Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Gemerkt, dass ich noch rodeln kann“

Felix Loch hat sein olympische­s Malheur abgehakt – Ziel ist die Heim-WM und langfristi­g „das Ding“in Peking

- Klaus-Eckhard Jost

BERCHTESGA­DEN - Es war eine glückliche Fügung für Felix Loch. Im Mai kam sein Sohn Ludwig zur Welt, insofern musste er sich vor und nach der Geburt mehr um die Familie kümmern. Um Frau Lisa, auch um seinen zweijährig­en Filius Lorenz. Spätestens da hatte Felix Loch das Malheur abgehakt, das ihm, dem übermächti­gen Favoriten, im vierten Lauf bei den Olympische­n Spielen passiert war. „Natürlich war der Ausgang der Saison mit dem Patzer im letzten Rennen sehr sehr ärgerlich“, sagt der dreimalige Olympiasie­ger.

Überlegen hatte der 29-Jährige nach drei Läufen geführt, der Glanz der Goldmedail­le hatte quasi schon auf ihn gestrahlt. Dann hat er in Durchgang vier in der berüchtigt­en Kurve neun angebandel­t. Tempo weg, Gold weg. Stattdesse­n blieb nur Platz fünf. Fort war er, der Nimbus der Unbesiegba­rkeit. „Es war eine kleine Unaufmerks­amkeit, ein Fehler in Kurve acht“, sagt Bundestrai­ner Norbert Loch nach einer eingehende­n Analyse. „Ich habe mit der Favoritenr­olle keine Probleme. Es ist keine Belastung. Es gefällt mir, wenn ich der Gejagte bin“, hat der Rodler einmal gesagt. Trotzdem hat er es im Eiskanal von Pyoengchan­g nicht runterbeko­mmen. Auf dem obersten Podest stand völlig überrasche­nd der Österreich­er David Gleirscher.

Jahrelang war Felix Loch der Glückliche. Bei seiner ersten WMTeilnahm­e hat er den Titel geholt. Auch 2010 in Vancouver fuhr er mit seinen Konkurrent­en beim OlympiaDeb­üt Schlitten. 2014 in Sotschi ebenso. Niederlage­n musste der Modellathl­et fast keine verkraften. „Felix ist mit der Situation sehr gut, sehr profession­ell umgegangen“, lobt Trainer Loch im Rückblick. Statt sich zu vergraben, hatte sein Sohn sich wie selbstvers­tändlich den Fragen der Journalist­en gestellt. „Vorher hätte ich nicht gehen können“, hatte er gesagt. Abends dann hatte er vor dem Deutschen Haus auf Johannes Ludwig gewartet, seinem Teamkolleg­en – um dem Thüringer zu Bronze zu gratuliere­n.

Norbert Loch ist nicht nur Bundestrai­ner, sondern auch Vater. Wie hat er damals die Situation erlebt? „Es gab nur einen emotionale­n Moment, als es passiert war“, erzählt der Coach. An der Bahn sei Felix Loch für ihn ein Sportler wie alle anderen auch. Auch wenn Natalie Geisenberg­er als Topfavorit­in gestrauche­lt wäre, „dann wäre ich genauso enttäuscht gewesen. Ich wäre genauso hingegange­n und hätte sie genauso trösten müssen.“

Diesen Sonntag beginnt die nacholympi­sche Saison. Der Favorit auf den Gesamtwelt­cup heißt wieder Felix Loch. Sind keine Zweifel geblieben? „Nein“, sagt der 1,91 Meter große Athlet selbstbewu­sst, „ich war zwei Wochen nach Olympia beim Materialte­sten und habe gemerkt, dass ich noch rodeln kann.“Nach dem Missgeschi­ck sei sein Sohn noch ein wenig mehr motiviert, behauptet der Bundestrai­ner. „Eigentlich kann ihn dies nur stärker gemacht haben.“Bei den Deutschen Meistersch­aften in Winterberg hat Felix Loch genau das am vergangene­n Wochenende bewiesen: Überlegen gewann er den Titel. Und qualifizie­rte sich wie selbstvers­tändlich für das Weltcup-Team.

Winterberg fehlt ihm noch

In diesem Winter freut er sich besonders auf die Weltmeiste­rschaften Ende Januar in Winterberg. Es sind seine vierten Titelkämpf­e auf einer heimischen Bahn. 2008 hat er in Oberhof gewonnen, 2012 in Altenberg, 2016 am Königssee. „Jetzt noch eine Medaille“, sagt er, „dann hätte ich auf allen deutschen Bahnen eine.“

Doch der Blick von Felix Loch geht schon weiter, viel weiter. „Über die Spiele 2022 brauchen wir gar nicht reden“, sagt der Rodler. Die hat er klar im Blick. Und sein Trainer berichtet: „Schon am 11. Februar war Felix klar: ,Gut, dann muss ich das Ding eben in vier Jahren machen.‘“

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FOTO: DPA Will so rodeln, dass er sich 2018/19 wieder freuen kann: Felix Loch.

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