Schwäbische Zeitung (Wangen)

Memmingen will Klinik-Fusion, aber...

Stadträte stellen mehrere Anträge – Derweil spricht der Unterallgä­uer Landrat mit anderen Krankenhäu­sern

- Von Thomas Schwarz

MEMMINGEN - Derzeit liegt die Fusion zwischen dem Klinikum Memmingen und den Unterallgä­uer Kreisklini­ken auf Eis. Anfang November hatte der Unterallgä­uer Landrat Hans-Joachim Weirather (Freie Wähler) die Gespräche seitens der Kreisklini­ken Mindelheim und Ottobeuren ausgesetzt, um Sondierung­sgespräche mit dem Landkreis Oberallgäu und der Stadt Kempten aufzunehme­n. Nun wollen Memmingens Stadträte einen neuen Anlauf unternehme­n. Das fordern sie in mehreren Anträgen an die Stadt als Mehrheitsa­nteilseign­erin des Klinikums. Der Landrat reagiert irritiert.

Wenn es nach CSU, ÖDP, Grünen und Freien Wählern (FW) geht, soll die Fusion Mitte nächsten Jahres abgeschlos­sen sein. So formuliere­n es die Fraktionen in einem Antrag. Die Beteiligun­gsverhältn­isse – bisher der große Knackpunkt – sollen bei 50:50 liegen. „Wir halten diese Fusion für die sinnvollst­e Möglichkei­t, die medizinisc­he Versorgung der Bevölkerun­g in der Stadt Memmingen und im Landkreis Unterallgä­u langfristi­g zu sichern. In deren Mittelpunk­t muss das Wohl der Patienten stehen“, schreiben sie. Dadurch sollen „attraktive Arbeitsplä­tze erhalten und eine nur auf Gewinn orientiert­e Privatisie­rung“vermieden werden. Der Antrag von CSU, ÖDP, Grünen und FW beinhaltet auch, dass die bayerische Krankenhau­sgesellsch­aft den Fusionspro­zess begleiten soll.

Offener formuliert es die SPD/ FDP-Fraktion in einem eigenen Antrag mit insgesamt acht Punkten an Oberbürger­meister Manfred Schilder (CSU). Sie unterstütz­t zwar weitere Verhandlun­gen mit dem Landkreis Unterallgä­u, „aber auch mit anderen Krankenhau­strägern“, betont Fraktionsv­orsitzende­r Matthias Reßler. Bereits jetzt kooperiere das Klinikum Memmingen in einigen Bereichen nicht nur mit den Kreisklini­ken Unterallgä­u, sondern auch mit den Kliniken in Kempten und dem Oberallgäu, mit den Kliniken in Kaufbeuren und dem Ostallgäu und mit der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München. Seine Fraktion glaube aber auch, so Reßler, dass das Klinikum Memmingen allein bestehen könne. Zuerst eine politische Entscheidu­ng zu treffen und hinterher darüber zu debattiere­n, wie das medizinisc­he Konzept sein soll: Das gehe bei Krankenhäu­sern gar nicht. Zu klären seien in den Verhandlun­gen beispielsw­eise auch Fragen der Beteiligun­g des Partners und der zukünftige­n Leitungsst­ruktur.

Was das Beteiligun­gsverhältn­is angeht, haben SPD und FDP klare Vorstellun­gen: Nach Kriterien wie Betten- und Patientenz­ahl, Ärzten und Personalst­ärke oder Zahl der Hauptabtei­lungen ergebe sich ein Verhältnis von 60 zu 40 zwischen dem Klinikum Memmingen und den Kreisklini­ken. Ein solches Verhältnis bedeute „ein faires Angebot und widerspric­ht auch nicht einer Argumentat­ion mit Augenhöhe“. Dieser Punkt wurde von den Kreisklini­ken oft kritisiert.

Erst das medizinisc­he Konzept mit „klar erkennbare­n Zentren und Schwerpunk­tabteilung­en“zu definieren und dann politisch zu diskutiere­n, ist auch der Ansatz der CRBFraktio­n. Zu den Beteiligun­gsverhältn­issen bei einer Fusion zwischen dem Klinikum Memmingen und den Unterallgä­uer Kliniken positionie­rt sich der CRB klar: Maximal 40 Prozent seien für den Landkreis angemessen. „Einem Ausverkauf des Klinikums Memmingen auf der Grundlage eines 50:50-Verhältnis­ses kann keinesfall­s zugestimmt werden“, schreibt Fraktionsv­orsitzende­r Wolfgang Courage. Er beruft sich auf ein Papier der Unternehme­nsberatung Ernst & Young von 2016.

Gelöst werden müssten zudem Fragen nach den Immobilien, den Investitio­nen, den Arbeitsplä­tzen oder dem Management. „Bislang fehlen hierzu Daten und Fakten des Landkreise­s völlig“, so Courtage. Beschlosse­n werden solle auch, dass ein externer Berater mit einer geeigneten Bewertungs­matrix alle drei Krankenhäu­ser bewerten soll. Die drei Anträge der Memminger Politiker kommen zur Beratung zunächst in den Klinikum-Senat – wahrschein­lich Anfang 2019. Er tagt mutmaßlich nicht öffentlich, da es um eine strategisc­he Ausrichtun­g geht. Einen konkreten Termin gibt es laut der Memminger Stadtverwa­ltung noch nicht.

Landrat ist irritiert

Ablehnend reagierte Landrat Weirather auf die Memminger Initiative. „Die Anträge der Stadtratsf­raktionen gehen in ihrer Aussage in völlig verschiede­ne Richtungen. Damit wird leider wiederum deutlich, dass es in Memmingen kein einheitlic­hes politische­s Meinungsbi­ld gibt.“Die ständig wiederkehr­ende Forderung nach einem medizinisc­hen Konzept sei irritieren­d. „Tatsache ist, dass wir genau dieses Konzept schon längst diskutiert und in unserer gemeinsame­n Klinikmana­gement-Gesellscha­ft akzeptiert haben.“

Weirather begrüßt zwar, „dass zumindest bei einem Teil des Stadtrats Memmingen eine Bewegung zu erkennen ist“. Gleichwohl werde der Kreis seinen Ende Oktober gefassten Beschluss umsetzen, mit dem Klinikverb­und Kempten-Oberallgäu in Verhandlun­gen über eine Zusammenar­beit zu treten. Im Januar solle im Detail weiter geredet werden.

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