Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Beichte eines Getriebene­n

„Manaslu – Berg der Seelen“ist ein Porträt des Extremberg­steigers Hans Kammerland­er

- Von Manuel Schwarz

Hans Kammerland­er ist einer der bekanntest­en Extremberg­steiger. Als erster Mensch fuhr er vom Gipfel des Mount Everest mit Ski ab. Er hat viele Bergtragöd­ien erlebt, die schlimmste am Manaslu. Nun wurde sein wechselhaf­tes Leben verfilmt.

Kammerland­er brüllt aus Leibeskräf­ten. In dem infernalis­chen Gewitter weit oben am 8156 Meter hohen Manaslu kann ihn sein Kletterpar­tner kaum verstehen; inmitten von Blitzen und einem Schneestur­m wollen die beiden beim Abstieg nur noch irgendwie ihr Zelt erreichen. Ein Partner Kammerland­ers ist bei der Expedition an diesem verhängnis­vollen Tag im Frühjahr 1991 bereits verunglück­t. Das Drama aber ist nicht vorbei. Seit jenen Stunden ist der Manaslu der Schicksals­ort des Südtiroler Extremberg­steigers.

In „Manaslu – Berg der Seelen“begleitet Regisseur Gerald Salmina Kammerland­er bei der Rückkehr nach Nepal. Zweieinhal­b Jahrzehnte nach der Tragödie will der heute 62Jährige die Expedition beenden, seinen letzten noch verblieben­en Achttausen­der bezwingen und vor allem das damals Erlebte aufarbeite­n.

Anders als der Titel suggeriert steht aber nicht der Berg im Zentrum des Films, sondern die Biografie Kammerland­ers: Von seiner Kindheit und Jugend auf einem Bergbauern­hof im Südtiroler Ahrntal über die ersten Himalaya-Expedition­en an der Seite von Reinhold Messner bis hin zu seinem größten KarriereTr­iumph 1996 am Mount Everest.

Während Kammerland­ers Manaslu-Expedition 2017 von Salmina begleitet wurde, sind Szenen der Vergangenh­eit nachgespie­lt. Dabei legten die Filmemache­r Wert auf Authentizi­tät: Den Kammerland­er in seinen 20ern etwa spielt Simon Gietl, selbst ein Profibergs­teiger und -kletterer aus Südtirol. Die stärksten Momente sind aber jene, in denen originale Fotos und Videoschni­psel von früher eingespiel­t werden.

Kammerland­er war den Großteil seines Lebens ein Getriebene­r. Das Bergsteige­n betrachtet­e er viel mehr als Wettkampf denn als Genuss. Und der Tod war sein ständiger Begleiter. „Es ist sehr bedenklich, wie viele Freunde auf der Strecke geblieben sind“, sinniert er im Film. Nur drei seiner Begleiter auf Achttausen­der leben noch. „Aber wir haben kein Mitleid verdient. Wir werden ja von niemandem da hochgeschi­ckt.“Der Alpinist brauchte den Kick in der Höhe, bis heute hält er den Geschwindi­gkeitsreko­rd für die Nordroute auf den Mount Everest.

Auch Kammerland­er ist kein makellos strahlende­r Held, und das nicht erst seit dem „größten Fehler meines Lebens“. Im November 2013 verursacht er betrunken einen Autounfall und prallt gegen ein Auto, in dem ein 23-Jähriger stirbt. (dpa)

Manaslu – Berg der Seelen. Regie: Gerald Salmina, Österreich 2018, 123 Minuten, FSK ab 12 Jahren.

 ?? FOTO: THIMFILM ?? Hans Kammerland­er
FOTO: THIMFILM Hans Kammerland­er

Newspapers in German

Newspapers from Germany