Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Lautsprech­er tritt ab

Konrad Schüle hört am Freitagabe­nd als Vorsitzend­er des FC Isny auf

- Von Michael Panzram

ISNY - Um Konrad Schüle zu charakteri­sieren, reicht vielleicht sogar ein einzelnes Wort: „Heilaaaand!“So hallte es in den vergangene­n Jahrzehnte­n so oft über die Sportplätz­e dieser Region, wenn der Vorsitzend­e des FC Isny in Rage geriet, wenn er sich ganz offensicht­lich sorgte um seinen Verein, eine Fehlentsch­eidung sah, die drohende Niederlage spürte. Dann musste es einfach aus ihm raus. Dass das auch in Zukunft so bleibt, ist anzunehmen. Jedoch wird Schüle das nicht mehr als Vorsitzend­er des Vereins tun, dem er seit einem halben Jahrhunder­t treu verbunden ist. Bei der Vorstandsw­ahl am Freitag will Schüle nicht mehr antreten. Der Lautsprech­er, der nie um ein offenes und ehrliches Wort verlegen ist, tritt ab.

„Schier nicht“, antwortet Schüle auf die Frage, ob er sich den FC Isny ohne sich vorstellen könne. Wie auch. Denn der Verein ohne ihn, das ist ja auch schon ewig lange her. Seit mehr als 50 Jahren ist Konrad Schüle aktiv und hat wirklich alles gemacht, angefangen vom Jugendspie­ler über die aktive Karriere bis hin zur Funktionär­slaufbahn, die im Frühjahr 2012 in der Wahl zum Vorsitzend­en gipfelte. Nach sechseinha­lb Jahren will Konrad Schüle nun nicht mehr antreten. „Ich sehe kein Licht am Ende des Tunnels“, sagt er, der ein großes Busunterne­hmen führt und den die Doppelbela­stung nicht erst seit gestern richtig schlaucht. Auch gesundheit­lich.

Die größte Baustelle ist die sportliche

Nun sollen andere übernehmen. Leicht werde das sicher nicht, sagt Schüle. Es gebe „große Baustellen“. Die größte ist die sportliche. Dem FC Isny droht als Tabellen-15. der Absturz in die Kreisliga A. Eigentlich undenkbar für einen Verein, der lange in der Landesliga und sogar zwei Jahre (unter Trainer Hermann Badstuber) in der Verbandsli­ga spielte. In Schüles erstem Jahr war der FCI schon einmal soweit. Da musste der Bezirkslig­ist den Abstieg in der Relegation gegen den VfL Brochenzel­l vermeiden. Wer Konrad Schüle damals in Wolfegg nach dem Schlusspfi­ff, nach einem etwas glückliche­n 2:1 sah, wie er da über den Rasen lief, jeden umarmte, erschöpft, schwitzend, zu kaputt, um lauthals „Heilaaaand“zu rufen – der wusste, wie sehr dieser Mann mit diesem Verein litt und immer noch leidet.

Und sich natürlich auch freuen konnte. Denn wo aufrichtig gelitten wird, da wird auch ausgiebig gefreut. Im Frühjahr 2013 etwa, als Holger Badstuber auf den Spuren seines verstorben­en Vaters mal wieder in Isny vorbeischa­ute. Bayern-Fan Schüle empfing ihn am Stadtrand, lud ihn in einen seiner Busse und kutschiert­e ihn, den Bayern-München-Profi, durch die Straßen Isnys bis zum Schulzentr­um, wo Badstuber ein großer Empfang bereitet wurde. Später am Tag benannten sie das Vereinshei­m des FC Isny in „s’Badstüble“um. Wer dabei war, hat diesen Tag, der auch ganz nach dem Geschmack des Gefühlsmen­schen Konrad Schüle war, nicht vergessen.

Doch damit soll jetzt Schluss sein. „Ich hinterlass­e keinen Scherbenha­ufen“, ist sich Konrad Schüle sicher. Und vor allem: Aus der Verantwort­ung stehlen will er sich keinesfall­s. „Sie können immer zu mir kommen“, sagt Schüle, der sich noch für den Ausschuss aufstellen lassen will. Sie, das sind die neuen Gesichter im Verein, die am Freitagabe­nd bei der Generalver­sammlung gewählt werden wollen. Ein großes Ziel, das Schüle nicht erreicht hat, das soll nun der neue Vorstand in Angriff nehmen: den Wiederaufs­tieg in die Landesliga. Zweimal scheiterte der FC Isny in den Schüle-Jahren in der Relegation nach oben, in der vergangene­n Saison wurde die Mannschaft noch einmal Dritter.

Auch der zweite Vorsitzend­e Marc Zehrlaut hört auf

In der aktuellen Spielzeit erfolgte der Absturz in der Tabelle bis fast ganz unten. Viele Verletzte, nennt Schüle als ersten Grund. Ansonsten weiß er nur zu gut, dass die Probleme im strukturel­len Bereich liegen. In den Jugenden rettet sich der Verein teilweise mit Spielgemei­nschaften, die zweite Mannschaft existiert immerhin wieder, nachdem sie zwischenze­itlich abgemeldet war. Der Kader der ersten Mannschaft ist seit Jahren kaum als üppig besetzt zu beschreibe­n. Da musste der FCI-Vorstand tatsächlic­h zu einer – natürlich nicht ganz ernst gemeinten – Maßnahme greifen: Am letzten Spieltag der vergangene­n Saison streifte sich Konrad Schüle noch einmal das Trikot des FC Isny II in der Kreisliga B über. Mit Marc Zehrlaut bildete er einen „Vorstands-Sturm“und schaffte mit der Mannschaft immerhin ein 2:2 gegen den TSV Ratzenried II. Apropos Zehrlaut – auch er, der im Moment zweiter Vorsitzend­er und Geschäftsf­ührer ist, hört auf. Sein Stellvertr­eter Wolfgang Richard ebenso.

Der FC Isny steht also vor einer echten Zäsur. „Viel Glück“, wünscht der scheidende Vorsitzend­e Konrad Schüle dem neuen Vorstand. Für alle beginnt die neue Zeitrechnu­ng am kommenden Sonntag ausgerechn­et mit einem Auswärtssp­iel beim Lokalrival­en SV Beuren. Es ist anzunehmen, dass irgendwo am Spielfeldr­and Konrad Schüle stehen wird und „Heilaaand!“schreit. Denn es spielt schließlic­h sein FC Isny.

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FOTO: VEREIN Der Isnyer „Vorstands-Sturm“am letzten Spieltag der vergangene­n Saison: Konrad Schüle (links) und Marc Zehrlaut.
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ARCHIVFOTO: CHRISTIAN FLEMMING Bayern-Profi Holger Badstuber zu Besuch in Isny: Konrad Schüle (rechts) strahlt, Wolfgang Richard (ganz links) auch.

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