Viel Neues in alten Gemäuern
Welche Ideen Claudia Roßmann für das Bauernhausmuseum Wolfegg hat und die Querelen um den Winterzauber
WOLFEGG - In ihrem neuen Büro fühlt sich Claudia Roßmann von Anfang an wohl – auch wenn es alles andere als neu ist. Die Holzstiegen knarzen, wenn man auf dem Weg zu ihr ist. Es sieht schnuckelig aus – wie in einem rustikalen Wohnzimmer. In der Ecke steht eine alte Heizung, Geranien zieren die Fenster. Auf den ersten Blick scheint der Computer hier fehl am Platz zu sein. Stilecht ist das Büro der Leitung des Bauernhausmuseums Wolfegg in einem alten Bauernhaus untergebracht. Seit August ist die 45-jährige Claudia Roßmann offiziell Leiterin des Freilichtmuseums. Jetzt kann es wieder Kontinuität und Entwicklung geben. Wie ihr Büro, alt und neu zugleich, möchte sie auch das Bauernhausmuseum gestalten: auf Altbewährtes setzen und mit Neuem ergänzen.
Im Bauernhausmuseum hat es in der jüngsten Vergangenheit mehrfach Turbulenzen gegeben. Nach dem Fortgang von Museumsleiter Stefan Zimmermann Anfang 2017 zum Freilichtmuseum am Kiekeberg im Kreis Harburg bei Hamburg hat Christoph Mayr kurzzeitig die Museumsleitung übernommen. Nach knapp einem Jahr haben sich aber der Landkreis Ravensburg und Mayr voneinander getrennt, weil es Differenzen gegeben habe, wie es offiziell heißt. Dann ist Claudia Roßmann als kommissarische Leiterin eingesprungen, bevor sie sich als Leiterin beworben hatte und schließlich vom Kreistag gewählt wurde. Vor ihrer Zeit als kommissarische Leiterin war sie als Pressesprecherin im Landratsamt Ravensburg tätig.
„Ich hab mich natürlich sehr gefreut, als ich gefragt worden bin, die kommissarische Leitung zu übernehmen“, erzählt Claudia Roßmann mit Blick auf den Jahresbeginn. Schließlich kommt sie ursprünglich aus diesem Bereich. Sie hat unter anderem Kulturmanagement studiert und war 15 Jahre lang die stellvertretende Leiterin auf Schluss Achberg, einem Kulturbetrieb des Landkreises Ravensburg. „Ich wusste also ziemlich genau, was mich erwartet“, sagt sie. Außerdem habe sie als kommissarische Leiterin schon alle Aufgaben der Museumsleitung übernommen. Und das war nicht wenig. Das Jahr 2018 ist/war Jubiläumsjahr für das Bauernhausmuseum. Auf 40 Jahre Geschichte kann das Museum mittlerweile zurückblicken.
Roßmann musste die Saisoneröffnung innerhalb weniger Wochen vorbereiten. Außerdem war die zentrale Eröffnung der Saison aller sieben baden-württembergischen Freilichtmuseen ausgerechnet 2018 in Wolfegg. Es galt das übliche Jahresprogramm zu organisieren. Das ist jetzt geschafft.
Wie das Bauernhausmuseum in Zukunft arbeiten soll, davon hat Claudia Roßmann eine klare Vorstellung: „Ich habe viele Ideen, aber ich sehe auch, was wir haben. Wir haben hier viel Potenzial, die Kultur Oberschwabens und des westlichen Allgäus zu präsentieren. Mein Ziel ist es, dass alle Bevölkerungsgruppen der regionalen Geschichte begegnen können“, sagt Roßmann.
In diese Formulierung fallen viele Ideen. So stellt sie sich ein barrierefreies Bauernhausmuseum vor, da es immer wieder Besucher gebe, die mit dem Rollstuhl kommen. Außerdem kann sie sich eine Museums-App vorstellen, die für jüngere Besucher interessant sein könnte. „Eine solche App kann auch eine Möglichkeit bieten, sich das Museumsgelände selbst zu erschließen“, sagt sie. Man müsse aufgeschlossen sein, neue Wege zu gehen, und sich der neuen Instrumente bedienen, schließlich sei die Erfahrungswelt junger Menschen heute eine andere. Sie stelle sich das allerdings als Ergänzung vor. Auf keinen Fall soll die App die klassischen Führungen ersetzen. Auch einen gedruckten Museumsführer wird es geben, kündigt die 45-Jährige an.
Und dann liegt Claudia Roßmann noch ein Thema am Herzen. Das Museum soll wieder mehr als Museum wahrgenommen werden, ohne den bisherigen Charakter zu verlieren. „Wir werden von vielen als Freizeitziel wahrgenommen, wir sind aber vor allem ein Museum. Jetzt ist es unsere Aufgabe, die Leute, die da sind, auf unsere Themen aufmerksam zu machen. Und hätte Claudia Roßmann einen Wunsch frei, so stellt sie sich auch ein Schaudepot auf dem Gelände vor, also einen Bereich, in dem die Besucher sehen, was alles im Museum lagert. „Schließlich ist die Aufgabe eines Museums unter anderem auch Sammeln.
Denn das Herz eines Museums ist die Sammlung.“Auch das Gelände zu erweitern und ein neues Haus aufzubauen, wäre ein Traum von ihr. Doch das alles ist erst einmal Zukunftsmusik. Noch bis zum November 2019 zeigt das Bauernhausmuseum die Ausstellung „Zwischen den Welten“mit dem Thema Gastarbeiter.
Zurzeit laufen auch die Arbeiten für die Ergänzung des grenzübergreifenden Gastarbeiterprojekts, das von der Europäischen Union gefördert wird. Darin will das Bauernhausmuseum die Geschichte von den Gastarbeitern, deren Familien und allen, die mit ihnen zu tun hatten, erzählen (die SZ berichtete).
So turbulent, wie das Jahr 2018 war, geht es auch zu Ende. Ein Anwaltsschreiben flatterte am Donnerstag auf Claudia Roßmanns Tisch. Der traditionelle „Winterzauber – Adventsmarkt“, der dieses Jahr von 14. bis 16. Dezember stattfindet, dürfe nicht weiter so heißen, weil der Begriff „Winterzauber“2004 geschützt wurde. Jetzt fordert der Mandant über seinen Rechtsanwalt das Bauernhausmuseum auf, 900 Euro Lizenzgebühr zu bezahlen, dann würde er von rückwirkenden Zahlungen absehen, berichtet Roßmann. Ab nächstem Jahr wird der Adventsmarkt dann „Wolfegger Weihnachtsmarkt“heißen.
Jetzt ist erst einmal Winterpause. Für Claudia Roßmann und ihr Team gibt es allerdings keine Pause. Denn die nächste Saison und die Projekte wollen vorbereitet sein. Vielleicht startet die ja etwas ruhiger als die diesjährige und mit den ersten neuen Projekten.
„Wir werden von vielen als Freizeitziel wahrgenommen, wir sind aber vor allem ein Museum.
Claudia Roßmann