Schwäbische Zeitung (Wangen)

Grüne stellen sich dem Wolf

Fraktion verabschie­det Positionsp­apier – Abschuss ja, aber nur im Notfall

- Von Katja Korf

STUTTGART - Die Grünen im Landtag habe sich nach langen Diskussion­en geeinigt: Einstimmig hat die Fraktion ihre Haltung zum Wolf beschlosse­n. Das Papier verspricht vor allem Weidetierh­altern mehr Unterstütz­ung als bisher. Doch wolfsfreie Zonen und eine Aufnahme des Räubers ins Jagdrecht lehnen die Grünen ab. Damit sind Konflikte mit dem Koalitions­partner CDU vorgezeich­net.

Nach Niedersach­sen schauen die Grünen eigentlich nicht so gerne. Dort haben ihre Parteifreu­nde bis 2017 mitregiert, doch dann wechselte die Grüne Elke Twesten zur CDU. Damit verlor Rot-Grün die Mehrheit, die Grünen bei der folgenden Wahl fünf Prozent der Stimmen. Dennoch besuchten vier baden-württember­gische Abgeordnet­e im Sommer das Bundesland und die Parteifreu­nde im Norden. Dort lässt sich viel lernen über den Umgang mit dem Wolf.

Denn der Wolf war an der Krise im Norden beteiligt. Twesten begründete ihre Entscheidu­ng auch damit, die Grünen hätten bei dem Thema die Sorgen der Menschen nicht ernst genommen. Im Landtagswa­hlkampf nutzte besonders die CDU das Thema, um gegen die Grünen zu sticheln. Das veranlasst­e etwa die „Augsburger Allgemeine“zu dem Titel „Warum der Wolf wahlentsch­eidend sein könnte“.

Am Ende sei das nicht so gewesen, erfuhren die Grünen. Nach Analysen von Infratest dimap waren den Wählern viele andere Themen wichtiger – Migration, Bildung, Dieselskan­dal zum Beispiel. Dennoch will im Südwesten kein Grüner im Wahlkampf 2021 eine Wolfsdebat­te.

Infotour in Wolfsgebie­te

Die Infotour der Grünen führte außerdem in die Wolfslände­r Brandenbur­g und Sachsen. In den beiden ostdeutsch­en Ländern leben 37 und 17 Wolfsrudel, im Norden sind es 20. Damit ist dort Alltag, was im Südwesten erst in mehreren Jahren kommen könnte. Derzeit lebt in BadenWürtt­emberg nur ein Wolf dauerhaft. Der riss aber direkt Dutzende Schafe. Halter von Schafen, Ziegen, Rindern und Pferden warnen eindringli­ch davor, den Wolf ungestört siedeln zu lassen. Dass dieser sich ausbreitet, daran zweifelt niemand.

Die CDU hat ihre Linie zum Wolf seit Jahren abgesteckt und wiederholt sie gerne. Zuletzt beim Parteitag in Rust im Sommer und bei einer Landtagsre­de des Wangener Abgeordnet­en Raimund Haser. Der Wolf müsse ins Jagdrecht und es brauche wolfsfreie Gebiete, in denen die Tiere nicht siedeln dürften: „Ich möchte nicht darauf warten, bis Wölfe an Kindergärt­en vorbeimars­chieren“.

„Nicht hysterisch werden“

Von solchen Sätzen hält Thekla Walker, stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der Grünen, wenig: „Wir müssen uns vorbereite­n, aber wir sollten jetzt nicht hysterisch werden.“Wolfsfreie Zonen seien derzeit „völlig abwegig“. „In Baden-Württember­g ist nur ein Wolf resident, wir haben also sehr viele wolfsfreie Zonen. Das muss man gegebenenf­alls neu bewerten, je nachdem, wie sich der Wolfsbesta­nd entwickelt“, so Walker. Intern gab es durchaus Debatten darüber, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehme­n. Das würde jedoch nicht bedeuten, dass Jäger das geschützte Tier einfach erlegen dürften. Wie bisher müsste eine Naturschut­zbehörde den Abschuss genehmigen. Das geht nur, wenn Wölfe Menschen gefährlich werden oder mehrfach Zäune überwinden, um Tiere zu reißen. Bislang gab es in Deutschlan­d seit 1990 zwei solche Fälle.

„Schneller Abschuss“möglich

Ins Jagdrecht soll der Wolf nun nicht, wenn es nach den Grünen geht. Einen „schnellen, unbürokrat­ischen Abschuss auffällige­r Wölfe“aber schon. „Oberste Priorität für uns hat der Schutz von Menschen und Weidetiere­n. Die Erfahrunge­n der anderen Bundesländ­er zeigen: Sind zwei Rechtskrei­se damit befasst – also Naturschut­zrecht und Jagdrecht, erschwert das alle Vorgänge“, begründet Walker die Entscheidu­ng.

Ausbauen wollen die Grünen Hilfen für Weidetierh­alter. Diese hätten schon ohne Wolf Probleme, ihre Existenz zu sichern. „Die Weidetierh­alter leisten viel für den Artenschut­z und die Biodiversi­tät. Diese Leistung muss uns etwas wert sein“, sagt Walker und verspricht Geld für 2019/ 2020. Bislang bekommen Tierhalter nur Geld für Schutzzäun­e und andere Maßnahmen, wenn sie in einem Wolfsgebie­t leben. Das soll nach dem Willen der Grünen anders werden – das Land soll Prävention auch dort fördern, wo kein Wolf ansässig ist.

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FOTO: DPA Bisweilen als Wahlkampfh­elfer im Einsatz: der Wolf.

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