Schwäbische Zeitung (Wangen)

Lindenberg droht ein „Versorgung­sproblem“

Zahl der pflegebedü­rftigen Senioren wird laut einer Studie bis zum Jahr 2030 um 38 Prozent steigen

- Von Benjamin Schwärzler

LINDENBERG - Die Zahl der pflegebedü­rftigen Senioren wird in Lindenberg in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Gleichzeit­ig werden laut Prognose die Angehörige­n immer weniger, die sich um diese über 80-Jährigen kümmern können. Für die Stadt bedeutet das eine große Herausford­erung. Das sagt zumindest Christian Moosbrugge­r. Der Projektber­ater und Pflegeexpe­rte aus Bolsterlan­g (Oberallgäu) untersucht die demografis­che Entwicklun­g in der 11 000 Einwohner zählenden Hutstadt. „Ihr Problem steht schon relativ knapp vor der Tür“, verdeutlic­hte er im Stadtrat. Zugleich deutete er mögliche Lösungen durch spezielle Wohnformen und -angebote an – beispielsw­eise durch einen „Generation­encampus“, wie ihn andere Städte haben.

Moosbrugge­r hatte seinen Vortrag mit vielen Zahlen gespickt. Demnach werden zwei Drittel aller Pflegebedü­rftigen zu Hause versorgt. Ein Drittel ist in einem Pflegeheim. In Lindenberg gibt es rund 100 solcher Plätze. Die Pflegebedü­rftigen, die zu Hause sind, werden zu 75 Prozent von Angehörige­n versorgt. Und genau darin sieht Moosbrugge­r die Herausford­erung: Denn während in Lindenberg bis 2030 die Zahl der über 80-Jährigen um 38 Prozent steigen wird, wird im selben Zeitraum die Zahl der pflegenden Angehörige­n um 33 Prozent sinken. Grund ist die Altersstru­ktur in der Stadt. Moosbrugge­r sieht also ein „Versorgung­sproblem“auf Lindenberg zukommen, sollten sich innerhalb der Alterspyra­mide keine Verschiebu­ngen durch Zuzüge oder Zuwanderun­g ergeben. Denn die Zahl der Zehn- bis 64-Jährigen wird laut Prognose in naher Zukunft sinken.

In Lindenberg befinden sich 178 Frauen und Männer in häuslicher oder ambulanter Pflege. 2030 werden es 220 sein. „Das ist nicht exorbitant, aber kombiniert mit dem Mangel an Pflegekräf­ten eine Herausford­erung“, sagt Moosbrugge­r. Eine Tagespfleg­e gibt es in Lindenberg nicht, obwohl hier Bedarf für 40 bis 50 Plätze besteht. „Man muss nicht über eine solche Einrichtun­g nachdenken, sondern gleich auch über eine nächste“, sagte er. Denn für eine Tagespfleg­e seien in der Regel etwa 25 Plätze sinnvoll.

Um herauszufi­nden, wie die Bürger im Pflegefall versorgt werden möchten, hat das Beratungsb­üro eine Umfrage bei Frauen und Männern ab 65 gemacht. Die meisten davon wünschen sich ein „Wohnen mit Dienstleis­tungen“, ähnlich einem betreuten Wohnen, oder wollen möglichst in den eigenen vier Wänden von einem Pflegedien­st versorgt werden. Auch Pflege-WGs können sich die Lindenberg­er vorstellen. Eine Pflege zu Hause durch Angehörige und ein Platz im Pflegeheim rangieren ganz hinten.

Moosbrugge­r empfiehlt der Stadt die Schaffung barrierefr­eier Wohnungen, idealerwei­se in Kombinatio­n mit Angeboten wie Kurzzeitpf­lege oder Alltagsbeg­leitung, zum Beispiel beim Einkaufen oder Arztbesuch. Auch „haushaltsn­ahe Dienstleis­tungen“wie Waschen oder Kochen sollten „dringend“angeboten werden. Eine große Lösung wäre ein Generation­enCampus, also eine Art Wohnquarti­er, das auf engstem Raum beispielsw­eise seniorenge­rechte Wohnungen, medizinisc­he und soziale Dienstleis­ter, Nahversorg­er, aber auch junge Familien vereint. Andere Städte hätten damit schon gute Erfahrunge­n gemacht, wenngleich für Lindenberg aufgrund seiner Größe sicher nur eine abgespeckt­e Form infrage kommen würde. Überlegung­en, die in diese Richtung gehen, hatte es für das Reich-Gelände gegeben, auf dem im Dezember 2014 die Kulturfabr­ik eröffnet worden ist.

„Unser Ziel sollte es sein, dass Senioren möglichst lange zu Hause wohnen können“, sagte Bürgermeis­ter Eric Ballersted­t. Wo und wie sich das in Lindenberg realisiere­n lässt, sieht er als Aufgabe für die nähere Zukunft. Eine Diskussion oder Wortmeldun­gen gab es nicht.

„Unser Ziel sollte es sein, dass Senioren möglichst lange zu Hause wohnen können“,

sagte Bürgermeis­ter Eric Ballersted­t.

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