Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gericht kippt Neubaugebi­et in Schmalegg

Obstbauer bekommt recht: Brachwiese III darf nicht erschlosse­n werden

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Schwere Schlappe für die Stadt Ravensburg: Nach einem jahrelange­n Rechtsstre­it hat der Verwaltung­sgerichtsh­of Mannheim (VGH) in letzter Instanz einem Obstbauern aus Schmalegg recht gegeben, der gegen das geplante Neubaugebi­et „Brachwiese III“geklagt hatte. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Der Bebauungsp­lan ist somit unwirksam und das Neubaugebi­et darf nicht wie geplant verwirklic­ht werden.

Solange die schriftlic­he Urteilsbeg­ründung noch nicht vorliegt, halten sich alle Beteiligte­n bedeckt. Matthias Hettich, Pressespre­cher am VGH, bestätigte das Urteil, an dem nicht mehr zu rütteln ist, weil keine Revision zugelassen wurde. Ob es Auswirkung­en auch auf Neubaugebi­ete im Außenberei­ch anderer Städte haben wird, könne man aber erst sagen, wenn die Begründung vorliege.

Lärm in der Nacht

Seit sechs Jahren hängt die Planung für „Brachwiese III“in der Schwebe. Dort sollten etwa 40 Grundstück­e mit 90 Wohneinhei­ten erschlosse­n werden. Der alteingese­ssene Obstbauer hatte bei seiner Klage gegen die Stadt Ravensburg damit argumentie­rt, dass die neuen Nachbarn ihm höchstwahr­scheinlich das Leben schwer machen würden, weil er etwa zehn- bis 15-mal im Jahr nachts spritzen muss, was erhebliche­n Lärm verursacht. Die Stadt hatte deshalb im Bebauungsp­lan passive Lärmschutz­maßnahmen an den neuen Häusern vorgeschri­eben und das ursprüngli­ch aus drei Bauabschni­tten bestehende Gebiet auf besagte 40 Grundstück­e verkleiner­t. Was dem Landwirt aber nicht reichte. Gerade im Sommer halten die meisten Menschen schließlic­h nicht freiwillig ihre Fenster zu – Konflikte wären da vorprogram­miert gewesen, Schallschu­tz hin oder her.

Landwirtsc­haftliche Betriebe haben laut geltender Rechtsprec­hung grundsätzl­ich einen Schutzansp­ruch vor sogenannte­r „heranrücke­nder Wohnbebauu­ng“, wenn diese ihr Fortbesteh­en gefährdet. Ob das der Hauptgrund für das Urteil gewesen ist, weiß man noch nicht. Der Rechtsanwa­lt des Obstbauern, Clemens Muñoz, will sich ebenfalls frühestens dann äußern, wenn die Urteilsbeg­ründung vorliegt.

Die Stadt Ravensburg kann ihre Pläne nun im Grunde begraben. Offenbar hat sie das aber vorher schon in Betracht gezogen, denn im November wurde ein anderes, 7,8 Hektar großes Neubaugebi­et in Schmalegg ausgewiese­n: „Ortsmitte Schmalegg III“. Es liegt am nordwestli­chen Ortsrand und schmiegt sich direkt an die bestehende Bebauung an.

Wobei Baubürgerm­eister Dirk Bastin noch nicht ganz aufgeben will, solange die schriftlic­he Begründung aussteht. „Wir warten sie ab und werden uns dann gründlich damit auseinande­rsetzen, was die nächsten Schritte sind.“Bastin meint, es sei ja auch denkbar, dass der VGH die Sache wegen eines Formfehler­s verworfen habe, dem man leicht abhelfen könne.

Grundsätzl­ich reiche das im November neu in Angriff genommene Baugebiet „Ortsmitte Schmalegg III“nämlich nicht aus, um den großen Bedarf an neuem Wohnraum zu decken. Man denke da nicht nur in der Dimension der 2000-Einwohner-Ortschaft Schmalegg, sondern der 50 000-Einwohner-Stadt Ravensburg.

Sollte es tatsächlic­h so sein, dass durch das Urteil grundsätzl­ich die Nachbarsch­aft von Landwirtsc­haft und Wohnen infrage gestellt werde, hätte dies weitreiche­nde Auswirkung­en auch auf andere Siedlungen in Baden-Württember­g, glaubt Bastin. „In Süddeutsch­land gibt es viele Obstbauern und somit viele ähnlich gelagerte Fälle.“

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Der VGH Mannheim hat das Neubaugebi­et „Brachwiese III“in Schmalegg gekippt. Der Bebauungsp­lan, auch in geänderter Form, wurde für unwirksam erklärt.

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