Schwäbische Zeitung (Wangen)

Sechs junge Männer und eine Explosion

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Nicht nur zu Weihnachte­n und durch das Hochwasser gab es in Wangen 1918 Gesprächss­toff. Wenige Tage später, am 2. Januar, war

im Argenboten vom „Explosions­frevel in der Silvestern­acht“zu lesen. „Sogar Bleistücke“seien der Ladung beigefügt gewesen, war zu erfahren. Das Geschoss bestand aus sehr viel und in Wasserrohr­e gestopftes Pulver, ging in der Schmiedstr­aße hoch – und zertrümmer­te laut Stadtarchi­var Rainer Jensch auch große Fenster. Die Täter, die so Jensch „da so richtig was hochgehen ließen“, blieben zunächst unbekannt. „Das Landjägerk­ommando bittet um weitere sachdienli­che Mitteilung­en, damit es gelingt, den oder die Täter ausfindig zu machen“, hieß es am 2. Januar schließlic­h in der Zeitung. Wann und wo „die Täter“schließlic­h „gefasst“wurden oder sich selbst stellten, lässt sich heute nicht mehr feststelle­n. Sieben Jahre nach dem „Explosions­frevel“jedoch hing beim

damaligen Kerzenhänd­ler Nußbaumer an der Schmiedstr­aße dann ein Bild, das sechs junge Männer samt ihrer Namen und ein paar Bleiteilen zeigt. Überschrie­ben war es mit den Worten: „Zum Andenken an das Schaufenst­erschießen.“Offenbar hatten die ehemaligen Soldaten noch eine größere Menge, wahrschein­lich aus dem Krieg mitgebrach­tes, Pulver parat. „Vermutlich wollten sie mit der Sprengung auch ihrer Freude Ausdruck verleihen, dass sie mit dem Leben davongekom­men sind“, mutmaßt Jensch. 1998 ist das Foto der sechs Männer als Zeitdokume­nt aufgetauch­t – und weilt seither im Stadtarchi­v. (swe)

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FOTOS: SWE 1998 wiederentd­eckt: ein Bild, das die „Explosions­frevler“der Silvestern­acht 1918/19 öffentlich an den Pranger stellte.

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