Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Neandertal­er hat ausgedient

- Von Jürgen Schattmann

Vor vier Tagen gab Bayer Leverkusen­s Manager dem SkyReporte­r ein denkwürdig­es Interview, das wir heute aus gegebenem Anlass rezitieren wollen.

Völler: Völler: Rudi Völler Marcus Lindemann Reporter:

Können Sie, Stand heute, sagen, dass Heiko Herrlich am 18. Spieltag Trainer von Bayer 04 Leverkusen sein wird? – Können Sie mir sagen, dass Sie im nächsten Jahr noch Field-Reporter sind bei Sky? Ganz sicher? Zu 100 Prozent? –

Wenn die Gesundheit es zulässt, in jedem Fall. Kann ich Ihnen zu 100 Prozent sagen. – Weiß ich nicht. Sind Sie sich sicher? – Wissen Sie mehr? – nicht. Das ist Spekulatio­n. –

Aber was ist mit Heiko Herrlich? –

Ich habe das gerade mit einer Gegenfrage beantworte­t. –

Aber beantworte­n wollen Sie diese Frage nicht. – Sie können sie ja auch nicht beantworte­n. – Doch. Ich habe ja gesagt: Ich bin dabei. – Sind Sie sicher? Sie entscheide­n das doch gar nicht. –

Ich gehe davon aus, dass ich dabei bin. – Ach so, Sie gehen davon aus. – Gehen Sie davon aus, dass Heiko Herrlich dabei ist? – Gehen Sie davon aus, dass Sie noch FieldRepor­ter sind nächstes Jahr?

Völler: Reporter: Völler: Völler: Völler: Reporter:

Reporter: Völler:

Reporter:

Weiß ich

Reporter: Reporter: Reporter: Völler:

Völler und Lindemann diskutiert­en im noch ein wenig weiter, dann trennten sie sich, selbst ein Bezahlsend­er hat ja irgendwann Redaktions­schluss. Am Sonntag beendete Völler dann das Schauspiel: Bayer habe sich von getrennt, sagte der Ex-Bundestrai­ner – und die Bundesliga, die sich im Herbst wochenlang über kurz zuvor noch dementiert­e Entlassung von beim VfB Stuttgart, echauffier­te, hat damit auch an Weihnachte­n ein schönes Reizthema. Warum in Gottes Namen entlässt man einen Trainer einen Tag vor Heiligaben­d und dann auch noch nach zwei Siegen in Folge, einem 2:1 auf Schalke und einem 3:1 gegen Berlin? Warum kann man es, wenn man davon überzeugt ist, nicht früher tun – etwa Ende Oktober, als die Leverkusen­er, die mit vier Pflichtspi­elniederla­gen in die Runde gestartet waren, 2:3 in Zürich

Loriot-Stil Heiko Herrlich Michael Reschkes Tayfun Korkut

verloren? Das sind die Fragen, eine Antwort darauf von Völler gab es nicht – nur den Grund für die Entlassung an sich. Der liege in der „Stagnation in der Entwicklun­g des Teams. Auch wenn wir zum Jahresende hin wieder den Anschluss an die internatio­nalen Plätze hergestell­t haben, befinden wir uns nach der insgesamt nicht befriedige­nden Halbserie in einer Situation, die einen Trainerwec­hsel aus unserer Sicht notwendig macht“, sagte der Geschäftsf­ührer.

Tatsächlic­h gibt es Experten, die Leverkusen dank seiner hochtalent­ierten Spieler zumindest auf Rang drei der Liga einstufen, würde das Team von einem Toptrainer betreut. Herrlich glückte das nicht: Im Vorjahr verpasste er als Fünfter die Qualifikat­ion für die Champions League. Die war auch diesmal das Ziel, als Neunter trennen Bayer allerdings sieben Punkte von Rang vier. Fazit: Herrlich hat die Chance verpasst. Aber eine Entlassung nach zwei Siegen? Bereits vor zehn Tagen hatte der Kicker von Leverkusen­s Interesse an berichtet, den Bayer am Sonntag zum Nachfolger bestellte. Klingt, als habe man da einen Mann vorführen wollen.

Peter Bosz

Jedenfalls kann Bosz, der einen Vertrag bis 2020 unterschri­eb, nun beweisen, dass er eben jener Spitzencoa­ch vom Rang eines oder

sein kann. Bereits vor 18 Monaten wollte Bayer den Holländer, der zuvor mit den jungen Wilden von Ajax Amsterdam für Furore gesorgt hatte, verpflicht­en, doch der BVB war schneller. Dort waren sie nach 19 Punkten in sieben Spielen sehr begeistert von dem 55-Jährigen, ehe sich das Bosz-System der alternativ­losen Offensive ebenso rasant wieder abnutzte. Am 10. Dezember 2017 musste Bosz gehen, seither war er ohne Job. Sportdirek­tor setzt auf den „offensiven, temporeich­en und begeistern­den Fußball“, den Bosz spielen lasse: „Insbesonde­re mit Ajax hat er bewiesen, dass er junge Spieler verbessern, Mannschaft­en formen und auch internatio­nal etablieren kann.“

Jürgen Klopp Lucien Favre Simon Rolfes

Herrlich hatte seine Entlassung übrigens geahnt. Am Freitag hatte er gesagt: „Ein Neandertal­er geht morgens raus aus der Höhle zum Jagen und blendet alle Gefahren und Unwägbarke­iten aus. Sonst könnte er nicht rausgehen. Ähnlich ist es für einen Trainer.“Nur hatten die Neandertal­er natürlich wesentlich weniger im Hirn.

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FOTO: DPA Da waren sie noch Bundesliga-Kollegen: Der Ex-Dortmunder Peter Bosz (links) beerbt bei Bayer Leverkusen Heiko Herrlich.
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