Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Mond ist nicht genug

- Von Daniel Drescher d.drescher@schwaebisc­he.de

Ein Erfolg, der vieles verändert: Es wirkt wie ein ironischer Fingerzeig, dass sich der Name der chinesisch­en Mondsonde liest wie das englische Wort für „Wandel“. Denn mit der Landung des nach der chinesisch­en Mondgöttin benannten Raumfahrze­ugs „Chang’e 4“auf der Rückseite des Mondes ist China endgültig im Club der Weltmächte angekommen. Erneut hat das Reich der Mitte bewiesen, dass es nicht nur entschloss­en, sondern auch fähig ist, eine entscheide­nde Rolle auf der globalen Bühne zu spielen. China begnügt sich nicht mit einem All-Ausflug zur Erforschun­g des Trabanten. Der Fahrplan für die nächsten Jahre steht. Langfristi­g geht es China um nicht weniger als die Ausbeutung von Ressourcen, die für die Kernfusion taugen könnten.

Die USA – einst die Vormacht im All, die 1969 mit Neil Armstrong den ersten Menschen auf den Mond schickte – geraten durch den Erfolg der Chinesen massiv unter Druck. Die letzte bemannte Mondmissio­n ist fast ein halbes Jahrhunder­t her. Die Raumfahrtb­ehörde Nasa, die vergangene­s Jahr 60 Jahre alt wurde, leidet unter Budgetkürz­ungen und braucht dringend Erfolge. Seit dem Ende des Space-Shuttle-Programms 2011 sind die Amerikaner auf russische Sojus-Kapseln angewiesen, um ins Weltall zu kommen. 2011 entschiede­n sich die USA gegen eine Zusammenar­beit mit China und verwehrten dem Land die Beteiligun­g an der ISS. Doch China braucht die Amerikaner längst nicht mehr: Das Land mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern treibt sein Raumfahrtp­rogramm mit politische­r Ambition voran. Es geht auch um militärisc­he Macht. Raumfahrt und geopolitis­ches Gewicht waren schon im Kalten Krieg zwei Seiten einer Medaille.

Auch Europa muss aufpassen, dass es nicht abgehängt wird – nicht nur in Sachen Raumfahrt. China ist eine gewichtige Wirtschaft­snation, ob es nun um Vorsprung in Sparten wie der Solartechn­ologie geht oder um aggressive Investitio­nen auch hierzuland­e. Im Westen, wo man die Menschenre­chte hochhält, wäre eine Abhängigke­it vom Überwachun­gsstaat China ein großer Nachteil.

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