Etliche Barrieren bleiben
Wo die Bahn die Bahnhöfe nicht für Reisende mit Rollstuhl oder Rollator umbaut
KEMPTEN/OBERALLGÄU - Das wird Senioren, Mütter mit Kinderwagen und Menschen, die schlecht zu Fuß sind oder mit Behinderungen leben, wenig freuen: Die Bahn erteilt der Hoffnung auf mehr barrierefreie Bahnhöfe in der Region eine Absage.
Unverständlich finden das Passanten bei einer Umfrage an Bahnhöfen. Theo Pezold sagt: „Seit ich einen Rollator brauche, sehe ich, wie wichtig Barrierefreiheit ist“, sagt der Senior. Ähnlich Karin Krause: Sie betont, dass die Menschen immer älter würden und der Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn gewünscht sei. Nur, wie soll das beim Zustand manches Bahnhofs und alter Züge klappen? „Behinderte tun sich grausig schwer“, sagt Hans-Joachim Krause.
„Ein weiterer barrierefreier Ausbau von Stationen ist für das Oberallgäu derzeit nicht vorgesehen“, teilte Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter für Bayern, in einem Brief an Landrat Anton Klotz mit. Also schlechte Karten für die Menschen etwa in Immenstadt und Sonthofen. Einzig in Oberstaufen und Sulzberg soll das Thema bis 2020 umgesetzt sein. Für den barrierefreien Ausbau des Hauptbahnhofs Kempten laufen Planungen. Die Bahn gibt aber keine Prognose zum Baubeginn.
Weiter scheibt Josel, dass Fachkollegen die von Klotz „angesprochene Vernachlässigung“bei Bahnübergängen nicht bestätigen. Auf der Strecke Kempten-PfrontenGrenze seien von 69 Übergängen nur 22 technisch gesichert. Um alle zu sichern, wären über 50 Millionen Euro nötig. Im Schnitt gebe es dort alle 490 Meter einen Übergang. Doch die Bereitschaft der Straßenbaulast-Träger, mit der DB Netz die Zahl der Bahnübergänge zu reduzieren, sei nicht besonders ausgeprägt, sagt Josel. Daher seien die meisten Initiativen nicht weiter verfolgt worden.
Für die 14 Bahnübergänge ohne technische Sicherung auf der Strecke Immenstadt-Oberstdorf arbeitet die DB Netz laut Josel intensiv an einer Verbesserung. Nur für zwei Übergänge sei mit der jeweiligen Kommune noch keine Lösung (Ersatz oder Auflassung) vereinbart. Landrat Klotz sieht es anders: Die Bahn lasse das Oberallgäu hängen, kritisierte er im Oberallgäuer Ausschuss für Kreisentwicklung.
Beispiel Fischen: Für drei Bahnübergänge südlich von Fischen läuft laut Josel das Planfeststellungsverfahren. Für drei Übergänge in Unterthalhofen und vier in Langenwang sei eine Variantenfestlegung erfolgt. Die Planrechtsverfahren für diese Maßnahmen könnten voraussichtlich 2019 eingeleitet werden. Da schwillt Landrat Klotz sozusagen der Kamm: Das hätte vor drei Jahren geschehen sollen, schimpft er, dass sich das so hinzieht.
Und an anderen Stellen: Für den Übergang im Norden von Altstädten habe man mit der Stadt Sont-hofen Varianten für eine Auflassung besprochen, schreibt Josel. Leider sei nicht entschieden, ob ein Vorschlag in Betracht kommt. Ebenfalls kein mit der Gemeinde abgestimmtes Konzept gibt es bei einem Feldweg-Übergang in Blaichach.
Klotz fordert, dass die Bahn bei den Übergängen Gas gibt. Das Thema müsse bis zur Ski-WM 2021 erledigt sein. Warum das wichtig ist? Nicht oder nicht ausreichend gesicherte Bahnübergänge verzögern jede Zugfahrt – was den Umstieg vom Auto in die Bahn weniger attraktiv macht. Dazu kommt, dass die alten Übergänge Autos, Radlern und Fußgängern keine sicheren Wege bieten und für Anwohner auch das ständige Pfeifen der Züge nicht gerade prickelnd ist. Unverständlich ist dem Landrat auch, dass die Bahn beim Thema Hybrid-Züge (kombinierte Diesel- und Batterie-Technik) abblockt. Demnach sagen DB-Verantwortliche, das gehe nicht. Klotz: „Es muss möglich sein, mit der Technik zusätzliche Züge zwischen Kempten und Oberstdorf aufs Gleis zu bringen und mehr Haltestellen zu schaffen.“
Eine Elektrifizierung der Strecke scheidet wohl aus, weil die Brücke der B 19-Auffahrt bei Thanners für einen Oberleitungsbau zu niedrig ist. Da müsste man das Gleis tiefer legen, was sündhaft teuer käme.
Am Hauptbahnhof Kempten gibt es eine Ein- und Ausstiegshilfe für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste. Anmeldung unter Telefon 01806 / 512512.