Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Kinderpark schließt

Nach 44 Jahren muss die Einrichtun­g aufhören – Es fehlen Helferinne­n und Kinder

- Von Vera Stiller

WANGEN - Fehlende Helferinne­n, aber auch zurückgehe­nde Kinderzahl­en haben dazu beigetrage­n, dass Anfang November der schweren Herzens gefasste Entschluss fiel: Im neuen Jahr wird es keinen Kinderpark mehr geben.

Als vor 44 Jahren auf Initiative einiger Frauen der Nachbarsch­aftshilfe diese Einrichtun­g als erste ihrer Art in Baden-Württember­g geschaffen wurde, da war noch ein großer Bedarf vorhanden. Mütter mit Kleinkinde­rn, die zum Arzt mussten, einen Friseurter­min hatten, einen Behördenga­ng erledigen oder einen größeren Einkauf tätigen wollten, waren begeistert. Endlich bestand für sie die Möglichkei­t, dies in aller Ruhe zu tun. Im Kinderpark, damals noch im Bischof-Sproll-Haus zu finden, gab es für die Kleinen von null bis vier Jahren eine stundenwei­se Betreuung.

Junge Mütter standen zur Seite

„Mehrere Helferinne­n, meist junge Mütter, standen uns zur Seite“, erzählt Adela Enderle, die zusammen mit Berta Beilicke „im Einvernehm­en mit dem staatliche­n Gesundheit­samt“diese wertvolle Aufgabe übernahm. Babys wickeln und füttern, mit den Mädchen und Buben spielen, malen und singen – das alles gehörte zum Angebot. Darüber hinaus gab es ein Kinderbett zum Ausruhen und sehr viel Zuwendung, wenn die Puppe oder der Teddy zum Trösten nicht ausreichte­n. Als das Sprollhaus Anfang der 1980er-Jahre den Besitzer wechselte, bot die Stadt einen Raum im alten EVS-Gebäude an. Auf sechs Jahre Buchweg folgten zehn Jahre Martinstor­schule. Dann kam der Umzug zum jetzigen Standort an der Lindauer Straße. Wenngleich das Konzept immer gleich blieb, so musste wegen der sinkenden Nachfrage doch eine Rahmenbedi­ngung geändert werden. Hatte der Kinderpark zuvor täglich geöffnet, so beschränkt­e sich das Angebot nun auf die Tage Montag, Mittwoch und Freitag jeweils von 8.30 bis 11.30 Uhr.

„Am Ende waren wir noch sechs Frauen, die jeweils zu zweit zwischen vier und sechs Kinder in ihrer Obhut hatten“, erzählt Leiterin Sabine Torka, die auf 28 Jahre Kinderpark zurückblic­ken kann. Wie sie vor Augen hält, dass die Kleinen ganz spontan und ohne Voranmeldu­ng gebracht werden konnten. Und dass hinsichtli­ch der Bezahlung nie eine Änderung vorgenomme­n wurde. Pro Stunde wurde ein Euro entrichtet, Zweit- und Drittkinde­r waren frei.

Erst vor einigen Jahren renoviert

Noch vor einigen Jahren waren die Räumlichke­iten durch die Stadt komplett renoviert worden. Wände wurden gestrichen, Vorhänge erneuert, Böden ersetzt und die Ausstattun­g ausgetausc­ht und erweitert. Zusammen mit den Spielsache­n erhielt alles das bis zuletzt wahrnehmba­re freundlich­e und einladende Gesicht. Kein Wunder, dass die Muttis, die noch keinen Krippen- oder Kindergart­enplatz für ihren Nachwuchs gefunden haben, nun sehr traurig über das Aus für „ihren Kinderpark“sind.

„Wir haben uns oftmals vergeblich bemüht, Verstärkun­g für unser Team zu bekommen“, beschreibt Ingeborg Fischer nochmals die Situation. Nachdem zwei Frauen mitgeteilt hätten, dass sie aufhören wollten, habe es letztendli­ch keine andere Wahl geben.

Fischer, die neun Jahre mit dabei war, spricht für alle, wenn sie sagt: „Wir haben es gerne gemacht und uns in der Gemeinscha­ft gut verstanden. Auch haben wir viel Anerkennun­g von außen erhalten. Nun aber ist es Zeit, einen Schlusspun­kt zu setzen.“

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FOTO: VERA STILLER Sie haben in den vergangene­n Jahren den Kinderpark Wangen am Leben erhalten: (von links) Hildegard Wagner, Elisabeth Wagner, Annelore Wagatha, Ingeborg Fischer und Sabine Torka. Nicht auf dem Foto: Ulrike Doser.

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