Glaube, Kunst, Identität und eine Intention
Friedrich Hechelmann über die Gründe, die Marienkapelle im Isnyer Schloss zu erwerben
ISNY - Die Marienkapelle im Isnyer Schloss ist nicht leicht zu finden. Ihr Zugang liegt versteckt rechts des Altarraums der einstigen Klosterkirche St. Georg und Jakobus.
„Sie ist kaum bekannt und schwer zugänglich“, sagt Friedrich Hechelmann. Er nennt sie „ein erhaltenswertes Relikt“. Und: „Eins der schönsten barocken Kleinode im nördlichen Alpenraum.“Im August dieses Jahres hat der renommierte Isnyer Maler, Bildhauer, Buchillustrator und seit jüngster Zeit auch Autor der zwei „fantastischen Romane Manolito und Livia“die Marienkapelle gekauft.
„Ich habe sie privat übernommen, das hat sich einfach so gefügt“, erklärt Hechelmann, „jetzt trage ich die Lasten, kann damit kein Geld verdienen, der Kauf war reiner Idealismus, ich habe eine Beziehung zu altem Gemäuer und Sakralem.“Am Nordteil des Gebäudes veranlasste er umgehend Arbeiten, um das Mauerwerk trockenzulegen. Nach und nach will er den Innenraum restaurieren. Einzig konkretes Vorhaben bislang: „Ich möchte ein ordentliches Licht für die Ausleuchtung der hölzernen Kassettendecke und der Altäre.“
Nach und nach will er den Innenraum restaurieren, „auf jeden Fall keine Generalsanierung, wie es Kirche oder Staat machen würden, bei der fünf Architekten engagiert werden“. Kleine Schritte reichen ihm: „Die nächste Generation darf auch wieder was machen“, sagt Hechelmann und schmunzelt.
Stiftung ist nicht involviert
Wer das sein wird, steht in den Sternen, denn die „Stiftung Kunsthalle im Schloss Isny“, die seinen Namen als Zusatz, als „Marke“trägt, ist nicht involviert. Das zu betonen ist Hechelmann wichtig.
Gleichwohl: Im Vorgriff auf den für 2020 geplanten Einzug der städtischen Isnyer Museen in den ersten Stock der bisherigen Kunsthalle dehnt sich die Galerie in die Marienkapelle aus: An den Wänden der Empore, bisher nicht zugänglich und jetzt ein neuer Ausstellungsraum, hängen Bilder von Hechelmann mit christlicher Thematik, unter anderem Originale, die er für die illustrierte Ausgabe der Bibel gemalt hat.
Als Künstler, als Intellektueller, als Mensch, der sich Gedanken macht zum Zeitgeschehen, schätze er sich glücklich, einen Sakralraum nutzen zu können. „Ich liebe es!“, ruft Hechelmann aus. Er ist überzeugt: „Kirchen sind Stabilisatoren der Gesellschaft, sie sind wichtige kulturelle Hinterlassenschaften und schaffen die Identität, aus der wir gekommen sind“. Wenn im derzeitigen politischen Diskurs „schon Politiker bei der Frage zögern, was deutsche Identität ist“, sei die Marienkapelle im übertragenen Sinn die Möglichkeit einer Antwort: „Deutsche Identität ist für mich die Musik, Bach, Mendelssohn, Beethoven, Mozart, Maler wie Lucas Kranach, Caspar David Friedrich, Egon Schiele, die großen Architekten Balthasar Neumann und Lukas von Hildebrandt.“
Weil er als Deutscher – wie jeder Deutsche überhaupt – nur stolz sein könne auf etwas, das er selbst erschaffen hat, sei er als Maler „froh, dass ich dazugehöre“.
Von einer solchen Definition von Identität ist es für Hechelmann nicht weit zur Tradition des christlichen Glaubens, der sich in „seiner“Marienkapelle manifestiere: „Ich freue mich, dass sie so frequentiert wird, ich beobachte in ihr ein starkes Christentum, es ist froh, dass sie noch der Frömmigkeit dient, dass so viele Beladene herkommen und jeden Tag neue Kerzen anzünden, sie brennen Tag und Nacht“, beobachtet er aus seiner Wohnung im Schloss direkt neben dem kleinen Gotteshaus.
Ob derlei Bekundungen Überbleibsel der Marienwallfahrt sind, die einst zum Isnyer Kloster gehörte, kann Hechelmann ebenso nur vermuten wie deren Ursprung. Sie könnte sich entwickelt haben durch das Brandwunder beim großen Stadtbrand 1631.
Das Kloster brannte lichterloh, der Dachreiter der Kapelle, ein Türmchen, stürzte auf das gemauerte Gewölbe über dem Hochaltar, das aber standhielt. Die hölzerne Madonna aus dem Jahr 1420 blieb in den Flammen unversehrt, bis heute steht sie im Hauptaltar. Ab 1640 bauten die Isnyer Mönche die Marienkapelle wieder auf. Als das Kloster rund 150 Jahre später säkularisiert wurde, hängten die neuen Besitzer, die Fürstenfamilie von Quadt, die Bildnisse sämtlicher Äbte des 1096 gegründeten Benediktinerklosters in die Marienkapelle. „Die gehören gar nicht hier rein“, weiß Hechelmann.
Er will sie umhängen an ihre ursprünglichen Plätze in den Fluren und im Treppenhaus des Abthauses, das Hechelmann und Joseph Baschnegger nach 1999 aufwendig saniert haben.
Außerdem soll die Kunsthalle mit der Marienkapelle auch im Erdgeschoss direkt verbunden werden: Das Landesamt für Denkmalpflege habe dem Ansinnen zugestimmt, vom Eingangsbereich vor dem Refektorium einen Durchbruch zu schaffen. Eine doppelflüglige Glastüre soll sich künftig zum Gotteshaus öffnen, wenn Veranstaltungen in der Kunsthalle oder im Refektorium das anbieten.
Für die Teilnahme an der Führung am 25. November um 15 Uhr durch die Kunsthalle im Isnyer Schloss ist keine Anmeldung erforderlich. Der Eintritt beträgt zehn Euro (8,50 Euro ermäßigt).