Nur jeder fünfte ICE „voll funktionsfähig“
ARD-Bericht enthüllt Probleme – Bahnhof Merklingen wird zehn Millionen Euro teurer
BERLIN/STUTTGART (AFP/kab) Kaputte Toiletten, defekte Heizung oder Klimaanlagen: Bei der Deutschen Bahn sind einem Bericht des ARD-Magazins „Kontraste“zufolge nur 20 Prozent der ICE voll funktionsfähig. Grund ist vor allem fehlendes Personal, wie „Kontraste“unter Berufung auf interne Bahn-Dokumente am Donnerstag berichtete. Die Bahn, deren Aufsichtsrat am Donnerstag tagte, wollte sich zunächst nicht zu dem Bericht äußern.
Der Konzern kündigte an, er wolle die Wartung und Instandhaltung seiner Züge möglichst schnell verbessern. Dem Aufsichtsrat seien dazu „detaillierte und umfassende Vorschläge vorgelegt“worden, erklärte ein Sprecher. Die Bahn steht auch wegen vieler Verspätungen in der Kritik. Im Oktober kamen nur 71,8 Prozent der Intercity, Eurocity und ICE pünktlich an ihre Ziele.
In Baden-Württemberg wurde zudem am Donnerstag bekannt, dass der Bau des Bahnhofs Merklingen, der ursprünglich 43 Millionen Euro kosten sollte, deutlich teurer wird als geplant. Die Kosten des Projekt steigen um zehn Millionen Euro, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Donnerstag in Stuttgart. „Die Information ist wirklich ärgerlich und hat mich auch überrascht“, sagte Hermann. Auch die Bürgermeister von Merklingen und Laichingen reagierten überrascht.
STUTTGART (lsw) - Mit erheblichen Kostensenkungen im öffentlichen Nahverkehr will die Landesregierung mehr Menschen vom Auto in Busse und Bahnen im Südwesten locken. Mit der Tarifreform würden Tickets im Schnitt 25 Prozent billiger, im Einzelfall bis zu 50 Prozent, kündigte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Donnerstag bei der Vorstellung des neuen Baden-Württemberg-Tarifs an. Wenn man einen guten öffentlichen Nahverkehr machen wolle, müsse man Zonen und Automaten den Kampf ansagen, sagte Hermann.
Der neue BW-Tarif gilt im öffentlichen Nahverkehr landesweit vom 9. Dezember an. Mit den Tickets soll es möglich sein, über die Grenzen der 22 Verkehrsverbünde im Südwesten von A nach B zu gelangen, ohne in einem anderen Verbund ein neues Ticket lösen zu müssen. Die Fahrt mit dem Bus oder der Stadtbahn am Start- und Zielort wird im Ticket inbegriffen sein. Der neue Tarif gilt auf verbundübergreifenden Fahrten in allen Nahverkehrszügen – einschließlich S-Bahnen – und Regiobussen. Dadurch sollen die Tickets auch deutlich preiswerter werden. Das Land werde dafür 20 Millionen Euro jährlich bereitstellen, kündigte Hermann an.
Hermann sagte, man brauche eine Verkehrswende im Land hin zu nachhaltiger Mobilität. Die Preise im öffentlichen Verkehr seien zu hoch, der Ticketverkauf an Automaten unverständlich. Das alte System mit 22 Verbünden sei nicht mehr zeitgemäß.
Der neue Tarif wird in mehreren Stufen eingeführt. Ab 9. Dezember sind Einzelfahrscheine und Tageskarten an den Automaten und Verkaufsstellen der Eisenbahnunternehmen erhältlich. Bis 2021 ist geplant, auch Zeitkarten für verbundübergreifende Fahrten in den Tarif einzubeziehen.