Gericht kippt Neubaugebiet in Schmalegg
Obstbauer bekommt recht: Brachwiese III darf nicht erschlossen werden
RAVENSBURG - Schwere Schlappe für die Stadt Ravensburg: Nach einem jahrelangen Rechtsstreit hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) in letzter Instanz einem Obstbauern aus Schmalegg recht gegeben, der gegen das geplante Neubaugebiet „Brachwiese III“geklagt hatte. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Der Bebauungsplan ist somit unwirksam und das Neubaugebiet darf nicht wie geplant verwirklicht werden.
Solange die schriftliche Urteilsbegründung noch nicht vorliegt, halten sich alle Beteiligten bedeckt. Matthias Hettich, Pressesprecher am VGH, bestätigte das Urteil, an dem nicht mehr zu rütteln ist, weil keine Revision zugelassen wurde. Ob es Auswirkungen auch auf Neubaugebiete im Außenbereich anderer Städte haben wird, könne man aber erst sagen, wenn die Begründung vorliege.
Lärm in der Nacht
Seit sechs Jahren hängt die Planung für „Brachwiese III“in der Schwebe. Dort sollten etwa 40 Grundstücke mit 90 Wohneinheiten erschlossen werden. Der alteingesessene Obstbauer hatte bei seiner Klage gegen die Stadt Ravensburg damit argumentiert, dass die neuen Nachbarn ihm höchstwahrscheinlich das Leben schwer machen würden, weil er etwa zehn- bis 15-mal im Jahr nachts spritzen muss, was erheblichen Lärm verursacht. Die Stadt hatte deshalb im Bebauungsplan passive Lärmschutzmaßnahmen an den neuen Häusern vorgeschrieben und das ursprünglich aus drei Bauabschnitten bestehende Gebiet auf besagte 40 Grundstücke verkleinert. Was dem Landwirt aber nicht reichte. Gerade im Sommer halten die meisten Menschen schließlich nicht freiwillig ihre Fenster zu – Konflikte wären da vorprogrammiert gewesen, Schallschutz hin oder her.
Landwirtschaftliche Betriebe haben laut geltender Rechtsprechung grundsätzlich einen Schutzanspruch vor sogenannter „heranrückender Wohnbebauung“, wenn diese ihr Fortbestehen gefährdet. Ob das der Hauptgrund für das Urteil gewesen ist, weiß man noch nicht. Der Rechtsanwalt des Obstbauern, Clemens Muñoz, will sich ebenfalls frühestens dann äußern, wenn die Urteilsbegründung vorliegt.
Die Stadt Ravensburg kann ihre Pläne nun im Grunde begraben. Offenbar hat sie das aber vorher schon in Betracht gezogen, denn im November wurde ein anderes, 7,8 Hektar großes Neubaugebiet in Schmalegg ausgewiesen: „Ortsmitte Schmalegg III“. Es liegt am nordwestlichen Ortsrand und schmiegt sich direkt an die bestehende Bebauung an.
Wobei Baubürgermeister Dirk Bastin noch nicht ganz aufgeben will, solange die schriftliche Begründung aussteht. „Wir warten sie ab und werden uns dann gründlich damit auseinandersetzen, was die nächsten Schritte sind.“Bastin meint, es sei ja auch denkbar, dass der VGH die Sache wegen eines Formfehlers verworfen habe, dem man leicht abhelfen könne.
Grundsätzlich reiche das im November neu in Angriff genommene Baugebiet „Ortsmitte Schmalegg III“nämlich nicht aus, um den großen Bedarf an neuem Wohnraum zu decken. Man denke da nicht nur in der Dimension der 2000-Einwohner-Ortschaft Schmalegg, sondern der 50 000-Einwohner-Stadt Ravensburg.
Sollte es tatsächlich so sein, dass durch das Urteil grundsätzlich die Nachbarschaft von Landwirtschaft und Wohnen infrage gestellt werde, hätte dies weitreichende Auswirkungen auch auf andere Siedlungen in Baden-Württemberg, glaubt Bastin. „In Süddeutschland gibt es viele Obstbauern und somit viele ähnlich gelagerte Fälle.“