Schwäbische Zeitung (Wangen)

Buchen im Reisebüro ist auch eine Frage des Vertrauens

Wer viel von sich preisgibt, hat gute Chancen auf die perfekte Reise

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OBERHAUSEN (dpa) - Ein Besuch in einem Reisebüro ist ein bisschen wie beim Arzt: Erst wenn der Reiseverkä­ufer die wichtigste­n Dinge abgefragt hat, kann sinnvoll beraten werden. Doch die Agentur-Kunden-Beziehung, die im Idealfall auf Vertrauen basiert, hat auch ihre Schattense­iten.

Ulrich Stein (Name von der Redaktion geändert) bucht nur im Reisebüro. Immer im selben. Und wenn möglich auch immer beim selben Veranstalt­er. Der Jurist ist 67 Jahre alt, verwitwet, die drei Kinder sind längst aus dem Haus. Mit dem Internet ist er nie warm geworden. Sein Computer zu Hause ist seit Jahren kaputt. Onlinebank­ing traut er nicht über den Weg. Sein Handy hat kein Touchdispl­ay. Die Rente ist ordentlich und reicht, um sich jedes Jahr mindestens zwei Reiseträum­e zu erfüllen, die Summen im Bereich eines kleinen Gebrauchtw­agens verschling­en. Für Ulrich Stein ist der Weg das Ziel. Nicht das Ankommen ist für ihn das Schönste, sondern das Unterwegss­ein. Je länger ein Flug, desto besser. Je strapaziös­er eine Zugreise, desto lieber erinnert er sich später an sie. Stundenlan­ge Wartezeite­n an großen Flughäfen: herrlich. Strandurla­ub und All-inclusive: der Horror. Nur zwei Dinge sind ihm wichtig: abends ein kühles Bier und eine deutschspr­achige Reiseleitu­ng.

Doch sind das nicht alles sehr persönlich­e, teils vertraulic­he Informatio­nen? „Wer in ein Reisebüro geht, sollte unbedingt auch bereit sein, viel Persönlich­es von sich preiszugeb­en“, sagt Hubert Filarsky. Der Inhaber eines Reisebüros ist seit 50 Jahren im Geschäft. Zwar gehe es auch bei Bank- und Versicheru­ngsgeschäf­ten um sehr individuel­le Angaben: „Aber ein Finanzbera­ter muss nicht wissen, ob jemand an Inkontinen­z leidet, Zugang zu lebensverl­ängernden Medikament­en haben muss oder ob Vorstrafen bestehen, die eine Visa-Ausstellun­g eventuell unmöglich machen“, so Filarsky.

„Zwar darf ein Reisebürom­itarbeiter nicht willkürlic­h personenbe­zogene Daten und Privates abfragen, aber bei Visa-Angelegenh­eiten und eventuell gesundheit­lichen Einschränk­ungen macht es Sinn“, sagt Katarzyna Trietz, Teamleiter­in Recht und Verbrauche­rschutz bei der Verbrauche­rzentrale. Dazu habe man mit dem Reisebüro einen persönlich­en Ansprechpa­rtner, „falls es später zu unvorherge­sehenen Problemen kommt“, so Trietz.

Für Filarsky ist klar: Die Reisebüro-Kunden-Beziehung ist eine besondere, weil sehr private. Tatsächlic­h betreten Kunden ein Reisebüro mit der Erwartungs­haltung, dieses mit dem Ticket für die schönste Zeit des Jahres wieder zu verlassen. Gewohnheit­en, Hobbys und Vorlieben müssen also auf den Tisch.

Auch Sascha Nitsche meint, „dass es in einem guten Reisebüro so ein bisschen wie beim Arzt ist“. Dieser mache auch am Anfang eine ausführlic­he Anamnese, um seinen Patienten genau kennenzule­rnen. „Genauso sollte sich ein gutes Reisebüro Zeit nehmen, um herausfind­en, welcher Urlaub am besten passt“, so der Geschäftsf­ührer der Solamento Reisen GmbH. „Nicht wenige Kunden kommen mit der Idee von einer Woche Mallorca zu uns – und gehen mit einer zehntägige­n Kreuzfahrt in den Norden aus der Tür.“

Über ein paar Dinge sollten sich Reisewilli­ge aber vor dem Betreten einer Reiseagent­ur doch im Klaren sein: Wo liegt meine finanziell­e Schmerzgre­nze? Mit wem verreise ich? Für welche Reiseform interessie­re ich mich zunächst einmal grundsätzl­ich? Habe ich Sonderwüns­che? Was völlig logisch klingt, stellt sich allerdings in der täglichen Praxis der Reisebüroa­rbeit nicht selten anders dar: „Wir erleben es immer wieder, dass wir Kunden zum genannten Reisetermi­n beraten haben, um dann zu hören, dass noch nicht einmal der Urlaubsant­rag gestellt ist“, erklärt Filarsky. Das sei nicht zuletzt deshalb ärgerlich, weil die Veranstalt­er heute meist mit tagesaktue­llen Preisen arbeiten, erklärt der Experte. Für die Planung einer etwas größeren Reise, für Rundreisen oder gar Exotischem rät der Touristike­r Urlaubern, vor dem Besuch folgende Dinge herauszusu­chen und am besten mitzubring­en: Reisepass, Impfauswei­s, bereits existieren­de Reiseversi­cherungen und Unterlagen wie Behinderte­nausweise. „Wenn wir das haben, können wir auch zu Anreise- und Parkmöglic­hkeiten, speziellen Hotelzimme­rn, passenden Ausflügen und eventuell noch sinnvollen Versicheru­ngen beraten“, sagt Filarsky.

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