Illustres Quartett beeindruckt und unterhält
Der Amtzeller Talk im Schloss wartet erneut mit vier erlesenen Gästen auf
AMTZELL - Es ist seit 22 Jahren dasselbe bewährte Konzept, von dem sich die Zuhörer begeistern lassen: Wolfgang Wanner stellt im Auftrag der Musikkapelle Amtzell den Kontakt zu Persönlichkeiten aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens her, der Verein selber zeichnet für die Organisation der Talkrunde im Alten Schloss verantwortlich und HörfunkKorrespondent Heiner Vaut erweist sich als stets gut vorbereiteter und charmanter Moderator, der sich am Freitag wieder mit vier illustren Gästen unterhielt.
Wovon hängt ein wirtschaftlicher Erfolg ab? Was passiert, wenn der „Teufel“eine Kommunalpolitikerin holt? Gibt es tatsächlich die legendäre „Tellerwäscher-Karriere“? Und wie kann ein Busfahrer sein Hobby zum Beruf machen? Alles Fragen, deren Antworten ebenso interessant, spannend und unterhaltsam sind wie sie am Freitagabend Bewunderung für die Leistungen der eingeladenen Gäste hervorriefen.
Da ist zunächst Oliver Albrecht, der als Geschäftsführer der „Vetter Pharma-Fertigung“in Ravensburg einen der weltweit führenden Pharmadienstleister für die keimfreie Abfüllung und Verpackung von Spritzen vorstellt. Schnell wird klar, dass das Unternehmen weiter wachsen will – obwohl mittlerweile 4400 Frauen und Männer beschäftigt sind, der Umsatz bei über einer halben Milliarde liegt und die Kundschaft bereits international ist. Doch „Stillstand bedeutet Rückschritt“. Und deshalb wird auch künftig ein jährliches Mehr von zehn Prozent angestrebt, es stehen an allen Standorten Baukräne und vor allem im Bereich Produktion sucht man nach Fachkräften. Von Albrecht ist weiter zu hören, dass die Qualitätsüberwachung den größten Aufwand ausmacht, die oberste Devise „Null Fehler“lautet und es noch nie eine große Beanstandung gegeben hat.
Schavan: „Jede Brutalität beginnt mit Sprache“
„Sie gehörte zu den profiliertesten Politikerinnen, nach einem öffentlichen Skandal ging sie im Juli 2014 nach Rom und wurde deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl, seit dem Sommer ist sie zurück in Ulm.“Mit diesen Worten zeichnete Moderator Vaut ein kurzes Bild von Annette Schavan, „die der Teufel 1995 nach Baden-Württemberg geholt hat“. Gemeint ist Erwin Teufel, der die Erziehungswissenschaftlerin in seinem Kabinett haben wollte. Was die 63Jährige nach ihrer Arbeit in Rom feststellen musste, hört sich so an: „Die Sprache hat sich verändert, ist rauer und unangemessener geworden. Es wird der Versuch unternommen, Politik durch Parolen zu ersetzen.“Und Schavan schlussfolgert daraus: „Jede Brutalität beginnt mit Sprache.“Vom Papst weiß die praktizierende Katholikin nur Bestes zu berichten. „Franziskus ist angetreten, die Kirche zu erneuern. Und die Kirche ist dazu da, die Gesellschaft zu verändern.“
Der Papst sei ein „inspirierender und den Menschen zugewandter Mann“, sagt Annette Schavan, die den Pontifex auf vielen Reisen begleitet und Gespräche unter vier Augen mit ihm geführt hat.
Für Heiner Vaut hat Uwe Stürmer „eine Tellerwäscher-Karriere“hingelegt: Seit 1979 im Polizeidienst, ab 1999 Leiter der Stuttgarter Mordkommission, später dann Leiter der Polizeidirektion Ravensburg und jetzt stellvertretender Leiter des Polizeipräsidiums Konstanz. Auf die Fragen, wie viele er „von zu Hause abgeholt“, ins Gefängnis gebracht und wie viele Leichen er gesehen habe, antwortet Uwe Stürmer mit Beispielen aus seiner Praxis. Wobei er mit manchen Vorurteilen aufräumt. Vor allem seien systematisch angelegt Ermittlungen gefragt. Weiter spricht Stürmer von „mehrgleisig angelegten Ermittlungen“. Davon, sich nicht vorschnell auf eine Vermutung festzulegen und in alle Richtungen zu ermitteln, „weil man sich sonst verzettelt“. Und es sei Eile geboten. Das Erinnerungsvermögen potenzieller Zeugen ließe sonst nach. Auch die DNA-Analyse sei noch nicht der Beweis einer Täterschaft. Und schlussendlich: „Es muss immer daran gedacht werden, dass es auch etwas anderes sein kann, als wonach es aussieht.“
26 Länder, neun Monate und 65 000 Euro
Ebenso spannend gestaltet sich das, was Hans-Peter Christoph zu erzählen hat. Nur auf einem ganz anderen Gebiet. Der 58-Jährige wurde Busund Lastwagenfahrer, weil er reisen wollte. Weil ihn schon früh das Fernweh gepackt hatte, er andere Länder, Menschen und Abenteuer erleben wollte. Heute ist Christoph Geschäftsführer von „Avanti-Reisen“in Freiburg und tüftelt Reisen aus, die weit über das hinausgehen, was sonst Pauschalreisen anzubieten haben.
Das wohl Spektakulärste, was Christoph neben der Busfahrt zu den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking gemacht hat, war 2013 eine Reise durch 26 Länder der Welt. Wer alle Etappen mitfuhr, zahlte rund 65 000 Euro und war neun Monate unterwegs. Nur einmal gab es wirklich Stress. Als der Bus sechs Wochen brauchte, bis er endlich in Amerika ankam. Finanziell, so war von Christoph zu erfahren, habe sich das Unterfangen zwar nicht gelohnt, es sei aber „eine gute Werbung gewesen“.