Der Digitalpakt Schule ist vorerst gestoppt
Bundesrat lehnt Grundgesetzänderung ab – Vermittlungsausschuss soll Kompromiss finden
BERLIN - Der Bundesrat hat die Grundgesetzänderung für den Digitalpakt Schule am
Freitag abgelehnt.
Die Debatte zeigte: Es knirscht zwischen Bund und Ländern. Baden-Württembergs Ministerpräsident
Winfried Kretschmann schien gar nicht so recht zu wissen, wohin mit seinem Ärger. Von einem „Frontalangriff auf die föderale Ordnung“sprach der Grüne im Bundesrat, er warnte vor einer „Verzwergung der Länder“durch die geplanten Grundgesetzänderungen. Kretschmann ließ auch keinen Zweifel, wer für ihn daran Schuld trägt, dass der Digitalpakt Schule nicht – wie lange versprochen – zum Jahreswechsel kommen kann: „Wir stehen zu unserer Verantwortung. Der Bund steht auf der Bremse.“
Kretschmann und die 15 anderen Länderchefs haben gegen die Verfassungsänderungen gestimmt, die im November von der Großen Koalition mit den Stimmen der Grünen- und FDP-Fraktion und der Linken beschlossen wurden. Jetzt wird ein Vermittlungsausschuss eingerichtet. Mitte Januar könnte er starten. Trotz ihrer Ablehnung betonten alle Ministerpräsidenten, dass es dabei nicht um den Digitalpakt ging. Die fünf Milliarden Euro, die der Bund in die digitale Infrastruktur der Schulen investieren möchte, sind in allen 16 Ländern willkommen. Die Länder fürchten jedoch, dass der Bund ihnen zu sehr reinredet.
So zeigte sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) verärgert, dass „über die Hintertür das Selbstbestimmungsrecht der Länder beschnitten werden soll“. Erst kurz vor der Abstimmung ist bekannt geworden, dass Investitionen in Schulen, die der Bund nach dem Digitalpakt tätigen will, in gleicher Höhe von den Ländern mitfinanziert werden müssen.
Dass sich die Länder auch noch über Stilfragen ärgern, wird die Arbeit des Vermittlungsausschusses nicht leichter machen. So beklagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), dass die „fundamentale Veränderung ohne Rücksprache mit auch nur einem Ministerpräsidenten“stattfinden sollte. Sein Thüringer Kollege Bodo Ramelow (Linke) schickte ironisch „beste Grüße an den Bundestag“: „So können Verfassungsorgane nicht miteinander umgehen.“ Wie der Konflikt gelöst werden kann, ist offen. Einig sind sich die Politiker aus Bund und Ländern nur darin, dass es schnell gehen muss. Sie machen keinen Hehl daraus, dass sie fürchten, noch mehr Ansehen bei Bürgern und Wählern zu verlieren.
Zugleich zeigte die Debatte aber auch, dass die Ministerpräsidenten nicht auf einer Linie sind. Der Niedersachse Stephan Weil (SPD) knöpfte sich in seiner Rede den Kollegen Kretschmann vor, dessen Einwürfe Weil für „eine Oktave zu hoch“hielt. „Wir Länder haben Anlass zu mehr Selbstbewusstsein“, fand er.