„Wer das gesehen hat, den lässt es nicht mehr los“
Seelsorgeeinheit Argenbühl unterstützt seit vielen Jahren die aus Christazhofen stammende Schwester Ingeborg in Indonesien
ARGENBÜHL - Traumhafte Landschaften und bittere Armut. Blechhütten und fröhliche Menschen. Weite Distanzen zu Zentren und Hoffnung durch immer mehr gut ausgebildete, junge Inselbewohner. Es sind die Gegensätze, die die Insel Tello und mit ihr das Leben von Schwester Ingeborg prägen. Viel Gutes konnte und kann die Argenbühler Franziskaner-Schwester schon und noch immer bewirken – nicht zuletzt durch ihre Argenbühler, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Menschen in der Südsee zur Seite zu stehen.
„Es war die Horrornacht meines Lebens“, blickt Angela Hartmann, Ansprechpartnerin für die Partnerschaft Schwester Ingeborg der katholischen Kirchenpflege, zurück auf jene Nacht im Februar 2005, ihre Anreise nach Tello und insbesondere die Überfahrt von Sumatra nach Nias, die schon im Vorfeld von einem schicksalhaften Ereignis dirigiert wurde. Nicht nur, dass Angela Hartmann wegen des Tsunamis zu Weihnachten 2004 gerade ihre erste Reise zu Schwester Ingeborg verschoben hatte. Nein, Angela Hartmann, Franziska Frech, die Schwester von Schwester Ingeborg, sowie zwei weitere Frauen hatten eine ganz spezielle Anreise mit kleineren Flugzeugen („Die Gurte waren mit einem Draht befestigt!“) und einem alten Holzschiff.
Fröhliche Leute trotz Armut
Auf Tello erwartete die vierköpfige Frauengruppe aus Deutschland laut Hartmann dann zweierlei Dinge: „Eine Armut, die man sich nicht vorstellen kann und trotzdem Leute, die fröhlich sind.“Auf der Insel Tello hatte der Tsunami, wie übrigens auch der Tsunami 2018, nicht zugeschlagen: „Aber auf dem Weg dorthin sind wir vielen traumatisierten Menschen begegnet und haben viele zerstörte Wohnsiedlungen gesehen.“Für Angela Hartmann war der 2005 noch völlig private Flug in die Südsee „das Erlebnis meines Lebens“– und ein Wendepunkt.
Aufgrund des verheerenden Tsunamis hatten ihr viele Menschen Spenden für Schwester Ingeborg mitgegeben, auch wenn Tello nicht direkt betroffen war: „Mir war schnell klar: Ich muss einen Verein gründen oder zur Pfarrgemeinde gehen und schauen, dass die Spendengeschichte dort läuft.“Letzteres tat sie dann auch nach ihrer Rückkehr: „Wer das alles gesehen hat, dieses Elend auch ohne Tsunami, und wie Schwester Ingeborg in Tello wirkt, den lässt das nicht mehr los,“sagt Hartmann.
Eine Eine-Welt-Gruppe gab es zu dieser Zeit in Argenbühl bereits, fortan aber konzentrierte sich Christazhofen noch stärker auf Schwester Ingeborg und Tello. Während sich der Bad Wurzacher Freundeskreis und Verein Indonesienhilfe mit dem auf Tello geborenen Arzt Stephan Bago in der Hauptsache um die Poliklinik kümmert, liegt das Hauptaugenmerk der Argenbühler auf Kindergarten, Schule, Bildung und Ausbildung.
„Derzeit benötigen wir allerdings eine 15 000 Euro teure Zahnarzt-Ausstattung“, erzählt Angela Hartmann. „Da werden wir dann auch das Geld der SZ-Helfen-bringt-Freude-Aktion einfließen lassen.“Was die Ausbildungen betrifft, konnte Schwester Ingeborg in ihrem Weihnachtsbrief positive Nachrichten in die Heimat schicken: „Erfolgreich abgeschlossen haben in diesem Jahr eine Kindergärtnerin, eine Krankenschwester und vier Religionslehrer- und lehrerinnen.“18 weitere junge Menschen befinden sich noch in der Ausbildung.
Rund 8000 Euro, erzählt Angela Hartmann, trägt Christazhofen jährlich zur Finanzierung der Projekte in der Missionsstation bei – mit dem Erlös aus Zopfbrot und Kaffee beim Missions-Sonntag, dem erst kürzlich veranstaltendem sechsten Benefizkonzert mit der Irischen Gruppe Tune-Up, durch die Martinssängern der Christazhofener Grundschule und mit einem Teil der Sternsinger-Gelder. Unterstützung erhält Schwester Ingeborg zusätzlich auch durch den Missionsarbeitskreis Isny und vielen privaten Spendern. Möglicherweise wird Angela Hartmann 2019 der Insel Tello und Schwester Ingeborg wieder einen Besuch abstatten, um dort die laufenden Projekte zu besuchen. „Man kann dort mit wenig Geld so viel machen“, sagt sie.
Und was hat das Projekt mit Angela Hartmann selbst gemacht? „Ich habe mich auf jeden Fall verändert, nehme vieles nicht mehr so wichtig“, so die ehemalige Kirchengemeinderätin und blickt auf ihre Fotos der früheren Besuche. Die armseligen Hütten mischen sich mit mit Luftballon spielenden, lachenden Kindern und dem 25-jährigen Watriman, der nach einem Tauchunfall gelähmt ist und im Rollstuhl sitzt. Er hat gelernt, aus Verpackungspapier Täschchen herzustellen, die seiner Familie einen kleinen Verdienst bringen. Watriman ist einer der Schützlinge von Schwester Ingeborg. Wie auch MC Junior, Rido und Vania, deren Hasenscharten 2018 von einem Ärzteteam in Siantar auf dem Festland operiert wurden – nach vielen Stunden Anreise im Boot und im – für europäische Verhältnisse zumindest – wenig vertrauensvollen „Flugobjekt“.