Die Heimat – nah und unerreichbar
Alltag im Flüchtlingscamp Mam Rashan zwischen Hoffnung und Resignation – Die Sehnsucht nach dem Shingal tragen die Jesiden in ihren Herzen
Natürlich kennen er und seine Nachbarn im Camp die Berichte über die gezielte Ansiedlung sunnitischer Muslime durch die irakische Zentralregierung in ihren Heimatdörfern. Und ihnen ist bewusst, dass die Häuser im Shingal weitgehend zerstört sind, vom Wiederaufbau wenig zu sehen ist, Brunnen und Bewässerungsanlagen vom IS vergiftet wurden und viele Gebäude nach wie vor vermint sind. Natürlich wissen sie auch, dass für die Sicherheit im Shingal nun schiitische Milizen zuständig sind, zu denen sie kein Vertrauen haben. Die Angst der Jesiden, erneut zur Zielscheibe in einer konfliktbeladenen Region zu werden, ist deshalb größer als ihre Sehnsucht nach der Heimat.
Doch wie kann es für sie weitergehen? Was wird aus ihren Kindern, wenn sie größer sind und nicht mehr im Camp zu Schule gehen können? Werden sich die Familien damit abfinden müssen, ihr Leben lang Flüchtlinge zu sein, abhängig von der Unterstützung anderer und von Spenden? Diese Fragen hängen schwer in dem circa zwölf Quadratmeter kleinen Raum – und wollen keine Antwort finden. Doch Aziza Azo Murad hält sich am Guten fest, das sie in den vergangenen Jahren auch erlebt hat: „Unser Leben seit der Flucht ist ja schon viel besser geworden. Es gibt hier eine Schule, das Begegnungszentrum, den Spielplatz, den Fußballplatz und die Läden. Am Anfang lebten wir in Zelten und waren nass, sobald es geregnet hat. Wir sind euch sehr dankbar, dass ihr uns geholfen habt.“