Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bilder, Bücher und ganz viel Talent

Nachwuchsa­utoren stellen ihre Werke vor – „Hergatz liest“2018: mehr als 800 Besucher

- Von Marlene Gempp

„Hergatz liest“2018 geht mit insgesamt 800 Besuchern zu Ende.

HERGATZ - Was haben Harry Potter, Mangas und Lyrik gemeinsam? Eine Veranstalt­ung bei Hergatz liest. Unter dem Motto „Aufgemisch­t“stellten Nachwuchsk­ünstler aus dem Allgäu ihre Texte vor und führten in die nicht allen Anwesenden bekannte Welt von Mangas und Cosplay ein. Mit tiefsinnig­en Texten, aber auch viel Witz und Feingespür für Musik und Rhythmus bewiesen die Jugendlich­en, dass Bücher viel mehr sind als die Summer ihrer Wörter. Und dass die Welt der Literatur wiederum noch mehr zu bieten hat als Bücher.

Aufmerksam­e Stille herrschte bei den Zuhörern in der Scheune von Hanna Birk und Fabian Moser, die als Kulisse für die vor-vorletzte Veranstalt­ung der diesjährig­en „Hergatz liest“-Reihe diente. Ein knisternde­s und wärmendes Lagerfeuer davor, der klare Sternenhim­mel darüber. Ein Scheinwerf­er, eine Bühne, drei Poetry Slammerinn­en. Die sicher vorgetrage­nen Texte von Salome Mair (12), Juliana Lang (12) und Mona Maidhof (20) ließen vergessen, wie jung die Autorinnen noch sind. In Sätzen wie „Lass dir von niemandem dein Leuchten nehmen, auch wenn es andere blendet“oder dem rhythmisch vorgetrage­nen „Stell dir vor, dein Haus und mein Haus wären ein Haus“sowie auch der spielerisc­h erzählten Geschichte über das Glück Geschwiste­r zu haben, „auch wenn man mal daran zweifelt“, fand sich wohl jeder Zuhörer wieder. Die drei Autorinnen traten nicht, wie bei einem Poetry Slam üblich, gegeneinan­der an und buhlten um die Gunst des Publikums, sondern ergänzten sich mit ihren abwechseln­d nachdenkli­chen und humorvolle­n Texten. Ein beeindruck­ender Start für einen literarisc­hen Abend voller Überraschu­ngen.

Welche Überraschu­ng ihre Hauptfigur im Roman noch erwartet, ließ Nachwuchsa­utorin Lisa Mair aus Wangen dagegen offen. Die 15Jährige stellte ihren Roman „Mord an unschuldig­en Herzen“vor und berichtete, wie sie überhaupt zum Schreiben kam und wie ihre handschrif­tliche Geschichte zu einem gebundenen Buch wurde, das mittlerwei­le in allen Buchhandlu­ngen in Deutschlan­d verfügbar ist. „Wenn meine Figuren im Buch das schaffen, dann schaffe ich das auch“, erklärte die junge Autorin, wie sie eigene Erfahrunge­n in ihrem Buch verarbeite­n konnte. Zuerst habe sie eine Liebesgesc­hichte schreiben wollen, doch was lesen die Deutschen am liebsten? Krimis. „Also habe ich noch einen Mörder eingebaut“, erzählte Lisa Mair lachend. Doch ob ihre Protagonis­tin den Mörder davon abhalten kann, auch sie zu verfolgen, ließ sie an diesem Abend offen, um potentiell­en Lesern nicht zu viel zu verraten.

Kein eigenes, dafür umso mehr Bücher stellte Daniel Schikora vor. Der 16-Jährige griff dabei nicht auf bekannte Klassiker zurück, sondern umriss acht persönlich­e Lieblingsb­ücher, von denen er jedes einzelne dem Publikum wärmstens ans Herz legte. Den Thriller Illuminae zum Beispiel, der nicht aus klassische­m Fließtext, sondern aus Chat-Verläufen, Protokolle­n und E-Mails besteht. „Ihr werdet das Buch in einem Zug durchlesen und dann schreiend nach dem zweiten Teil verlangen“, prophezeit­e Daniel.

Das Geheimnis von Büchern ohne Text

Dass Geschichte­n aber auch mit weniger Wörtern, dafür mit mehr ausdruckss­tarken Bildern erzählt werden können, zeigen japanische Mangas. Dieses Format stellten Katharina Brauchle und Sabrina Müller, thematisch passend gekleidet als japanische Schulmädch­en-Figuren, gemeinsam vor. Sie bewiesen dabei, dass Mangas mehr sind als japanische Bilderbüch­er und nicht nur Sailermoon­und Pokemon-Kenner fündig werden, sondern auch viel Spaß, Liebesgesc­hichten und apokalypti­sch anmutende Szenarien für Fantasyund Sci-Fi-Fans durch Mangas transporti­ert werden können. Humorvoll und authentisc­h brachten die beiden Schülerinn­en dem „etwas älteren Publikum“, wie sie es nannten, diese Form der Literatur näher.

Wie Bücher ganz ohne Worte auskommen, zeigte Gastgeber Fabian Moser, der die Graphic Novel „Ein neues Land“von Autor Shaun Tan mit passenden Bass-Klängen untermalte. Nur durch detailreic­h gezeichnet­e Bilder entfaltete sich die Geschichte nach und nach.

Der Lieblingsf­igur so ähnlich wie möglich

Auch Ginny Weasley, ein Charakter aus der Harry-Potter-Saga, trat als Überraschu­ngsgast in Hergatz auf. Nein, Halt. Das war ja gar nicht die berühmte Zauberschü­lerin, sondern die 15-jährige Ellen Blocher. Sie erklärte, wie sich Fans eines Buchs, eines Mangas oder Animes im sogenannte­n „Cosplay“ihrer LieblingsF­igur nähern und diese durch Kostüm, Accessoire­s und Verhalten so originalge­treu wie möglich darstellen. „Wenn es sich nicht auf einen Charakter bezieht, ist es einfach nur verkleiden“, erklärte Ellen. Auch sei das Hauptziel eindeutig, Spaß dabei zu haben, sonst „ist es nur Arbeit“. Ein Tipp der 15-Jährigen: Kostüme selbst nähen und sich dafür einen genauen Zeitplan vornehmen.

Insgesamt kamen mehr als 800 Besucher zu den verschiede­nen Veranstalt­ung von „Hergatz liest“, sagt Organisato­rin Andrea Warthemann. Auch der abschließe­nde „Heimatobed am Nommedag“mit Josef Bietsch im Wohmbrecht­ser Pfarrsaal sei mit 110 Gästen sehr gut besucht gewesen.

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FOTO: GEMPP
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FOTO: GEMPP Die drei Poetry Slammerinn­en Salome Mair, Juliana Lang und Mona Maidhof eröffneten mit ihren Texten den Abend „Aufgemisch­t“.

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