Waldsee setzt auf Geschosswohnungsbau
Erster Beigeordneter Thomas Manz: „Es muss mehr Wohnraum geschaffen werden“
BAD WALDSEE - Städte landauf und landab sehen sich bei der Schaffung von ausreichend Wohnraum vor immer größere Herausforderungen gestellt. Steigende Bevölkerungszahlen, immer knapper werdende Flächen und eine Vielzahl an rechtlichen Vorgaben machen den Wohnungsbau stetig komplexer und komplizierter. Gleichzeitig wird der Druck auf den Wohnungsmarkt immer größer, besonders im Niedrigpreissegment. So ist bezahlbarer Wohnraum in Oberschwaben immer schwerer zu finden. Auch in Bad Waldsee macht sich die Wohnungsnot zunehmend bemerkbar.
Wenn es um die Schaffung von Wohnraum geht, müssen heutzutage zahlreiche Gesichtspunkte berücksichtigt werden – seien es artenschutzrechtliche Untersuchungen, die Wohnungsbau zeitlich verzögern oder sogar verhindern können, vorgeschriebene Ausgleichsmaßnamen, Brandschutz-Vorgaben oder die weiteren zahlreichen Regelungen der Landesbauordnung wie beispielsweise zu Fahrradabstellplätzen oder Fassadenbegrünung. Bauverfahren können in der heutigen Zeit eine sehr lange Zeit in Anspruch nehmen. Zudem sind verfügbare Flächen an vielen Orten bereits Mangelware und auch die häufig zitierte Nachverdichtung stößt an Grenzen.
Wohnungssuche ist in der Kurstadt schwer
Wer Wohnraum sucht, braucht daher bisweilen jede Menge Geduld. Das gilt auch für Bad Waldsee, wie die Stadtverwaltung auf Nachfrage bestätigt. „Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen kann es auch in Bad Waldsee schwierig sein, eine für die jeweiligen Wohnverhältnisse angemessene Wohnung zu finden“, erläutert Thomas Manz, Erster Beigeordneter der Stadt. Die Unterbringungen wegen Obdachlosigkeit seien jedoch im vergleichbaren Rahmen der Vorjahre.
Eine Möglichkeit für Städte, auf möglichst wenig Fläche möglichst viele Wohneinheiten zu schaffen, ist der auch bei Bürgern umstrittene Geschosswohnungsbau. Wie Manz erläutert, finde Geschosswohnungsbau aktuell in der Stadt in verschiedenen privaten Bauvorhaben statt. „Meistens werden hier alte Bestandsgebäude abgerissen und beim Neubau entstehen Gebäude mit mehreren Wohnungseinheiten.“Das nächste größere Geschosswohnungsbau-Vorhaben auf kommunaler Fläche wird es nach Angaben von Manz im Bereich des Bebauungsplans Pfändle geben. „Der Bebauungsplan ist gerade in den Endzügen, danach kann die Erschließungsplanung fertiggestellt werden und die Umsetzung beginnen.“
Um den sozialen Wohnungsbau und das Niedrigpreissegment zu berücksichtigen, werde „bei der Erschließung von künftigen neuen Wohnbaugebieten dort, wo es zum Gebietscharakter passt, auch verstärkt das Thema Geschosswohnungsbau berücksichtigt“, teilt Manz weiter mit. Dies führe im Ergebnis jedoch dazu, dass auf gleicher Fläche mehr Wohnungen entstehen, was „im Umfeld nicht von allen Beteiligten und Betroffenen gleich positiv gesehen wird“. Manz weiter: „Wie diese Flächen dann bebaut werden, ob als sozialer Wohnungsbau oder Eigentumswohnungen, hängt im Einzelfall auch von den Eigentumsverhältnissen der Grundstücke ab. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass zunächst mehr Wohnraum geschaffen wird.“
Besonders Geringverdiener, Alleinerziehende, kinderreiche Familien oder Menschen mit Migrationshintergrund haben es zunehmend schwer auf dem Wohnungsmarkt – das gilt mittlerweile für fast alle Städte und Gemeinden. „Wenn mehr Wohnraum in Summe geschaffen wird, ergeben sich in allen Segmenten neue Möglichkeiten, da durch Umzüge alter Wohnraum auch wieder frei wird. Dies gelingt jedoch nur, wenn wir mehr Flächen und schneller ausweisen und im Bestand stärker nachverdichten“, führt der Erste Beigeordnete die langfristige Strategie für Bad Waldsee weiter aus.
Forderung: Paragraph 13b soll entfristet werden
„Schneller ausweisen“bedeutet jedoch verschlankte Regelungen als Basis einzuführen. So hat sich auch der Gemeindetag Baden-Württemberg als größter kommunaler Landesverband mit 1062 Mitgliedsstädten und -gemeinden jüngst bei seiner Landesvorstandssitzung in Rust mit fehlendem Wohnraum als einer der „zentralsten politischen Herausforderungen im Land“beschäftigt und sich dafür ausgesprochen, die „rechtlichen Hürden abzubauen, die die Städte und Gemeinden daran hindern, neue Flächen für Wohnraum auszuweisen“. Das geht aus einer Pressemitteilung des Gemeindetags hervor.
Der nur noch bis Ende 2019 geltende Baugesetzbuch-Paragraph 13b, den wie die meisten Städte auch Bad Waldsee seit Mai 2017 rege genutzt hat, sei laut Mitteilung des Gemeindetags eine „echte Verbesserung“, und daher solle der Paragraph entfristet worden und weiterhin gültig bleiben. Auch die Waldseer Stadtverwaltung sieht das so. „Aus Sicht der Stadt wäre das wünschenswert. Dies würde sich positiv auf die Schaffung von Wohnraum auswirken.“Durch das beschleunigte Verfahren mittels des Paragrafph13b fallen bei Baugebieten die Umweltprüfung und ein naturschutzrechtlicher Ausgleich weg – zur zunehmenden Kritik der Naturverbände.