Eisenharzer Tradition seit 90 Jahren
Die Stephansreitergruppe feiert mit einem Festritt am zweiten Weihnachtstag Jubiläum
ARGENBÜHL - Genau vor 90 Jahren wurde die Stephansreitergruppe Eisenharz gegründet. Zweck des Vereins, der in der fast unveränderten Form bis heute gilt, ist, dass das alte Brauchtum des Stephansritts am zweiten Weihnachtstag um die historische Stephanskapelle erhalten und gepflegt werden soll. Damit wurde der bis dahin unorganisierte Ritt in geordnete Bahnen gelenkt.
Alles begann mit Hermann Wunderlich: Sein Onkel Carl Wunderlich, der 1883 die „Molkerei Eisenharz“errichtet hatte, holte ihn 1908 als gleichberechtigten Prokuristen mit ins Geschäft. Der aus Bad Tölz in Oberbayern stammende junge Mann bemühte sich bald den Brauch des Umrittes, der viele Jahre „im Stallhäs und in Stallpantoffeln gegen 6 Uhr in dunkler Winternacht“eher einem wilden Herumjagen glich, zu erneuern und in eine kirchliche Prozession umzugestalten. Mit seiner Idee stieß Hermann Wunderlich allerdings beim damaligen Pfarrherrn Peter lange auf Ablehnung. Hatte dieser doch das Reiten um die Kapelle für „heidnisches Zeug“gehalten. Das Umdenken kam erst 1927. Dann aber gab es die erste kirchliche Prozession mit Musikkapelle und Pferdesegnung. 200 Reiter waren der Einladung gefolgt und setzten sich in Bewegung. Ein alter Brauch hatte ein neues Gesicht bekommen.
Kein gewöhnlicher Reitverein
Auch ein weiteres Vorurteil konnte Wunderlich ausräumen. Dies betraf die Schaffung einer eigenen Stephansreitergruppe. „Die Meinung, dass ich einen Reiterverein gründen wolle, bei dem die Pferde alles Mögliche leisten und die Reiter oft stundenlang von der Arbeit fortbleiben, konnte ich gründlich zerstören“, gab Wunderlich damals zu Protokoll. Bei der Gründungsveranstaltung am 8. Dezember 1928, an der 50 Personen teilnahmen, wurde Josef Mayer aus Matzen zum ersten Vorstand gewählt, Benedikt Harlacher übernahm das Amt des Kassiers, Hermann Wunderlich das des Schriftführers, geht aus historischen Unterlagen der Stephansreiter hervor.
Schon ein Jahr später wurde für 375 Reichsmark eine Standarte angeschafft. 1935 beschloss man, sich nicht unter die SA-Reiterstandarte einzuordnen. 1937 schrieb Wunderlich ins Protokollbuch: „Die Eisenharzer Bauern haben das Stephansreiten zu ihrem eigenen Fest gemacht und möchten es nicht mehr missen.“1946 genehmigten die Franzosen den Ritt und nahmen selbst daran teil. Nachdem Josef Mayer gestorben war, wurde Ottmar Scheinberger Vorsitzender, nach dessen Tod Anton Müller. Unter seiner Führung gab es zum 50-jährigen Bestehen einen besonderen Ritt, bei dem Bischof Georg Moser die Festpredigt hielt. Ebenso feierlich ging es auch 1994 zu, als die Kirchengemeinde Eisenharz ihren 900. Geburtstag feierte. Bernhard Volkwein, der seit 1979 Vorstand war, konnte dabei Bischof Walter Kasper begrüßen. Bischof Gebhard Fürst war es dann, der das 75. Jubiläum mit seiner Anwesenheit krönte.
Ritt nur einmal abgesagt
Stolz ist man im Verein darauf, dass der Stephansritt nur ein einziges Mal in seiner Geschichte abgesagt werden musste. Nämlich 1999, als Sturm „Lothar“wütete. Und auch der Festritt im Jahr 2009 mit der Weihe der renovierten Stephanskapelle wird in Erinnerung bleiben. Wie ebenso der 90. Stephansritt vor einem Jahr.
Etwas Wehmut beschlich 2016 die 75 Mitglieder, als Bernhard Volkwein sein Amt nach 37 Jahren als Vorsitzender der Stephansreitergruppe Eisenharz abgab. Gesundheitliche Gründe hatten ihn dazu gezwungen. In Adalbert Weber wurde aber ein engagierter neuer Mann für die Spitze des Vereins gefunden.
Der Stephansritt zum Jubiläum findet in diesem Jahr wie gewohnt am Zweiten Weihnachtstag in Eisenharz statt. Beginn ist um 13 Uhr. Dazu sind Reitergruppen und Besucher eingeladen.