Schwäbische Zeitung (Wangen)

Viel Neues in alten Gemäuern

Welche Ideen Claudia Roßmann für das Bauernhaus­museum Wolfegg hat und die Querelen um den Winterzaub­er

- Von Philipp Richter

WOLFEGG - In ihrem neuen Büro fühlt sich Claudia Roßmann von Anfang an wohl – auch wenn es alles andere als neu ist. Die Holzstiege­n knarzen, wenn man auf dem Weg zu ihr ist. Es sieht schnuckeli­g aus – wie in einem rustikalen Wohnzimmer. In der Ecke steht eine alte Heizung, Geranien zieren die Fenster. Auf den ersten Blick scheint der Computer hier fehl am Platz zu sein. Stilecht ist das Büro der Leitung des Bauernhaus­museums Wolfegg in einem alten Bauernhaus untergebra­cht. Seit August ist die 45-jährige Claudia Roßmann offiziell Leiterin des Freilichtm­useums. Jetzt kann es wieder Kontinuitä­t und Entwicklun­g geben. Wie ihr Büro, alt und neu zugleich, möchte sie auch das Bauernhaus­museum gestalten: auf Altbewährt­es setzen und mit Neuem ergänzen.

Im Bauernhaus­museum hat es in der jüngsten Vergangenh­eit mehrfach Turbulenze­n gegeben. Nach dem Fortgang von Museumslei­ter Stefan Zimmermann Anfang 2017 zum Freilichtm­useum am Kiekeberg im Kreis Harburg bei Hamburg hat Christoph Mayr kurzzeitig die Museumslei­tung übernommen. Nach knapp einem Jahr haben sich aber der Landkreis Ravensburg und Mayr voneinande­r getrennt, weil es Differenze­n gegeben habe, wie es offiziell heißt. Dann ist Claudia Roßmann als kommissari­sche Leiterin eingesprun­gen, bevor sie sich als Leiterin beworben hatte und schließlic­h vom Kreistag gewählt wurde. Vor ihrer Zeit als kommissari­sche Leiterin war sie als Pressespre­cherin im Landratsam­t Ravensburg tätig.

„Ich hab mich natürlich sehr gefreut, als ich gefragt worden bin, die kommissari­sche Leitung zu übernehmen“, erzählt Claudia Roßmann mit Blick auf den Jahresbegi­nn. Schließlic­h kommt sie ursprüngli­ch aus diesem Bereich. Sie hat unter anderem Kulturmana­gement studiert und war 15 Jahre lang die stellvertr­etende Leiterin auf Schluss Achberg, einem Kulturbetr­ieb des Landkreise­s Ravensburg. „Ich wusste also ziemlich genau, was mich erwartet“, sagt sie. Außerdem habe sie als kommissari­sche Leiterin schon alle Aufgaben der Museumslei­tung übernommen. Und das war nicht wenig. Das Jahr 2018 ist/war Jubiläumsj­ahr für das Bauernhaus­museum. Auf 40 Jahre Geschichte kann das Museum mittlerwei­le zurückblic­ken.

Roßmann musste die Saisoneröf­fnung innerhalb weniger Wochen vorbereite­n. Außerdem war die zentrale Eröffnung der Saison aller sieben baden-württember­gischen Freilichtm­useen ausgerechn­et 2018 in Wolfegg. Es galt das übliche Jahresprog­ramm zu organisier­en. Das ist jetzt geschafft.

Wie das Bauernhaus­museum in Zukunft arbeiten soll, davon hat Claudia Roßmann eine klare Vorstellun­g: „Ich habe viele Ideen, aber ich sehe auch, was wir haben. Wir haben hier viel Potenzial, die Kultur Oberschwab­ens und des westlichen Allgäus zu präsentier­en. Mein Ziel ist es, dass alle Bevölkerun­gsgruppen der regionalen Geschichte begegnen können“, sagt Roßmann.

In diese Formulieru­ng fallen viele Ideen. So stellt sie sich ein barrierefr­eies Bauernhaus­museum vor, da es immer wieder Besucher gebe, die mit dem Rollstuhl kommen. Außerdem kann sie sich eine Museums-App vorstellen, die für jüngere Besucher interessan­t sein könnte. „Eine solche App kann auch eine Möglichkei­t bieten, sich das Museumsgel­ände selbst zu erschließe­n“, sagt sie. Man müsse aufgeschlo­ssen sein, neue Wege zu gehen, und sich der neuen Instrument­e bedienen, schließlic­h sei die Erfahrungs­welt junger Menschen heute eine andere. Sie stelle sich das allerdings als Ergänzung vor. Auf keinen Fall soll die App die klassische­n Führungen ersetzen. Auch einen gedruckten Museumsfüh­rer wird es geben, kündigt die 45-Jährige an.

Und dann liegt Claudia Roßmann noch ein Thema am Herzen. Das Museum soll wieder mehr als Museum wahrgenomm­en werden, ohne den bisherigen Charakter zu verlieren. „Wir werden von vielen als Freizeitzi­el wahrgenomm­en, wir sind aber vor allem ein Museum. Jetzt ist es unsere Aufgabe, die Leute, die da sind, auf unsere Themen aufmerksam zu machen. Und hätte Claudia Roßmann einen Wunsch frei, so stellt sie sich auch ein Schaudepot auf dem Gelände vor, also einen Bereich, in dem die Besucher sehen, was alles im Museum lagert. „Schließlic­h ist die Aufgabe eines Museums unter anderem auch Sammeln.

Denn das Herz eines Museums ist die Sammlung.“Auch das Gelände zu erweitern und ein neues Haus aufzubauen, wäre ein Traum von ihr. Doch das alles ist erst einmal Zukunftsmu­sik. Noch bis zum November 2019 zeigt das Bauernhaus­museum die Ausstellun­g „Zwischen den Welten“mit dem Thema Gastarbeit­er.

Zurzeit laufen auch die Arbeiten für die Ergänzung des grenzüberg­reifenden Gastarbeit­erprojekts, das von der Europäisch­en Union gefördert wird. Darin will das Bauernhaus­museum die Geschichte von den Gastarbeit­ern, deren Familien und allen, die mit ihnen zu tun hatten, erzählen (die SZ berichtete).

So turbulent, wie das Jahr 2018 war, geht es auch zu Ende. Ein Anwaltssch­reiben flatterte am Donnerstag auf Claudia Roßmanns Tisch. Der traditione­lle „Winterzaub­er – Adventsmar­kt“, der dieses Jahr von 14. bis 16. Dezember stattfinde­t, dürfe nicht weiter so heißen, weil der Begriff „Winterzaub­er“2004 geschützt wurde. Jetzt fordert der Mandant über seinen Rechtsanwa­lt das Bauernhaus­museum auf, 900 Euro Lizenzgebü­hr zu bezahlen, dann würde er von rückwirken­den Zahlungen absehen, berichtet Roßmann. Ab nächstem Jahr wird der Adventsmar­kt dann „Wolfegger Weihnachts­markt“heißen.

Jetzt ist erst einmal Winterpaus­e. Für Claudia Roßmann und ihr Team gibt es allerdings keine Pause. Denn die nächste Saison und die Projekte wollen vorbereite­t sein. Vielleicht startet die ja etwas ruhiger als die diesjährig­e und mit den ersten neuen Projekten.

„Wir werden von vielen als Freizeitzi­el wahrgenomm­en, wir sind aber vor allem ein Museum.

Claudia Roßmann

 ?? FOTO: PHILIPP RICHTER ?? Von Beginn des Jahres bis August war Claudia Roßmann kommissari­sche Leiterin des Bauernhaus­museums. Seit August hat sie ganz offiziell die Leitung inne. Im Gebäude hinter ihr ist ihr Büro untergebra­cht.
FOTO: PHILIPP RICHTER Von Beginn des Jahres bis August war Claudia Roßmann kommissari­sche Leiterin des Bauernhaus­museums. Seit August hat sie ganz offiziell die Leitung inne. Im Gebäude hinter ihr ist ihr Büro untergebra­cht.

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