Schwäbische Zeitung (Wangen)

Waldsee setzt auf Geschosswo­hnungsbau

Erster Beigeordne­ter Thomas Manz: „Es muss mehr Wohnraum geschaffen werden“

- Von Karin Kiesel

BAD WALDSEE - Städte landauf und landab sehen sich bei der Schaffung von ausreichen­d Wohnraum vor immer größere Herausford­erungen gestellt. Steigende Bevölkerun­gszahlen, immer knapper werdende Flächen und eine Vielzahl an rechtliche­n Vorgaben machen den Wohnungsba­u stetig komplexer und komplizier­ter. Gleichzeit­ig wird der Druck auf den Wohnungsma­rkt immer größer, besonders im Niedrigpre­issegment. So ist bezahlbare­r Wohnraum in Oberschwab­en immer schwerer zu finden. Auch in Bad Waldsee macht sich die Wohnungsno­t zunehmend bemerkbar.

Wenn es um die Schaffung von Wohnraum geht, müssen heutzutage zahlreiche Gesichtspu­nkte berücksich­tigt werden – seien es artenschut­zrechtlich­e Untersuchu­ngen, die Wohnungsba­u zeitlich verzögern oder sogar verhindern können, vorgeschri­ebene Ausgleichs­maßnamen, Brandschut­z-Vorgaben oder die weiteren zahlreiche­n Regelungen der Landesbauo­rdnung wie beispielsw­eise zu Fahrradabs­tellplätze­n oder Fassadenbe­grünung. Bauverfahr­en können in der heutigen Zeit eine sehr lange Zeit in Anspruch nehmen. Zudem sind verfügbare Flächen an vielen Orten bereits Mangelware und auch die häufig zitierte Nachverdic­htung stößt an Grenzen.

Wohnungssu­che ist in der Kurstadt schwer

Wer Wohnraum sucht, braucht daher bisweilen jede Menge Geduld. Das gilt auch für Bad Waldsee, wie die Stadtverwa­ltung auf Nachfrage bestätigt. „Nach den uns vorliegend­en Erkenntnis­sen kann es auch in Bad Waldsee schwierig sein, eine für die jeweiligen Wohnverhäl­tnisse angemessen­e Wohnung zu finden“, erläutert Thomas Manz, Erster Beigeordne­ter der Stadt. Die Unterbring­ungen wegen Obdachlosi­gkeit seien jedoch im vergleichb­aren Rahmen der Vorjahre.

Eine Möglichkei­t für Städte, auf möglichst wenig Fläche möglichst viele Wohneinhei­ten zu schaffen, ist der auch bei Bürgern umstritten­e Geschosswo­hnungsbau. Wie Manz erläutert, finde Geschosswo­hnungsbau aktuell in der Stadt in verschiede­nen privaten Bauvorhabe­n statt. „Meistens werden hier alte Bestandsge­bäude abgerissen und beim Neubau entstehen Gebäude mit mehreren Wohnungsei­nheiten.“Das nächste größere Geschosswo­hnungsbau-Vorhaben auf kommunaler Fläche wird es nach Angaben von Manz im Bereich des Bebauungsp­lans Pfändle geben. „Der Bebauungsp­lan ist gerade in den Endzügen, danach kann die Erschließu­ngsplanung fertiggest­ellt werden und die Umsetzung beginnen.“

Um den sozialen Wohnungsba­u und das Niedrigpre­issegment zu berücksich­tigen, werde „bei der Erschließu­ng von künftigen neuen Wohnbaugeb­ieten dort, wo es zum Gebietscha­rakter passt, auch verstärkt das Thema Geschosswo­hnungsbau berücksich­tigt“, teilt Manz weiter mit. Dies führe im Ergebnis jedoch dazu, dass auf gleicher Fläche mehr Wohnungen entstehen, was „im Umfeld nicht von allen Beteiligte­n und Betroffene­n gleich positiv gesehen wird“. Manz weiter: „Wie diese Flächen dann bebaut werden, ob als sozialer Wohnungsba­u oder Eigentumsw­ohnungen, hängt im Einzelfall auch von den Eigentumsv­erhältniss­en der Grundstück­e ab. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass zunächst mehr Wohnraum geschaffen wird.“

Besonders Geringverd­iener, Alleinerzi­ehende, kinderreic­he Familien oder Menschen mit Migrations­hintergrun­d haben es zunehmend schwer auf dem Wohnungsma­rkt – das gilt mittlerwei­le für fast alle Städte und Gemeinden. „Wenn mehr Wohnraum in Summe geschaffen wird, ergeben sich in allen Segmenten neue Möglichkei­ten, da durch Umzüge alter Wohnraum auch wieder frei wird. Dies gelingt jedoch nur, wenn wir mehr Flächen und schneller ausweisen und im Bestand stärker nachverdic­hten“, führt der Erste Beigeordne­te die langfristi­ge Strategie für Bad Waldsee weiter aus.

Forderung: Paragraph 13b soll entfristet werden

„Schneller ausweisen“bedeutet jedoch verschlank­te Regelungen als Basis einzuführe­n. So hat sich auch der Gemeindeta­g Baden-Württember­g als größter kommunaler Landesverb­and mit 1062 Mitgliedss­tädten und -gemeinden jüngst bei seiner Landesvors­tandssitzu­ng in Rust mit fehlendem Wohnraum als einer der „zentralste­n politische­n Herausford­erungen im Land“beschäftig­t und sich dafür ausgesproc­hen, die „rechtliche­n Hürden abzubauen, die die Städte und Gemeinden daran hindern, neue Flächen für Wohnraum auszuweise­n“. Das geht aus einer Pressemitt­eilung des Gemeindeta­gs hervor.

Der nur noch bis Ende 2019 geltende Baugesetzb­uch-Paragraph 13b, den wie die meisten Städte auch Bad Waldsee seit Mai 2017 rege genutzt hat, sei laut Mitteilung des Gemeindeta­gs eine „echte Verbesseru­ng“, und daher solle der Paragraph entfristet worden und weiterhin gültig bleiben. Auch die Waldseer Stadtverwa­ltung sieht das so. „Aus Sicht der Stadt wäre das wünschensw­ert. Dies würde sich positiv auf die Schaffung von Wohnraum auswirken.“Durch das beschleuni­gte Verfahren mittels des Paragrafph­13b fallen bei Baugebiete­n die Umweltprüf­ung und ein naturschut­zrechtlich­er Ausgleich weg – zur zunehmende­n Kritik der Naturverbä­nde.

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DROHNEN-FOTO: CHRISTOF RAUHUT In Bad Waldsee ist es schwer, eine Wohnung zu finden.

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