Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Verwaltung ist künftig voll auf den OB zugeschnit­ten – zu sehr?

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Nun ist die berühmte Katze aus dem Sack: Die Wangener Stadtverwa­ltung wird neu aufgestell­t und viele Aufgaben werden anders verteilt. Ein wesentlich­er Punkt ist: Es gibt keinen direkten Nachfolger für den in den Ruhestand gegangenen Bürgermeis­ter Ulrich Mauch. Der Wegfall dieser Beigeordne­tenund OB-Stellvertr­eterstelle wird durch die Berufung von zwei Dezernente­n kompensier­t: Astrid Exo und Peter Ritter.

Bei – zumindest in der Verwaltung­sspitze – so tiefgreife­nden Veränderun­gen wie diesen stellen sich zwei Kernfragen: Macht die Strukturre­form Sinn? Und: Bestehen Gefahren möglicher Unwägbarke­iten? Zunächst: Durchaus plausibel klingt die Argumentat­ion von OB Michael Lang, den Abschied von Ulrich Mauch als Chance zur Veränderun­g zu ergreifen. Und ebenso stimmig erscheint, den gesamten Baubereich unter dem Dach eines Dezernats zusammenzu­fassen. Das war bislang so nicht der Fall und verspricht verbessert­e Abläufe und möglicherw­eise Synergien. Der Rathausche­f spricht sie selbst an und nennt das Beispiel der Elektriker, die in einem Team zusammenge­fasst werden sollen.

Ebenfalls nachvollzi­ehbar ist die personelle Besetzung der Spitze des neuen Baudezerna­ts: Durch Peter Ritter wurde sie mit jemandem besetzt, der bewiesen hat, das Fach zu beherrsche­n: durch seine sechsjähri­ge Tätigkeit als Wangener Tiefbauamt­sleiter ebenso wie auf Grund seiner sonstigen Vita. Sie weist ihn nicht nur akademisch, sondern durch seine Ausbildung als Betonund Stahlbeton­bauer auch als praktisch geschulten Fachmann aus.

Geschickt ist zudem der Schachzug des OB zu nennen, die bisherige Bauamtsche­fin Astrid Exo mit der Leitung der allgemeine­n Verwaltung zu betrauen. Zum einen, weil auch die Juristin auf Grund ihrer berufliche­n Erfahrunge­n grundsätzl­ich das dafür nötige Rüstzeug mitbringt. Zum anderen, weil es nicht wenige in der Stadt gibt, die sich jemanden „vom Bau für den Bau“gewünscht haben. Manche gar wieder einen klassische­n Stadtbaume­ister.

Und was das Dezernat des Oberbürger­meisters angeht, erscheint ebenfalls vieles logisch: Mit der Kämmerei bleibt die (finanzpoli­tische) Herzkammer der Stadtverwa­ltung unter dessen Fittichen. Gleiches gilt für den zum eigenen Amt aufgewerte­ten Zuständigk­eitsbereic­h für Wirtschaft, Kommunikat­ion und Öffentlich­keitsarbei­t – allein schon, weil ein Stadtoberh­aupt immer auch oberster Repräsenta­nt einer Kommune nach außen hin ist. Da passt es zudem, dass das ebenfalls mit großer Außenwirku­ng behaftete Gästeamt neu in Langs direkten Aufgabenbe­reich fällt.

Im Gegenzug gibt der Rathausche­f eine Reihe unmittelba­rer Zuständigk­eiten ab – vor allem den Baubereich, dessen Großteil bislang seinem Dezernat zugeschlag­en war. Das könnte ihn als – von seiner Amtsinterp­retation her – omnipräsen­ten Oberbürger­meister entlasten.

Gleichwohl werfen die neuen Strukturen Fragen auf: Bis Ende September konnte sich der Rathausche­f auf den stets zuverlässi­gen und loyalen Ulrich Mauch als direkten Stellvertr­eter im Hintergrun­d verlassen. Nachdem die Person bereits in den Ruhestand gegangen ist, entfällt jetzt auch die Funktion. Stattdesse­n werden die Aufgaben des OB-Stellvertr­eters nun aufgeteilt auf die künftigen Dezernente­n Astrid Exo und Peter Ritter sowie – was Langs Dezernat angeht – auf Kämmerin Yvonne Winder.

Allein deshalb bleibt offen, wer den OB in Gänze vertritt, sollte dieser einmal länger nicht seinen Amtsgeschä­ften nachgehen können. Denn dann kommen statt einer Person künftig drei zum Zuge – und bei repräsenta­tiven Aufgaben dazu noch die vier ehrenamtli­chen Stellvertr­eter des OB: die Fraktionsc­hefs Hans-Jörg Leonhardt, Ursula Loss, Tilman Schauwecke­r und Alwin Burth. Das birgt zwar nicht zwingend Konfliktpo­tenzial, wohl aber benötigt ein solches Konstrukt schon im Vorfeld jede Menge Abstimmung­sbedarf.

Unterm Strich ist in der neuen Verwaltung­sstruktur am Ende alles auf den Oberbürger­meister zugeschnit­ten. Die Frage lautet nur: zu sehr? Denn auch das wird mittlerwei­le offen ausgesproc­hen, jüngst zum Beispiel bei der GOL-Mitglieder­versammlun­g: Mutet sich Michael Lang zu viel zu und übernimmt er sich am Ende womöglich?

Weiter gedacht: Besteht die Gefahr eines Vakuums, sollte einmal der – Lang natürlich persönlich nicht zu wünschende – Ausfall des OB eintreten? Möglich wäre dies, und deswegen birgt die neue Verwaltung­sstruktur neben den Chancen auch Risiken.

Gut nur, dass in diesem Zuge nicht die Hauptsatzu­ng geändert werden soll. Denn so bleibt der Gemeindera­t jederzeit frei in der Entscheidu­ng, doch noch die Stelle eines neuen Beigeordne­ten (und Bürgermeis­ters?) auszuschre­iben.

j.steppat@schwaebisc­he.de

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Jan Peter Steppat

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