Der Lautsprecher tritt ab
Konrad Schüle hört am Freitagabend als Vorsitzender des FC Isny auf
ISNY - Um Konrad Schüle zu charakterisieren, reicht vielleicht sogar ein einzelnes Wort: „Heilaaaand!“So hallte es in den vergangenen Jahrzehnten so oft über die Sportplätze dieser Region, wenn der Vorsitzende des FC Isny in Rage geriet, wenn er sich ganz offensichtlich sorgte um seinen Verein, eine Fehlentscheidung sah, die drohende Niederlage spürte. Dann musste es einfach aus ihm raus. Dass das auch in Zukunft so bleibt, ist anzunehmen. Jedoch wird Schüle das nicht mehr als Vorsitzender des Vereins tun, dem er seit einem halben Jahrhundert treu verbunden ist. Bei der Vorstandswahl am Freitag will Schüle nicht mehr antreten. Der Lautsprecher, der nie um ein offenes und ehrliches Wort verlegen ist, tritt ab.
„Schier nicht“, antwortet Schüle auf die Frage, ob er sich den FC Isny ohne sich vorstellen könne. Wie auch. Denn der Verein ohne ihn, das ist ja auch schon ewig lange her. Seit mehr als 50 Jahren ist Konrad Schüle aktiv und hat wirklich alles gemacht, angefangen vom Jugendspieler über die aktive Karriere bis hin zur Funktionärslaufbahn, die im Frühjahr 2012 in der Wahl zum Vorsitzenden gipfelte. Nach sechseinhalb Jahren will Konrad Schüle nun nicht mehr antreten. „Ich sehe kein Licht am Ende des Tunnels“, sagt er, der ein großes Busunternehmen führt und den die Doppelbelastung nicht erst seit gestern richtig schlaucht. Auch gesundheitlich.
Die größte Baustelle ist die sportliche
Nun sollen andere übernehmen. Leicht werde das sicher nicht, sagt Schüle. Es gebe „große Baustellen“. Die größte ist die sportliche. Dem FC Isny droht als Tabellen-15. der Absturz in die Kreisliga A. Eigentlich undenkbar für einen Verein, der lange in der Landesliga und sogar zwei Jahre (unter Trainer Hermann Badstuber) in der Verbandsliga spielte. In Schüles erstem Jahr war der FCI schon einmal soweit. Da musste der Bezirksligist den Abstieg in der Relegation gegen den VfL Brochenzell vermeiden. Wer Konrad Schüle damals in Wolfegg nach dem Schlusspfiff, nach einem etwas glücklichen 2:1 sah, wie er da über den Rasen lief, jeden umarmte, erschöpft, schwitzend, zu kaputt, um lauthals „Heilaaaand“zu rufen – der wusste, wie sehr dieser Mann mit diesem Verein litt und immer noch leidet.
Und sich natürlich auch freuen konnte. Denn wo aufrichtig gelitten wird, da wird auch ausgiebig gefreut. Im Frühjahr 2013 etwa, als Holger Badstuber auf den Spuren seines verstorbenen Vaters mal wieder in Isny vorbeischaute. Bayern-Fan Schüle empfing ihn am Stadtrand, lud ihn in einen seiner Busse und kutschierte ihn, den Bayern-München-Profi, durch die Straßen Isnys bis zum Schulzentrum, wo Badstuber ein großer Empfang bereitet wurde. Später am Tag benannten sie das Vereinsheim des FC Isny in „s’Badstüble“um. Wer dabei war, hat diesen Tag, der auch ganz nach dem Geschmack des Gefühlsmenschen Konrad Schüle war, nicht vergessen.
Doch damit soll jetzt Schluss sein. „Ich hinterlasse keinen Scherbenhaufen“, ist sich Konrad Schüle sicher. Und vor allem: Aus der Verantwortung stehlen will er sich keinesfalls. „Sie können immer zu mir kommen“, sagt Schüle, der sich noch für den Ausschuss aufstellen lassen will. Sie, das sind die neuen Gesichter im Verein, die am Freitagabend bei der Generalversammlung gewählt werden wollen. Ein großes Ziel, das Schüle nicht erreicht hat, das soll nun der neue Vorstand in Angriff nehmen: den Wiederaufstieg in die Landesliga. Zweimal scheiterte der FC Isny in den Schüle-Jahren in der Relegation nach oben, in der vergangenen Saison wurde die Mannschaft noch einmal Dritter.
Auch der zweite Vorsitzende Marc Zehrlaut hört auf
In der aktuellen Spielzeit erfolgte der Absturz in der Tabelle bis fast ganz unten. Viele Verletzte, nennt Schüle als ersten Grund. Ansonsten weiß er nur zu gut, dass die Probleme im strukturellen Bereich liegen. In den Jugenden rettet sich der Verein teilweise mit Spielgemeinschaften, die zweite Mannschaft existiert immerhin wieder, nachdem sie zwischenzeitlich abgemeldet war. Der Kader der ersten Mannschaft ist seit Jahren kaum als üppig besetzt zu beschreiben. Da musste der FCI-Vorstand tatsächlich zu einer – natürlich nicht ganz ernst gemeinten – Maßnahme greifen: Am letzten Spieltag der vergangenen Saison streifte sich Konrad Schüle noch einmal das Trikot des FC Isny II in der Kreisliga B über. Mit Marc Zehrlaut bildete er einen „Vorstands-Sturm“und schaffte mit der Mannschaft immerhin ein 2:2 gegen den TSV Ratzenried II. Apropos Zehrlaut – auch er, der im Moment zweiter Vorsitzender und Geschäftsführer ist, hört auf. Sein Stellvertreter Wolfgang Richard ebenso.
Der FC Isny steht also vor einer echten Zäsur. „Viel Glück“, wünscht der scheidende Vorsitzende Konrad Schüle dem neuen Vorstand. Für alle beginnt die neue Zeitrechnung am kommenden Sonntag ausgerechnet mit einem Auswärtsspiel beim Lokalrivalen SV Beuren. Es ist anzunehmen, dass irgendwo am Spielfeldrand Konrad Schüle stehen wird und „Heilaaand!“schreit. Denn es spielt schließlich sein FC Isny.