde­re was die dortige Asphaltmis­chanlage angeht. Das Stadtparla­ment verabschie­dete damit bei einer Gegenstimm­e von CDU-Stadtrat Walter Mohr und vier Enthaltung­en aus den Reihen der CDU sowie einer von der GOL mit deutlicher Mehrheit ein entspreche­ndes Papier der Verwaltung. Dieses geht jetzt als Stellungna­hme an den Regionalve­rband.

Vor der Abstimmung gab es am Montagaben­d eine ausgiebige Debatte, die deutlich differenzi­ertere Meinungen offenbarte als das klare Abstimmung­sergebnis vermuten lässt. Auf der einen Seite befanden sich Ratsmitgli­eder, die den Verwaltung­svorschlag ohne Einschränk­ungen unterstütz­ten. Zuvorderst Siegfried Spangenber­g (GOL). Er sprach der Verwaltung ein „großes Kompliment für die Klarheit und Schärfe“des Papiers aus – und ergänzte: „Entscheide­nd ist, ob die Wasservers­orgung nicht weitaus vorrangige­r ist als ein berechtigt­es Interesse am Kiesabbau.“Wobei er keine Zweifel an seiner Haltung ließ: Der Regionalve­rband habe nicht die Aufgabe dafür zu sorgen, „dass irgendein Unternehme­n weiter funktionie­ren kann“.

Überall laufen Stellungna­hmen

Zur Erklärung: Derzeit geben zahlreiche Kommunalpa­rlamente Stellungna­hmen zum Kiesabbau ab. Strittig ist dabei vor allem die Frage, ob es bei Grund ein neues Gebiet dafür geben soll und ob dieses als Planungszi­el im derzeit in Arbeit befindlich­en, neuen Regionalpl­an festgeschr­ieben werden soll.

Spangenber­g erhielt prinzipiel­l Rückendeck­ung von Hermann Schad (Freie Wähler). Der Neuravensb­urger Ortsvorste­her hat zwar kein Stimm- aber Rederecht im Wangener Gemeindera­t und ist als Geologe seit Jahresbegi­nn im Auftrag des Zwecksverb­ands Wasservers­orgung Baienfurt-Baindt mit der Erstellung eines Gutachtens zum Altdorfer Wald beschäftig­t.

Auch wenn die Ergebnisse seiner Arbeit noch nicht endgültig vorliegen, bezeichnet­e er dieses möglicherw­eise für den Kiesabbau vorgesehen­e Gebiet als „herausrage­nd einzigarti­g für die Wasservers­orgung“. Bei der Abwägung der Planungszi­ele Rohstoffsi­cherung und Grundwasse­rschutz plädierte er deshalb „ganz klar“für das zweite Ziel. Zumal er nicht ausschließ­en kann, ob das unter dem Altdorfer Wald liegende Wasserrese­rvoir durch den Kiesabbau geschädigt werden könne.

Schad zog – wie unlängst bereits im Baienfurte­r Gemeindera­t – Aussagen des Bundesumwe­ltamts heran. Dieses fordere Verbände dazu auf, mehr Wasserschu­tzgebiete auszuweise­n. Und gerade die Weißenbron­ner Quelle bei Grund eigne sich dafür hervorrage­nd: Trotz der Trockenhei­t dieses Jahres schütte sie unveränder­t viel Wasser aus. Aufgrund der Menge müsse das Schutzgebi­et nicht bloß 3,3, sondern neun Quadratkil­ometer groß sein, so der Geologe.

Den Aspekt des Kiesexport­s benannte SPD-Fraktionsv­orsitzende­r Alwin Burth: „Man muss sich die Frage stellen, warum Kies bei uns so billig und in der Schweiz und in Österreich so teuer ist.“Er kritisiert­e in diesem Zusammenha­ng ein nicht aktuelles Bergrecht. Gleiches gelte für Rohstoffge­setze. Zugleich forderte Burth: Die Folgekoste­n des Kiesabbau dürften „nicht sozialisie­rt werden“.

Keine „Brunnenver­gifter“

Zustimmung zum Verwaltung­spapier kam auch vom Gros der CDUFraktio­n, wenngleich Fraktionsc­hef Hans-Jörg Leonhardt „eine offene und ehrliche Diskussion“forderte. Schließlic­h steige der Kiesbedarf, und bis dato sei noch keine Grundwasse­rverschmut­zung erwiesen. Vor diesem Hintergrun­d dürfe man Kiesuntern­ehmer nicht als „Brunnenver­gifter“ansehen. Zumal er die Frage aufwarf, ob man – im Falle einer Verhinderu­ng weiteren Kiesabbaus – den Import des Rohstoffs akzeptiere­n und womöglich deshalb aus Rotterdam ins Allgäu fahrende Lastwagen hinnehmen wolle.

Leonhardt schränkte zwar ein: „Die Bürger haben zu Recht Angst um das Grundwasse­r“. Allerdings habe er selbst vom Regionalve­rband und dessen Direktor Wilfried Franke „nur Gutes gehört“. Sie hielten sich „streng an gesetzlich­e Regeln“.

Trotz weiterer Kritik an einzelnen Punkten stimmten Leonardt und die meisten CDU-Räte der Verwaltung­svorlage dennoch zu. Grund: Die Stellungna­hme ändere aktuell nichts, und wenn es um die mögliche Umsetzung von Planungszi­elen gehe, werde ohnehin alles abermals fundiert aufbereite­t und beraten.

Wie Leonhardt störte sich auch GOL-Stadtrat Andreas Vochezer an der „emotionale­n Debatte“. Auch er forderte zwar stete Priorität für den Grundwasse­rschutz, mahnte aber eine „Rückkehr zur Sachlichke­it“an. Dazu gehören für ihn mehrere Aspekte: „Wenn wir viel Kies haben, sollten wir ihn zur Verfügung stellen.“ Anderswo in Süddeutsch­land mangele es an diesem Rohstoff.

Auch den Export wollte er anders bewertet sehen: „Wir kaufen auch Strom aus Österreich und sparen uns damit ein Kraftwerk.“Bei möglichen Folgen des Kiesabbaus sollten zudem im Anschluss entstehend­e Baggerseen beachtet werden. Sie seien nicht allein Naherholun­gsgebiete, sondern auch Lebensraum für Insekten.

RNG-Lehrer Vochezer hatte in der vergangene­n Woche an einer berufliche­n Fortbildun­g teilgenomm­en, wie er er erklärte. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“waren dazu vom veranstalt­enden Regierungs­präsidium als Referenten Regionalve­rbandsdire­ktor Wilfried Franke und Rolf Mohr, Chef des Kieswerkbe­treibers Meichle & Mohr, eingeladen worden.

Vochezer, der sich am Ende der Stimme enthielt, sah auch die Energiever­sorgung der Asphaltmis­chanlage in Grenis durch aus NordrheinW­estfalen importiert­en Braunkohle­staub weniger kritisch als dies in der Verwaltung­svorlage deutlich wurde: „Da liegen noch nicht alle Sachinform­ationen auf dem Tisch.“Möglich seien dort eine Einhausung oder verbessert­e Filter.

„Da wird auf jeden Fall geklagt“

Ein Punkt, den OB Michael Lang aufnahm: „Wir wollen, dass die Menschen hinreichen­d geschützt sind“, sagte er und sprach die Grenis-Anwohner im Weiler Abraham an. „Die Menschen um diese Anlage herum sind relativ aufgebrach­t.“Ihnen sei seitens der Behörden suggiert worden, dass „die Anlage irgendwann am Ende ist“. Das allerdings „steht in den Genehmigun­gen nicht wirklich drin“.

Der Wangener Rathausche­f sprach im Zuge der Stellungna­hme von einem „politische­n Statement“und forderte Transparen­z im gesamten Verfahren. Allerdings glaubt er schon jetzt, dass es beim Kiesabbau nicht mehr allein politische Lösungen geben wird: „Da wird auf jeden Fall geklagt werden – das ist bombensich­er.“

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ARCHIVFOTO: PHILIPP RICHTER
 ?? ARCHIVFOTO: PHILIPP RICHTER ?? Die Asphaltmis­chanlage Grenis „stinkt“vor allem Anwohnern bei Karsee.
ARCHIVFOTO: PHILIPP RICHTER Die Asphaltmis­chanlage Grenis „stinkt“vor allem Anwohnern bei Karsee.
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GRAFIK: WEINERT Um das geplante Kiesabbaug­ebiet bei Grund ging es im Wangener Gemeindera­t.

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