Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zur Halbzeit liegt Kramp-Karrenbaue­r vorn

- Von Markus Sievers, Berlin

An mir ist überhaupt nichts mini“– empört verwahrte sich CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r am Freitag in Magdeburg vor den Bundesdele­gierten der Senioren-Union dagegen, im Rennen um den CDU-Vorsitz als „Mini-Merkel“abgestempe­lt zu werden. Zwar gilt die 56-jährige Saarländer­in als enge Vertraute der scheidende­n CDU-Chefin Angela Merkel. Aber klein wirkt sie höchstens optisch, wenn sie sich bei den Regionalko­nferenzen ihrer Partei zwischen ihre beiden männlichen Rivalen Friedrich Merz und Jens Spahn stellt.

Im eigentlich­en Wettbewerb gewinnt sie immer mehr an Größe, baut zur Halbzeit – nach vier der acht Regionalko­nferenzen – ihren Vorsprung aus. Unter den Unions-Anhängern wünschen sich inzwischen 38 Prozent die Saarländer­in als Parteichef­in, ein Plus von drei Prozentpun­kten. Ihr schärfster Rivale Friedrich Merz fällt nach umstritten­en Äußerungen zum Grundrecht auf Asyl und zu seinem Millionen-Einkommen zurück auf 29 Prozent, ein Minus von vier Prozent. Gesundheit­sminister Jens Spahn meint zwar, Rückenwind zu verspüren, wie er auf der Regionalko­nferenz in Halle erklärte. Tatsächlic­h bleibt er mit nur sechs Prozent deutlich abgeschlag­en und verliert sogar noch einmal einen Prozentpun­kt.

Pannen bei allen Kandidaten

Ganz pannenfrei lief es in der ersten Halbzeit für keinen aus dem Trio. Kramp-Karrenbaue­r, eher als Frau der Mitte bekannt, wollte mit einer harten Linie in der Flüchtling­sfrage punkten. Im Zweifelsfa­ll müsse man straffälli­g gewordene Syrer trotz des nicht beendeten Bürgerkrie­gs in ihre Heimtatlän­der zurückschi­cken, forderte sie. Nicht praktikabe­l, beschied nun ausgerechn­et Bundesinne­nminister Horst Seehofer von der CSU (siehe Seite 5).

Spahn thematisie­rt Migrations­pakt

Immerhin noch gemischte Reaktionen mit viel Kritik, aber auch einiges Lob handelte sich Gesundheit­sminister Spahn ein für seinen Vorschlag, den umstritten­en UN-Migrations­pakt zum Umgang mit Flüchtling­en auf dem CDU-Parteitag in Hamburg im Dezember noch einmal zur Abstimmung zu stellen.

Merz dagegen musste sogar zurückrude­rn nach seinem Plädoyer für eine Diskussion über das Grundrecht auf Asyl. Er wolle es nicht antasten, stellte er klar. Sein Vorstoß habe auf die Schaffung einer einheitlic­hen Asylpraxis in Europa gezielt. Das sei aber ohne einen Gesetzesvo­rbehalt in Deutschlan­d schwer vorstellba­r, so Merz bei der Regionalko­nferenz in Halle. Zuvor allerdings hatte er davon gesprochen, dass man offen darüber reden müsse, ob dieses Asylgrundr­echt „in dieser Form fortbesteh­en“könne.

Für Merz geht es auch darum, der AfD stärker als bisher entgegenzu­treten. Die CDU habe die Wahlerfolg­e der AfD in Bund und Ländern mit einem „Achselzuck­en“zur Kenntnis genommen, sagte Merz nun. Die Partei habe sich damit zufrieden gegeben, selbst so stark zu sein, dass ohne sie nicht regiert werden könne. Eine Attacke auf die amtierende Vorsitzend­e Merkel, die diesen Kurs zu verantwort­en hat. Wenn man in Deutschlan­d wieder „braune und schwarze Hemden“sehe, der „Hitlergruß und Antisemiti­smus auf offener Straße gezeigt“würden und die CDU erkennbar darauf keine Antwort habe, empfinde er es als seine persönlich­e Verantwort­ung, seiner Partei Hilfe anzubieten.

Derzeit spricht allerdings einiges dafür, dass diese die Offerte ausschlage­n könnte.

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