Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Ich habe dort viele Freunde gefunden“

Fraternitä­t der Behinderte­n feiert 40-jähriges Bestehen - Bei Festakt wird deutlich, was sie schon alles bewegt hat

- Von Edgar Rohmert

WANGEN - „Freude am Leben – auch wenn manches schwerer ist“: Seit 40 Jahren ist die Fraternitä­t der Behinderte­n diesem Motto treu geblieben. Das ist am Samstag im Gemeindeze­ntrum von Sankt Ulrich gefeiert worden. Der Saal platzte aus allen Nähten, denn es waren alle gekommen, die der Fraternitä­t nahestehen: Die vielen Menschen mit einer körperlich­en oder geistigen Behinderun­g, die Jubilare der Fraternitä­t, die Lebenshilf­e Wangen-Isny, die Gallushilf­e, die Gruppe der Gehörlosen, die Gruppe aus Sankt Konrad/Haslach, die Rollstuhlt­änzer aus Isny und dazu die Vertreter der Kirche und der Stadt Wangen. Von allen Seiten gab es viele Dankeswort­e, und dabei stand auch ein Wunsch für die Zukunft der Fraternitä­t im Mittelpunk­t: „Dass das helle Licht der Fraternitä­t nicht ausgehen möge!“

40 Jahre sind vergangen, seit sich die ersten Rollstuhlf­ahrer und Körperbehi­nderten in Wangen zusammenfa­nden. Die Gruppe hat sich in den vier Jahrzehnte­n etabliert. Sie trifft sich ein- bis zweimal monatlich, rund 15 mal im Jahr. Ein Mitglied fasst seine Erfahrunge­n so zusammen: „Die Fraternitä­t ist für mich wichtig geworden: Ich habe dort viele Freunde gefunden, und ich schätze das Verständni­s füreinande­r in der Gruppe.“

Für Christine Sontheim, die seit Beginn – zusammen mit ihrem Ehemann Bruno – die Fraternitä­t mit großem Engagement begleitet, soll der 40. Geburtstag ein „Fest all derer sein, die es in ihrem Leben durch eine körperlich­e oder geistige Beeinträch­tigung schwer haben.“In ihrem Grußwort dankte sie all denen, die die Fraternitä­t tatkräftig und wohlwollen­d unterstütz­t haben. Das „Wangemer Duo“mit Bruno Sontheim (Gitarre) und Rudi Keller (Akkordeon), das den Nachmittag musikalisc­h gestaltete, brachte den Dank so zum Ausdruck: „Sag Dankeschön mit roten Rosen“.

Schutzenge­l in menschlich­er Gestalt

„Es ist wunderschö­n, dass es Sie gibt!“Mit diesen Worten bedankte sich Stadtpfarr­er Pfarrer Claus Blessing bei allen Verantwort­lichen und Unterstütz­ern der Fraternitä­t. Man dürfe sehr stolz sein auf das Zurücklieg­ende. In seinem geistliche­n Impuls verglich er die „Menschwerd­ung der göttlichen Schutzenge­l“mit den Menschen, die trösten, Kraft geben, die die Treue schätzen. Menschen hätten die Begabung, Boten Gottes und somit Schutzenge­l in menschlich­er Gestalt zu sein, um anderen zu helfen und sie zu begleiten – besonders in schweren Lebenssitu­ationen.

Hans Jörg Leonhardt gratuliert­e der Fraternitä­t im Namen der Stadt Wangen für den selbstlose­n Dienst. Sein besonderer Dank galt Christine Sontheim: „Ohne Sie wäre das alles nicht möglich gewesen!“Die wichtige Arbeit, die von der Bevölkerun­g oft nur bedingt wahrgenomm­en werde, diene der gegenseiti­gen Unterstütz­ung, der Stärkung des Selbstvert­rauens und der Solidaritä­t. Die Gruppe, die 1978 ins Leben gerufen wurde, sei schnell gewachsen, und habe mit ihrem Programm einen „wahren Blumenstra­uß von Themenfeld­ern“angeboten.

Altbürgerm­eister Gerd Locher, der fast 30 Jahre bei jeder Weihnachts­feier der Fraternitä­t dabei war, spürte hier stets das gute Miteinande­r und die Anteilnahm­e, wenn es jemandem schlecht ging. Er lobte das große Engagement und das Organisati­onstalent des Ehepaars Sontheim. Und er versprach: „Wir sehen uns bei der nächsten Weihnachts­feier wieder!“Nach einer eindrucksv­ollen Stepptanz-Darbietung der Gruppe Tip Tap To wandte sich Pfarrer Adalbert Wiedemann, der die Fraternitä­t jahrzehnte­lang seelsorger­lich begleitet hat, mit bewegenden Worten an die Menschen mit einer Behinderun­g und an die, die sie begleiten: „Ich verbeuge mich tief vor allen ,die mir nahegekomm­en sind und die ich begleiten durfte.“Dabei zitierte er aus dem Buch „Die Erfindung des Lebens“, in dem ein junger Mensch seine schweren Erfahrunge­n mit schweren körperlich­en Einschränk­ungen verarbeite­t.

„Hut ab!“hieß es bei dem Tanz, den die Rollstuhlt­anzgruppe „Futures“aus Isny aufführte. Danach ließ Bruno Sontheim in einem Dia-Rückblick nochmals die vergangene­n vier Jahrzehnte lebendig werden. „Es gibt fast nichts, wo wir nicht schon gewesen sind“, meinte er im Hinblick auf die zahlreiche­n Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung. Auch die vielen Führungen mit Alt-OB Jörg Leist bleiben für viele ein unvergessl­iches Erlebnis. „Für uns Helfer sind die strahlende­n Gesichter unserer Behinderte­n immer der größte Dank!“

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FOTO: ROHM 40 Jahre sind vergangen, seit sich die ersten Rollstuhlf­ahrer und Körperbehi­nderten in Wangen zusammenfa­nden. Das wurde jetzt gefeiert.

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