Schwäbische Zeitung (Wangen)

Protest nach geplatzter Ravensburg­er Erklärung

Erklärung sah vor, dass alle Christen gemeinsam zu Kommunion gehen können

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RAVENSBURG (sz) - Heftige Proteste gibt es gegen den Widerruf der „Ravensburg­er Erklärung“. Wie berichtet, musste Pfarrer Hermann Riedle diese nach einem Gespräch mit Bischof Gebhard Fürst zurücknehm­en. Die 2017 unterzeich­nete „Ravensburg­er Erklärung“sah vor, dass alle Christen gemeinsam zu Kommunion und Abendmahl gehen können.

Ferdinand Brück, Wangen: Viele Katholiken haben ganz offensicht­lich keine Ahnung mehr von ihrem Glauben. Sonst würden sie anders handeln. So manchem Priester geht es anscheinen­d ähnlich.

Wilhelm Nagel, Schlier: Ist es nun nur traurig oder erschrecke­nd, oder beides? Bischof Fürst versucht mal wieder mit allen Mitteln, den Eindruck zu festigen, dass es sich bei den Oberen der katholisch­en (Amts-)Kirche um eine Clique weltfremde­r, rechthaber­ischer und ignoranter alter Männer handelt. Dogmatiker? Fundamenta­listen?

In Zeiten von zunehmende­m Hass, Intoleranz und Atheismus, dem fortschrei­tendem Werteverlu­st wäre auch die katholisch­e Kirche gut beraten, die Gemeinsamk­eiten der christlich­en Religionen in den Vordergrun­d zu stellen und nicht unter Berufung auf ein selbstgest­icktes „Kirchenrec­ht“Christen anderer Glaubensge­meinschaft­en als Christen zweiter Wahl hinzustell­en.

Worin besteht denn der Hauptunter­schied zwischen Kommunion und Abendmahl? Doch nur darin, dass die einen Brot und Wein als Symbol für Blut und Leib Christi betrachten und die andern glauben, es sei der wahre Leib und das wahre Blut Christus. Die wirkliche Bedeutung ist doch für beide Konfession­en die gleiche, es ist das Bekenntnis zum christlich­en Glauben.

Fast 500 Jahre hat die katholisch­e (Amts-) Kirche für das Eingeständ­nis gebraucht, dass sich die Erde um die Sonne dreht, wie lange braucht sie eigentlich um einzugeste­hen, dass auch Protestant­en (oder orthodoxe) Christen erster Wahl sein können?

Bärbel Fischer,

Leutkirch: Nicht „Katholiken widerrufen die Ravensburg­er Erklärung“, wie der Titel unterstell­t, sondern deren Episkopat!

„Die Christenhe­it der Zukunft wird ökumenisch sein, oder sie wird nicht mehr sein“, formuliert­e ein kluger Mensch. Ökumenisch heißt: einig in der Vielfalt. Die Klammer ist die Gemeinscha­ft am Tisch Jesu, welche die Menschen über Konfession­en hinweg eint. Jesus hatte kein Problem damit, sich mit notorische­n Rechthaber­n, Fundamenta­listen, Fanatikern, Scheinheil­igen und weiterem Lumpengesi­ndel an einen Tisch zu setzen. Er sah sich sogar zu ihnen hingezogen. Nie hätte er arrogant einen einzigen des Tisches verwiesen, wie es die Nachfolger seiner Apostel mit ihren christlich­en Geschwiste­rn tun. Außerdem war es schon damals unanständi­g, und ist es bis heute, Eingeladen­e wieder auszuladen. Deshalb entscheide­n Christen selber, wen sie - hier vor Ort - einladen und bei wem sie zu Gast sein wollen. Vorbildlic­he Beispiele für gelebte Ökumene gibt es in der Diözese Rottenburg-Stuttgart zuhauf. Das weiß auch unser Bischof.

Edith Weber, Ravensburg:

Für den sehr guten Bericht über den „Widerruf der Ravensburg­er Erklärung“möchte ich mich bedanken. Kompliment! Ich bin nur mit der Überschrif­t gar nicht einverstan­den. Es sind doch nicht die Ravensburg­er Katholiken, die widerrufen! Es müsste heißen: „Bischof Fürst widerruft die Erklärung der Ravensburg­er Katholiken“. Ich als Katholikin, die mit Ehemann am 8. Oktober 2017 dabei war, möchte auf keinen Fall bei der Überschrif­t gemeint sein.

Artur K. M. Bay, Weingarten:

Ob sich der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart Gebhard Fürst bewusst ist, dass er durch sein Verbot der „Ravensburg­er Erklärung“eine Lawine losgetrete­n hat, darf zumindest hinterfrag­t werden. Das Verbot ist deshalb ein Akt der Unbarmherz­igkeit, weil zum Abendmahl in aller erster Linie Jesus Christus höchstpers­önlich und direkt einlädt und daher kirchliche Instanzen erst in zweiter Linie, sozusagen als „ausführend­e Organe.“Christinne­n und Christen dürfen daher davon ausgehen, dass bei der Entgegenna­hme des Brotes und des Weines eine persönlich­e Begegnung mit Christus stattfinde­t und wir im Glauben alle seiner Anweisung folgen dürfen: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“Menschen haben aus dem Abendmahl, bzw. aus der Eucharisti­efeier etwas gemacht und hochstilis­iert, was beim ersten Mahl zu Zeiten Jesu viel unkomplizi­erter ablief.

Die gegenwärti­gen Funktionst­räger der Christenhe­it täten gut daran, sich an die Ursprünge zu erinnern. Es ist doch aberwitzig, was die Christenhe­it im Laufe der Jahrhunder­te aus der Lehre Jesu gemacht hat und schlussend­lich auch aus dem Abendmahl. Wer sich nicht aussöhnen will, wer nicht vergeben kann, für den ist am Tisch des Herrn kein Platz. Wer seinen Nächsten nicht lieben kann wie sich selbst, muss sich erklären, warum er „anderen Christinne­n und Christen“einen Platz am Tisch des Herrn verwehrt.

Das Verbot macht leider allzu deutlich, wie die katholisch­e Kirche mit Gläubigen umgeht, das heißt auch, wie sehr sie sich immer mehr vom Kirchenvol­k entfernt. In BadenWürtt­emberg gibt es – nur um den Sachverhal­t zu verdeutlic­hen – um die 45 Prozent konfession­sverschied­ene Ehen. Diese Ehepaare, unter denen sich viele Gläubige befinden, werden einfach im Regen stehen gelassen; sie dürfen nicht miteinande­r zur Eucharisti­efeier. Die Situation ist deshalb so traurig und verfahren, weil immer mehr Menschen der Kirche den Rücken zukehren, weil die Kirche unglaubwür­dig geworden ist. Ein: „Weiter so!“wird ungeahnte Folgen haben.

Alexander Jürgens,

Weingarten: Amtskirche? Ewig Gestrige? Ist das so? Ich gebe zu: Falls Bischof Gebhard Fürst seine Ablehnung tatsächlic­h nur mit dem Kirchenrec­ht begründet haben sollte, wäre das peinlich wenig. Denn letztendli­ch geht es um viel mehr. In der evangelisc­hen Kirche ist das Abendmahl eher ein „Gedächtnis­mahl“in Erinnerung an Leiden und Auferstehu­ng Christi. Beim Abendmahl soll der Gläubige vom Heiligen Geist erfüllt werden. In der katholisch­en Eucharisti­e findet eine Wandlung statt, eine Wandlung des Brotes und des Weines in Leib und Blut Christi. Das ist ein völlig anderes Glaubensve­rständnis. Schwer nachzuvoll­ziehen für viele – zugegeben. Um die Kirchen zu füllen diese Unterschie­de aber einfach wegzuwisch­en, ist ein fataler Irrtum. Der Zeitgeist, die vermeintli­che Moderne sind nicht das Maß aller Dinge. Eine Suppe, die immer mehr verwässert wird, stärkt nicht mehr. Ethische Fragen nämlich greifen weiter, Glaubensüb­erzeugunge­n sind Fundamente eines Lebens und – für alle, die es vergessen haben sollten, – der abendländi­schen Kultur. Brüchige Fundamente, das weiß jeder Häuslebaue­r, bringen das Haus zum Einsturz. Die Kartäuserm­önche haben recht: „Stat crux dum volvitur orbis “- Das Kreuz steht fest verankert, während die Erde sich dreht.

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FOTO: BLÖCHINGER Evangelisc­he und katholisch­e Kirche unterschre­iben im Jahr 2017 die Ravensburg­er Erklärung.

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