Bodnegg will Nazivergangenheit aufarbeiten
Gemeinderat lädt Historiker ein – Porträtstelle von Anton Blaser in der Bürgermeistergalerie bleibt vorerst leer
BODNEGG - Der Beschluss des Gemeinderats, in welcher Art und Weise die leere Stelle des entfernten Porträts von Nazi-Bürgermeister Anton Blaser in der Galerie der Bodnegger Bürgermeister wieder gefüllt werden soll, ist auf die Januarsitzung verschoben worden. Zu dieser Sitzung wird ein Historiker eingeladen, der die Gemeinde beraten soll, wie man zum einen mit dem leeren Platz und zum anderen mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Geschichte in Bodnegg umgehen soll.
Einfach hat es sich der Gemeinderat nicht gemacht. Nachdem das Gremium mehrheitlich am 9. November beschlossen hatte, das Foto von Anton Blaser in der Galerie der ehemaligen Bürgermeister abzuhängen, um ein Zeichen gegen dessen verbrecherische Naziherrschaft zu setzen, hat Gemeinderat Rudi Blöchl mit den Historikern Wolf-Ulrich Strittmatter und Uwe Hertrampf Kontakt aufgenommen. Strittmatter hatte sich bereit erklärt, für den leeren Galerieplatz eine Dokumentation beziehungsweise einen Text zu liefern, der die Machenschaften von Anton Blaser aufzeigt.
Zur Sitzung lag dieser Text vor, der den gesamten Lebenslauf Blasers seit der Geburt 1904 in Kürnbach, Schulbesuche, Ausbildungsund Arbeitsstellen bis zu seiner Parteikarriere bei der NSDAP auflistet, sein rücksichtsloses Verhalten gegenüber Andersdenkenden, insbesondere seine Schikanen gegenüber einer jüdischen Familie in Bodnegg und deren Unterstützer. Außerdem sein fehlendes Unrechtsbewusstsein und seine letztendlich beamtenrechtliche Rehabilitierung.
Dieser Text war bereits als Vorschlag für den Gemeinderat zur Ansicht zusammen mit einem kleinen Foto von Blaser in Uniform gestaltet worden. Daran entzündete sich eine engagierte Diskussion im Rat. Gemeinderat Dieter Franke kritisierte die Ausführlichkeit des Lebenslaufs als unnötig und legte seinen Kollegen einen eigenen Text vor, der in Teilen zwar ähnlich formuliert ist, aber klar auch deutlich macht, dass der Gemeinderat am 9. November 2018 mit großer Mehrheit beschlossen hat, das Bild abzuhängen.
„Es geht nicht darum, jemand an den Pranger zu stellen, sondern es geht darum, dass der Gemeinderat erklärt, wessen Porträt dort hing und warum der Gemeinderat das abgehängt hat“, sagte Franke. Außerdem kritisierte er das aufgenommene kleine Foto von Blaser zum Text. „Er kann hier nicht in kleinerer Form wieder auftauchen“, sagte er und etliche Kollegen schlossen sich seiner Meinung an. Aber auch Gegenteiliges war zu hören: „Man sollte ein Gesicht dazu haben“, meinte Walter Fuchs. Denn äußerlich sehe man dort jemand normalen, aber dahinter verberge sich ein schlimmer Mensch.
„Einer Person ein Gesicht zu geben, ist wichtig“
Rudi Blöchl informierte seine Kollegen über die Einschätzung der Historiker. „Einer Person ein Gesicht zu geben, ist wichtig, sonst müssten auch aus allen Geschichtsbüchern viele Fotos entfernt werden. Erst Text und Bild ergeben ein komplettes Menschenbild“, so Blöchl. Bürgermeister Christof Frick schloss sich dieser Meinung an. Während der modifizierte Text von Dieter Franke allgemeine Zustimmung bekam, konnte sich der Rat über die Aufnahme des Fotos nicht einigen. Man müsse mit diesem Thema sensibel und mit Fingerspitzengefühl umgehen, da in der Gemeinde aufgrund der Berichterstattung schon rege und zum Teil sehr kontrovers diskutiert werde, so Frick. „Keinen Unfrieden zu stiften wäre mir wichtig“, ergänzte er und der Rat sah das ebenso.
Aus diesem Grund soll zur Januarsitzung ein Historiker zur Beratung über das weitere Vorgehen und die Möglichkeiten zur Aufarbeitung hinzugezogen werden. Auch in der Geschichte sachkundige Bodnegger könnten angesprochen werden.