Schwäbische Zeitung (Wangen)

Leise rieselt der Schnee aufs Käppele

Tannhausen­er Kapelle St. Josef ist in einer Schneekuge­l verewigt worden

- Von Sybille Glatz

TANNHAUSEN - Seit gut zehn Monaten hat der Aulendorfe­r Ortsteil Tannhausen etwas mit den Hauptstädt­en Europas und seinen berühmten Sehenswürd­igkeiten gemeinsam. Wie das Kolosseum in Rom oder das Riesenrad in Wien wurde auch das „Tannhausen­er Käppele“als Souvenir verewigt – und zwar in einer Schneekuge­l.

Schüttelt man die Schneekuge­l, rieseln künstliche Schneefloc­ken und Glitzer auf die Kapelle St. Josef in Tannhausen. „Man sieht unser Käppele in der Schneekuge­l aus zwei Richtungen: einmal, wenn man in den Ort reinfährt, und einmal, wenn man rausfährt“, erklärt Annabel Munding.

Das erste Bild zeigt die Kapelle von vorne vor einem strahlend blauen Himmel, das zweite von hinten im Gegenlicht. Munding hat die Bilder von der Kapelle geschossen, ihr Mann Bernd Munding machte die Schneekuge­ln. Dafür verwendete er Schneekuge­l-Rohlinge, die er im Internet bestellte.

Hohe Nachfrage

Auf dem Tannhausen­er Weihnachts­markt im Dezember vergangene­n Jahres boten sie die Schneekuge­ln zum ersten Mal zum Verkauf an. Die erste Auflage war sehr überschaub­ar: Zehn Stück hatte Bernd Munding gefertigt. Diese waren nach kurzer Zeit ausverkauf­t.

Die Nachfrage überrascht­e ihn und seine Frau: „Wir waren beide völlig perplex. Die haben uns die Bude eingerannt“, erzählt er. „Eine von den ersten Schneekuge­ln ging gleich nach Kanada.“Seither hat er weitere Schneekuge­ln hergestell­t und verkauft. Insgesamt 25 Stück. Bei gerade einmal 770 Einwohnern in Tannhausen eine beachtlich­e Zahl. Die Nachfrage ist immer noch da.

„Auch auf dem Dorffest wurden wir gefragt: ‚Schneekuge­ln habt ihr keine da?‘“, erzählt Annabel Munding. Zusammen mit ihrem Mann hatte sie auf dem Fest im Juli einen Postkarten­Schreibser­vice angeboten. Wer wollte, konnte gegen eine Spende eine Postkarte mit Tannhausen-Motiv schreiben und verschicke­n lassen. Der Erlös kam dem Verein „Dorfgemein­schaft Tannhausen“zugute. Neben der Schneekuge­l sei die Postkarte das zweite Produkt im „Tannhausen-Programm“seines kleinen Verlages Flaming Parrot, erklärt der Informatik­er Bernd Munding.

Im Verlagspro­gramm finden sich darüber hinaus die Bücher, die er geschriebe­n hat. Auf der Internetse­ite des Verlages (www.flamingpar­rot.de) kann man die Schneekuge­ln online bestellen. Sechs Euro kostet eine. „Man kann aber auch bei uns klingeln oder anrufen“, sagt Bernd Munding lachend. „Innerhalb des Ortes liefern wir kostenlos und sind schneller als Amazon.“

Der Ursprung für die Tannhausen­er Schneekuge­l liegt in einer anderen Schneekuge­l. Als Kind besaß Annabel Munding eine Schneekuge­l mit Delfin, ein Mitbringse­l von der Nordsee. „Das war mein liebstes Spielzeug“, sagt sie.

Als Erwachsene wollte sie auch wieder eine Schneekuge­l haben. „Aber die meisten Schneekuge­ln, die man kaufen kann, sind hässlich“, sagt ihr Mann. Daher der Gedanke: „Wenn es nichts Gescheites gibt, machen wir es selber.“

Nicht nur bei seiner Frau, sondern auch bei den Kunden wecken die Schneekuge­ln Erinnerung­en an die Kindheit. „Eine Oma hat sich über die Schneekuge­l gefreut wie ein Kind“, erzählt Bernd Munding. „Omas sind oft die Adressaten unserer Kugeln.“Seine Frau ergänzt: „Viele sagen: ‚So eine ähnliche hab ich als Kind auch gehabt.‘“

Ein Stück Dorfidenti­tät

Die Tannhausen­er Schneekuge­l sei ein Stück Dorfidenti­tät, ein Stück Lokalpatri­otismus, meint Annabel Munding. „Und wenn ein Tannhausen­er ‚lokal‘ sagt, dann meint er Tannhausen und nicht etwa Aulendorf“, erklärt sie schmunzeln­d.

Dass die Wahl auf das „Käppele“als Motiv fiel, sei leicht zu erklären. „S’Käppele kennt jeder in Tannhausen, es ist ein Symbol, das Wahrzeiche­n für unseren Ort“, sagt sie – wie das Kolosseum für die Stadt Rom.

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FOTO: GLATZ Entzückt vom „Tannhausen­er Käppele“in Glitzer- und Schneegest­öber ist Annabel Munding.

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