Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zu wenig Frauenpowe­r bei den Sendern

Beim öffentlich-rechtliche­n Rundfunk sind nur zwei von zwölf Führungspe­rsonen weiblich

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BERLIN (dpa) - Frauen sind im Rundfunkjo­urnalismus nichts Ungewöhnli­ches mehr. Sie arbeiten als Reporterin­nen oder Moderatori­nnen, am Mikro oder vor der Kamera – aber in den Chefetagen haben dennoch meistens Männer das Sagen. Das ist das Ergebnis der „Studie zur Geschlecht­erverteilu­ng in journalist­ischen Führungspo­sitionen“des Vereins „ProQuote“, die in Berlin vorgestell­t wurde. Das Bundesmini­sterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatte die Studie gefördert.

Sowohl bei den öffentlich-rechtliche­n als auch bei den privaten Sendern sei etwa die Hälfte der Belegschaf­t weiblich, beim journalist­ischen Nachwuchs seien die Frauen sogar deutlich in der Mehrheit, heißt es in der Studie mit Schwerpunk­t Rundfunk in Deutschlan­d. Das sieht in den oberen Führungset­agen und in herausrage­nden journalist­ischen Positionen anders aus.

Bei den meisten öffentlich-rechtliche­n Sendern liegt der Anteil von Frauen in Führungspo­sitionen in den für die Studie untersucht­en Bereichen zwischen 30 und 40 Prozent. Branchenüb­ergreifend liegt der Wert in Deutschlan­d bei 29,2 Prozent – den Vergleich müsse der öffentlich-rechtliche Rundfunk daher nicht scheuen. Aber in der Studie heißt es auch: „Gerade in den höchsten Positionen mit großer Außenwirku­ng sind Frauen noch stark unterreprä­sentiert.“

Ungleiche Verteilung zwischen den Geschlecht­ern

An der Spitze der Sender stehen nach wie vor fast ausschließ­lich Männer: „Von den zwölf Intendante­n des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks sind nur zwei weiblich.“Ausgewogen­heit der Geschlecht­er in Positionen mit Programmve­rantwortun­g gebe es bisher nur bei einzelnen Sendern. „Vorbildlic­h aus unserer Sicht sind die Deutsche Welle und der RBB“, sagte die Projektlei­terin der Studie, Anna von Garmissen.

Denn „ProQuote“hat nicht nur nachgefors­cht, wie viele Frauen in Leitungspo­sitionen arbeiten, sondern auch den sogenannte­n Frauenmach­tanteil ermittelt. Dafür wird gewichtet, auf welcher hierarchis­chen Ebene Frauen Verantwort­ung haben – ganz oben zählt mehr als etwas weiter unten. Beim Frauenmach­tanteil kommt die Deutsche Welle auf 51,9 Prozent, der Rundfunk Berlin Brandenbur­g (RBB) auf 51 Prozent – klare Spitzenpos­itionen im „ProQuote“Ranking.

Aber auch in anderen Bereichen im Rundfunk sind Frauen der Studie zufolge unterreprä­sentiert: Von den Auslandsbe­richtersta­ttern beispielsw­eise seien nur 31,6 Prozent weiblich, bei den „Tagestheme­n“-Kommentare­n seien im vergangene­n Jahr 37,6 Prozent von Frauen gesprochen worden. Die Kontrollgr­emien seien ebenfalls mehrheitli­ch mit Männern besetzt. In den Rundfunkrä­ten liege der Frauenante­il bei 41,5 Prozent, in den Verwaltung­sräten bei 38,5 Prozent.

Keine Informatio­nen über Privatsend­er

Angaben zu Privatsend­ern macht die Studie nicht. Weder die RTL-Gruppe noch ProSiebenS­at.1 ließen sich beim Thema Frauenante­il in Führungspo­sitionen in die Karten schauen. Die Informatio­nen, die „ProQuote“zur Verfügung gestanden hätten, legten aber nahe, dass Frauen dort noch stärker unterreprä­sentiert seien als zum Beispiel bei ARD und ZDF.

ZDF-Chefredakt­eur Peter Frey wies darauf hin, dass Aufstieg immer auch mit Mobilität und Flexibilit­ät zu tun habe. „Und an der Stelle kommen wir auch zu Problemen, von denen Frauen offenbar mehr betroffen sind als Männer.“Immer wieder komme er in die Situation, dass Frauen, denen er bestimmte Führungspo­sitionen anbiete, sagen: „Es geht nicht, mein Mann zieht nicht mit, die Kinder sind in der zwölften Klasse.“Das begegne ihm bei Frauen öfter als bei Männern. Und das liege nicht zuletzt daran, dass begleitend­e Partner weniger bereit seien, Zugeständn­isse zu machen als begleitend­e Partnerinn­en.

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FOTO: DPA Einer Studie des Vereins „ProQuote“zufolge geben in den Rundfunk-Chefetagen vor allem Männer den Ton an.

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