Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ausnahmswe­ise auf Obama-Linie

- Von Frank Herrmann

Donald Trump scheint das Weltgesche­hen ausschließ­lich durch die Brille von Kosten-Nutzen-Rechnungen zu betrachten. Was zahlt der Kunde? Welches Geschäft lässt sich anbahnen? Was bringt es mir? Im Falle Syriens ist die Antwort für ihn ziemlich eindeutig: nichts als Verluste.

Im Nordosten des Bürgerkrie­gslandes, wo sich US-Militär mit kurdischen Milizen verbündete, um das Kalifat des sogenannte­n Islamische­n Staates auszuhebel­n, gibt es keinen Kunden, mit dem sich ein lukrativer Deal schließen ließe. Der Pakt mit den Kurden verprellt vielmehr die Türkei, die sich verärgert von amerikanis­chen Rüstungsli­eferungen abund russischen zuzuwenden droht.

Die syrischen Kurden fühlen sich schnöde im Stich gelassen, nachdem sie im Kampf gegen den IS die Kohlen aus dem Feuer holen durften. In Ankara wiederum dürfte man grünes Licht aufblinken sehen, das grüne Licht Washington­s für eine türkische Interventi­on im Nachbarlan­d. Das alles wird Trump kaum um den Schlaf bringen. Der Ex-Geschäftsm­ann denkt nur von Transaktio­n zu Transaktio­n.

Klar, wer militärisc­h nicht mehr präsent ist, hat auch politisch kaum noch etwas zu sagen. Wird über eine Friedenslö­sung für Syrien verhandelt, sitzen die Amerikaner nur am Katzentisc­h. Das Feld werden sie anderen überlassen haben: Russland, Iran, der Türkei, vielleicht noch Israel und Saudi-Arabien.

Damit hat sich Trump längst abgefunden. In seiner Rechnung gehört Syrien nun mal nicht zur amerikanis­chen Einflusssp­häre. Übrigens ist dies einer der wenigen Punkte, in dem Trump auf einer Linie mit seinem Amtsvorgän­ger Barack Obama liegt. Nach den ernüchtern­den Erfahrunge­n des Irakkriege­s wollte Obama alles vermeiden, was die Supermacht ein zweites Mal in einen nahöstlich­en Konfliktst­rudel ziehen würde. Sein spätes Engagement war mit 2000 Soldaten in Syrien ohnehin eher symbolisch. Nur stand dieses Symbol eben auch für den Willen, den IS in die Knie zu zwingen. Dass Trump darauf nun verzichtet, ist völlig unnötig – und riskant ist es auch.

politik@schwaebisc­he.de

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