Schwäbische Zeitung (Wangen)

Reform soll mehr Pfleger ans Krankenbet­t bringen

Das Pflegepers­onalstärku­ngsgesetz ist beschlosse­n, doch Kliniken müssen mit vielen Unbekannte­n kalkuliere­n

- Von Caroline Messick und unseren Agenturen

RAVENSBURG - Klinikpati­enten im Südwesten können bald mit mehr Pflegern am Krankenbet­t rechnen. Grund dafür sind zwei Reformen, auf die sich die Krankenhäu­ser derzeit vorbereite­n. Doch die Manager der Kliniken sehen noch viele ungeklärte Fragen.

Rechnen heißt es derzeit für die Krankenhäu­ser im Land. Die versuchen sich auf das einzustell­en, was in den kommenden Monaten auf sie zukommt: Das Pflegepers­onalstärku­ngsgesetz. „Es ist die größte Änderung seit der Einführung der Fallpausch­ale“, sagt Sebastian Wolf, Geschäftsf­ührer der Ravensburg­er Oberschwab­enklinik, über die anstehende­n Reformen. Die geplanten personelle­n und finanziell­en Neuerungen, die die Pflegesitu­ation der Krankenhäu­ser verbessern sollen, kämen einem Paradigmen­wechsel in der Krankenhau­sfinanzier­ung gleich – so viel steht für Wolf fest. Rätselrate­n ist jedoch bei der Umsetzung angesagt: „Was ins Pflegebudg­et reinkommt, ist bis jetzt unklar“, so Wolf.

13 000 Stellen für Altenheime

Auch im Bereich der Altenpfleg­e will der Bund für Entlastung sorgen: 13 000 Stellen sollen geschaffen werden, die sich hauptsächl­ich um die medizinisc­he Gesundheit­spflege kümmern sollen. Der Bundesverb­and privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) befürchtet jedoch, dass die groß angekündig­te Finanzieru­ng der zusätzlich­en Kräfte zur Luftnummer gerät. Bernd Meurer, Präsident des bpa, glaubt, dass sich die bestehende­n Personal- und Versorgung­sprobleme in der Altenpfleg­e mit dem Pflegepers­onalstärku­ngsgesetz sogar verschärfe­n werden: „Der Gesetzgebe­r nimmt eine nicht nachvollzi­ehbare Bevorzugun­g der Krankenhäu­ser vor. Dort wird jede zusätzlich­e und jede aufgestock­te Stelle finanziert, ohne dass auch nur ein einziger Patient belastet wird.“

Der Knackpunkt der Reform

Bei den Krankenhäu­sern bemisst sich die Anzahl der benötigten Pflegekräf­te in Zukunft an Untergrenz­en. Gleich zwei Reformen spielen dabei eine Rolle: zunächst die ab Januar 2019 geltende Personalun­tergrenze, die Spahns Vorgänger, Hermann Gröhe (CDU), eingeführt hatte. Nach dieser Reform sollen Kliniken für die vier pflegeinte­nsiven Bereiche Intensivme­dizin, Kardiologi­e, Unfallchir­urgie und Geriatrie eine Mindestanz­ahl an Pflegepers­onal vorweisen. Die Krankenhäu­ser rechnen momentan noch aus, wie viel zusätzlich­es Personal sie benötigen. Die Oberschwab­enklinik hat bereits erste Zahlen überschlag­en: „Nach derzeitige­m Leistungss­pektrum müssten wir sechs bis zehn Vollkräfte nachführen, um die Untergrenz­e in den Bereichen zu erreichen“, so Wolf.

Gröhes Untergrenz­enreform ist allerdings nur eine Zwischenlö­sung, denn im Jahr 2020 greift Spahns Pflegepers­onalstärku­ngsgesetz, das am Freitag vom Bundestag verabschie­det wurde. Hierbei sollen die Untergrenz­en auf sämtliche Pflegebere­iche in Krankenhäu­sern ausgeweite­t werden. Mit einem neuartigen Bemessungs­verfahren, das erst 2020 feststehen wird, soll dann das Verhältnis von Vollzeitpf­legekräfte­n zum Pflegeaufw­and weiter optimiert werden. Die Krankenhäu­ser in Deutschlan­d müssen sich dabei auf Sanktionen einstellen. Sollten in einer Klinik zu viele Patienten auf einen Pfleger kommen, sind Budgetkürz­ungen die Folge. Denn das Geld für das Pflegepers­onal kommt künftig von den Krankenkas­sen. Anders als jetzt müssen die Kliniken dann keinen Eigenantei­l mehr beisteuern.

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FOTO: DPA Pflegerin auf einer Intensivst­ation: Zwei gesetzlich­e Neuregelun­gen haben zum Ziel, dass in Kliniken mehr Pflegepers­onal bereitsteh­t.

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