„Ich habe dort viele Freunde gefunden“
Fraternität der Behinderten feiert 40-jähriges Bestehen - Bei Festakt wird deutlich, was sie schon alles bewegt hat
WANGEN - „Freude am Leben – auch wenn manches schwerer ist“: Seit 40 Jahren ist die Fraternität der Behinderten diesem Motto treu geblieben. Das ist am Samstag im Gemeindezentrum von Sankt Ulrich gefeiert worden. Der Saal platzte aus allen Nähten, denn es waren alle gekommen, die der Fraternität nahestehen: Die vielen Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung, die Jubilare der Fraternität, die Lebenshilfe Wangen-Isny, die Gallushilfe, die Gruppe der Gehörlosen, die Gruppe aus Sankt Konrad/Haslach, die Rollstuhltänzer aus Isny und dazu die Vertreter der Kirche und der Stadt Wangen. Von allen Seiten gab es viele Dankesworte, und dabei stand auch ein Wunsch für die Zukunft der Fraternität im Mittelpunkt: „Dass das helle Licht der Fraternität nicht ausgehen möge!“
40 Jahre sind vergangen, seit sich die ersten Rollstuhlfahrer und Körperbehinderten in Wangen zusammenfanden. Die Gruppe hat sich in den vier Jahrzehnten etabliert. Sie trifft sich ein- bis zweimal monatlich, rund 15 mal im Jahr. Ein Mitglied fasst seine Erfahrungen so zusammen: „Die Fraternität ist für mich wichtig geworden: Ich habe dort viele Freunde gefunden, und ich schätze das Verständnis füreinander in der Gruppe.“
Für Christine Sontheim, die seit Beginn – zusammen mit ihrem Ehemann Bruno – die Fraternität mit großem Engagement begleitet, soll der 40. Geburtstag ein „Fest all derer sein, die es in ihrem Leben durch eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung schwer haben.“In ihrem Grußwort dankte sie all denen, die die Fraternität tatkräftig und wohlwollend unterstützt haben. Das „Wangemer Duo“mit Bruno Sontheim (Gitarre) und Rudi Keller (Akkordeon), das den Nachmittag musikalisch gestaltete, brachte den Dank so zum Ausdruck: „Sag Dankeschön mit roten Rosen“.
Schutzengel in menschlicher Gestalt
„Es ist wunderschön, dass es Sie gibt!“Mit diesen Worten bedankte sich Stadtpfarrer Pfarrer Claus Blessing bei allen Verantwortlichen und Unterstützern der Fraternität. Man dürfe sehr stolz sein auf das Zurückliegende. In seinem geistlichen Impuls verglich er die „Menschwerdung der göttlichen Schutzengel“mit den Menschen, die trösten, Kraft geben, die die Treue schätzen. Menschen hätten die Begabung, Boten Gottes und somit Schutzengel in menschlicher Gestalt zu sein, um anderen zu helfen und sie zu begleiten – besonders in schweren Lebenssituationen.
Hans Jörg Leonhardt gratulierte der Fraternität im Namen der Stadt Wangen für den selbstlosen Dienst. Sein besonderer Dank galt Christine Sontheim: „Ohne Sie wäre das alles nicht möglich gewesen!“Die wichtige Arbeit, die von der Bevölkerung oft nur bedingt wahrgenommen werde, diene der gegenseitigen Unterstützung, der Stärkung des Selbstvertrauens und der Solidarität. Die Gruppe, die 1978 ins Leben gerufen wurde, sei schnell gewachsen, und habe mit ihrem Programm einen „wahren Blumenstrauß von Themenfeldern“angeboten.
Altbürgermeister Gerd Locher, der fast 30 Jahre bei jeder Weihnachtsfeier der Fraternität dabei war, spürte hier stets das gute Miteinander und die Anteilnahme, wenn es jemandem schlecht ging. Er lobte das große Engagement und das Organisationstalent des Ehepaars Sontheim. Und er versprach: „Wir sehen uns bei der nächsten Weihnachtsfeier wieder!“Nach einer eindrucksvollen Stepptanz-Darbietung der Gruppe Tip Tap To wandte sich Pfarrer Adalbert Wiedemann, der die Fraternität jahrzehntelang seelsorgerlich begleitet hat, mit bewegenden Worten an die Menschen mit einer Behinderung und an die, die sie begleiten: „Ich verbeuge mich tief vor allen ,die mir nahegekommen sind und die ich begleiten durfte.“Dabei zitierte er aus dem Buch „Die Erfindung des Lebens“, in dem ein junger Mensch seine schweren Erfahrungen mit schweren körperlichen Einschränkungen verarbeitet.
„Hut ab!“hieß es bei dem Tanz, den die Rollstuhltanzgruppe „Futures“aus Isny aufführte. Danach ließ Bruno Sontheim in einem Dia-Rückblick nochmals die vergangenen vier Jahrzehnte lebendig werden. „Es gibt fast nichts, wo wir nicht schon gewesen sind“, meinte er im Hinblick auf die zahlreichen Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung. Auch die vielen Führungen mit Alt-OB Jörg Leist bleiben für viele ein unvergessliches Erlebnis. „Für uns Helfer sind die strahlenden Gesichter unserer Behinderten immer der größte Dank!“