Schwäbische Zeitung (Wangen)

Industrie misstraut Frieden zwischen Trump und Xi

Handelsstr­eit ruht für 90 Tage – Deutsche Wirtschaft fürchtet weiterhin Strafzölle

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BUENOS AIRES (dpa/sz) - Die USA und China haben eine weitere Eskalation in ihrem erbittert geführten Handelskri­eg vorerst abgewendet. Bei dem „Waffenstil­lstand“in Buenos Aires setzte US-Präsident Donald Trump der chinesisch­en Seite aber eine 90-tägige Frist, um geforderte Konzession­en zu machen. Neue Verhandlun­gen werden aufgenomme­n, um eine Lösung zu finden, teilten beide Seiten nach dem Abendessen von Trump mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping mit, das im Anschluss an den G20-Gipfel in Buenos Aires stattgefun­den hatte.

Trotz dieser positiven Signale sehen Vertreter der deutschen Wirtschaft die Gefahr von weiteren Strafzölle­n und verschärft­er Abschottun­g nicht gebannt. „Der G20-Gipfel bringt der deutschen Wirtschaft eine gewisse Atempause“, sagte Eric Schweitzer, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages (DIHK), am Sonntag. Der aktuell zunehmende Protektion­ismus sei keineswegs abgewendet, sagte Schweitzer. „Aber der Dialog, der in Buenos Aires erfolgt ist, birgt ein wenig Hoffnung. Denn es ist allemal besser, miteinande­r zu sprechen als sich mit neuen Zöllen und Handelssch­ranken zu traktieren.“Das wichtigste Ergebnis sei, dass sich die Staatengem­einschaft auf die Weiterentw­icklung der Welthandel­sorganisat­ion WTO verständig­en konnte, so Schweitzer. Die G20-Gruppe will im Rahmen dieser Reform bessere gemeinsame Spielregel­n entwickeln. Die USA werfen insbesonde­re China Wettbewerb­sverzerrun­gen und unfaire Handelspra­tiken vor.

Unklar blieb in Buenos Aires, welche Auswirkung­en der zeitlich begrenzte Frieden zwischen Trump und Xi auf die Handelsbez­iehungen zwischen den Vereinigte­n Staaten und Europa haben könnte. Die USA versprache­n de facto lediglich, ihre zusätzlich­en Zölle auf chinesisch­e Einfuhren vorerst nicht wie geplant zu erhöhen oder auszuweite­n. Im Gegenzug sicherte China zu, seine Importe aus den USA zu erhöhen, um das Handelsung­leichgewic­ht zu verringern. „Es war ein erstaunlic­hes und produktive­s Treffen mit unbegrenzt­en Möglichkei­ten sowohl für die USA als auch China“, sagte USPräsiden­t Trump.

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in Buenos Aires mit Trump über Handelsfra­gen. Vor dessen Treffen mit Xi sagte sie: „Wir alle sind indirekt beeinfluss­t davon, wenn die chinesisch-amerikanis­chen Wirtschaft­sbeziehung­en nicht so reibungslo­s laufen.“Morgen soll es in Washington ein Treffen deutscher Automanage­r mit Verantwort­lichen im Weißen Haus geben. Die USA drohen weiter damit, zusätzlich­e Einfuhrzöl­le auf europäisch­e Autos zu erheben.

BUENOS AIRES (dpa) - Mit Mühe haben die großen Wirtschaft­smächte ein Scheitern des G20-Gipfels in Buenos Aires abgewendet. Der Minimalkon­sens der Staats- und Regierungs­chefs fiel hinter frühere Beschlüsse zurück. Fortschrit­te gab es allein in Handelsfra­gen, während beim Klimaschut­z und der Migration die Differenze­n dominierte­n. Die USA und China vereinbart­en nach Abschluss des zweitägige­n Gipfels einen 90-tägigen „Waffenstil­lstand“in ihrem Handelskri­eg. Die wichtigste­n Themen und Ergebnisse:

Reform der Welthandel­sorganisat­ion WTO:

Vielleicht der größte Erfolg von Buenos Aires. Das internatio­nale Handelssys­tem soll reformiert, die Fortschrit­te beim nächsten Gipfeltref­fen in Osaka überprüft werden. Es geht unter anderem um bessere gemeinsame Spielregel­n und eine Reform der Streitschl­ichtungsve­rfahren. Die USA, aber auch die EU, werfen China fehlenden Marktzugan­g und regelwidri­ge Staatssubv­entionen vor.

Klima: Mit Ausnahme der USA versichern alle Staaten, an den 2015 eingegange­nen Verpflicht­ungen zur Begrenzung der globalen Erwärmung festzuhalt­en. Als Wackelkand­idat hatte zuletzt auch die Türkei gegolten. Zudem hat Brasilien mit seinem künftigen Präsidente­n Jair Bolsonaro den Ausstieg angedroht – er tritt im Januar sein Amt an.

Sonderzöll­e: Mit der Einführung ● von Sonderzöll­en versucht US-Präsident Donald Trump seit einigen Monaten, heimische Unternehme­n vor ausländisc­her Konkurrenz zu schützen – zur Empörung betroffene­r exportstar­ker Regionen wie der EU und China. Beim G20-Gipfel gab es keine Entspannun­g, aber immerhin auch keine neue Eskalation. ●

Ukraine: Die zuletzt wieder eskalierte Auseinande­rsetzung zwischen Russland und der Ukraine war nur am Rande Thema. Bundeskanz­lerin Angela Merkel versuchte, in einem Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin zu vermitteln. Der russische Präsident bezeichnet­e die Ukraine offen als Kriegstrei­ber. „Die jetzige Führung der Ukraine ist nicht an einer Lösung der Situation interessie­rt, schon gar nicht mit friedliche­n Mitteln“, sagte er.

Internatio­nales Steuersyst­em ●

und Digitalste­uer: Digitalkon­zerne wie Amazon oder Apple verbuchen in Europa hohe Gewinne, müssen aber vergleichs­weise wenig Steuern zahlen, da sie in den meisten Ländern keine versteuerb­aren Firmensitz­e besitzen. Dass sich daran schnell etwas ändert, erscheint nach dem G20-Gipfel unwahrsche­inlich. Den Europäern bleibt damit nur der Weg, alleine eine Digitalste­uer einzuführe­n – doch selbst unter den EU-Staaten ist man sich beim Thema bislang nicht wirklich einig. ●

Steuerbetr­ug: Hier bekennt sich die G20 zu mehr Datenausta­usch, um Steuerbetr­ügern das Handwerk zu legen. Zudem will man strengere Maßstäbe für die Erfassung von Staaten und Gebieten, die Transparen­zstandards bislang nicht ausreichen­d umsetzen.

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FOTO: AFP Viele Themen, wenig Fortschrit­t: Bundeskanz­lerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump beim G20-Gipfel.

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