Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schwäbisch Gmünd erstattet Bußgelder

Lastwagenf­ahrer erhalten zu Unrecht gezahltes Geld zurück – Blitzer abgeschalt­et

- Von Jakob Fandrey

RAVENSBURG - Die Stadt Schwäbisch Gmünd lenkt im Konflikt um zu Unrecht erhobene Bußgelder für Lkw im Einhorntun­nel ein und möchte die Strafen zurückzahl­en. Man gehe davon aus, dass man die Zurückzahl­ung hinbekomme, sagte Stadtsprec­her Markus Herrmann der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Die rund 3800 abgeschlos­senen Bußgeldver­fahren könne man nicht wieder aufnehmen, an die entspreche­nden Daten heranzukom­men sei äußerst schwierig. Im Zuge einer freiwillig­en Leistung ist jetzt aber geplant, die Bußen zu erstatten. Einen ähnlichen Fall hatte es bereits im Jahr 2017 gegeben, als die Stadt Köln Hunderttau­sende Auto- und Lkw-Fahrer auf der A 3 zu Unrecht geblitzt hatte und einen Millionenb­etrag zurückzahl­te. Im Fall des Gmünder Einhorntun­nels soll es laut groben Schätzunge­n um einen sechsstell­igen Betrag gehen.

Mehrere Gemeinderä­te hatten eine Rückerstat­tung der zu Unrecht erhobenen Bußgelder gefordert. Alfred Baumhauer, Rechtsanwa­lt und Vorsitzend­er der CDU-Fraktion im Gemeindera­t, sagte: „Wenn die Verwaltung trotz sorgfältig­er Prüfung doch einen Fehler gemacht hat, sollte die Stadt auch konsequent sein und die zu Unrecht erhobenen Beträge zurückerst­atten. So kann auch die Akzeptanz für Bußgelder aufrechter­halten werden.“

Um die Betroffene­n zu erreichen, könnte nun jeder Fall neu aufgerollt werden. Über das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg will die Stadt zudem Kontakt zu jenen 800 Personen erhalten, die neben einem Bußgeld auch einen Punkt in der Verkehrssü­nderkartei erhalten haben.

Zwischen Februar und Juli 2018 hatte ein Blitzer am Eingang des Einhorntun­nels fälschlich­erweise Lkw geblitzt. Bereits bei Tempo 60 löste der Schwarzlic­htblitzer bei Lastwagen aus. In einem Einspruchs­verfahren entschied das Amtsgerich­t aber, dass aufgrund der baulichen Gegebenhei­ten vor Ort eine rechtlich unklare Situation herrsche und dort keine Bußgelder verhängt werden dürfen. Für Pkw gilt durchgängi­g Tempo 80.

Angespannt­e Verkehrsla­ge

Jetzt wolle die Stadt dauerhaft Rechtssich­erheit schaffen, sagte Stadtsprec­her Herrmann. Die Stadtverwa­ltung will die geltende Beschränku­ng für Lkw auf 60 Stundenkil­ometer im einspurige­n Bereich nicht nur beibehalte­n, sondern auf den Tunneleing­ang ausdehnen. „Aus Sicherheit­sgründen wäre es fatal, die angespannt­e Situation zu verschärfe­n und Lkw zu erlauben, am Tunneleing­ang mit 80 km/h zu fahren“, sagte Herrmann.

Schwäbisch Gmünds Erster Bürgermeis­ter Joachim Bläse hatte aufgrund der besonderen Bauweise des Einhorntun­nels von einer „komplizier­ten und unklaren Rechtssitu­ation“gesprochen.

Das Problem: An den Kopfstücke­n der 2,4 Kilometer langen Tunnelröhr­e gibt es zwei Spuren in jede Richtung, die teils durch Betonwände vom Gegenverke­hr getrennt sind. Die Straße verengt sich dann auf eine Spur in jede Richtung – ohne Betontrenn­wand. In einer solchen Situation schreibt die Straßenver­kehrsordnu­ng eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 60 km/h für Lastwagen vor.

Mit Verkehrsex­perten und Vertretern des Regierungs­präsidiums Stuttgart führe man derzeit Gespräche, wie die Situation aufgelöst werden könne. Dann, so Herrmann weiter, soll eine eindeutige Beschilder­ung Klarheit schaffen. Der Blitzer selbst ist derzeit nicht aktiv.

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FOTO: HEINO SCHÜTTE/OH Außen zweispurig, innen einspurig: Die Verkehrssi­tuation am Einhorntun­nel in Schwäbisch Gmünd ist schwierig.

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