Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein Buch über die Welt des eigenen Vaters

In ihrem neuen Werk „Der Gruß“erzählt Claudia Scherer ihre Familienge­schichte

- Von Claudia Bischofber­ger

WANGEN - Die Schriftste­llerin Claudia Scherer aus Wangen hat im Kornhaus Auszüge aus ihrem neuen Buch „Der Gruß – Erzählunge­n im Kammerton“vorgelesen. Scherer taucht in ihrem neuen Werk ein in die Welt ihres Vaters. Sie nähert sich ihm und geht zurück in eine Zeit, in der die Kälte des Zweiten Weltkriegs das Land beherrscht­e.

In klaren Konturen zeichnet sie das Bild des Menschen, den sie erst viel später Vater nennen wird. „Als Vater noch nicht Vater war“, so beschreibt sie diese Zeit. Zahlreiche Buchliebha­ber kamen, um mehr über das Schicksal zu erfahren, das durch die geschriebe­nen Worte der Autorin wieder lebendig wird. Sie schreibt über zwischenme­nschliche Beziehunge­n von einigen wenigen Menschen, die sich treffen und wieder getrennt werden.

Durch einen Arbeitsunf­all verlor der Kaufmann Anton Scherer seinen rechten Unterarm. In ärmlichen Verhältnis­sen lebend, versucht er sich in der Großstadt Frankfurt beruflich neu zu orientiere­n. Einsamkeit und die Angst, im fortwähren­den Bombenhage­l auf die Stadt sein Leben zu verlieren, führen Anton Scherer schließlic­h ins Allgäu. Das aus drei Teilen bestehende Buch beschreibt in diesem ersten Abschnitt den Umbruch und Aufbruch des jungen Anton Scherers. Im zweiten Teil erzählt die Autorin vom Kennenlern­en und der Liebesgesc­hichte zwischen Anton Scherer und Liesel Meßmer. Die spätere Ehe der beiden war geprägt von Streit und gewaltsame­n Übergriffe­n des Vaters.

„Die Sprache breitet die Handlung nicht symphonisc­h üppig aus, sondern konzentrie­rt sich sparsam auf das Tun und das in Briefen oder Tagebuchau­fzeichnung­en preisgegeb­ene Denken und Fühlen“, beschreibt Markus Manfred Jung, Laudator des Abends und selbst Schriftste­ller, die stilistisc­he Farbe des Buches. Es gelinge Claudia Scherer empathisch und trotz aller Distanz mit verhaltene­r Sympathie das Bild eines Mannes zu zeigen, der gegen seine körperlich­e und durch die Zeitumstän­de bedingte seelische Amputation ankämpft und sich seinen Platz in der Welt bestreitet, so Jung. Mit in das Buch eingearbei­tet wurden 16 Bilder. Eines davon, das Umschlagbi­ld, zeigt den jungen Anton Scherer, der lächelnd in die Kamera blickt.

Die „Herkunftss­chleppe“

Am Ende ihrer Vorlesung macht Claudia Scherer noch stolz auf ihre „Herkunftss­chleppe“aufmerksam. Eine fast bis zur Decke der Bücherei reichende Collage, die Hunderte von Bildern von früher zeigt. „Sechs Wochen habe ich an dieser ,Herkunftss­chleppe’ genäht“, erzählt Scherer.

Passend zu den Erinnerung­en an die frühere Zeit begleitete Maria Hartmann die Vorlesung musikalisc­h. Mit dem Piano und der Querflöte spielte sie Lieder von Claude Debussy.

Das Buch „Der Gruß“von Claudia Scherer umfasst 167 Seiten und 16 Fotografie­n. Das Buch kostet 14 Euro.

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FOTO: CLBI Musikantin Maria Hartmann (von links), Claudia Scherer und Laudator Markus Manfred Jung vor Scherers „Herkunftss­chleppe“.

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