Schwäbische Zeitung (Wangen)

Machtspiel um alles oder nichts

- Von Ulrich Mendelin

Ein friedliche­r Machtwechs­el wäre für den Kongo ein Erfolg und eine Premiere. Das riesige Land – allein die Hauptstadt Kinshasa hat so viele Einwohner wie die ehemalige Kolonialma­cht Belgien – ist nur dem Namen nach eine „Demokratis­che Republik“. In Wahrheit plündern die Mächtigen das Land seit Jahrzehnte­n aus, ganz wie einst die europäisch­en Kolonialis­ten. Der Staat existiert in vielen Regionen nur auf dem Papier. Die staatliche Armee ist bei der Bevölkerun­g kaum weniger gefürchtet als die Rebellentr­uppen, die sie bekämpft.

Viele Kongolesen hegen nun den begründete­n Verdacht, dass sich auch mit einem Wahlsieg Tshisekedi­s nichts daran ändern wird. Tatsächlic­h könnte eine Absprache mit diesem Opposition­skandidate­n aus Sicht des scheidende­n Präsidente­n Kabila, der sich in seiner Amtszeit hemmungslo­s bereichert hat, ein schlauer Zug sein. Kabila ist vor allem daran gelegen, eine Strafverfo­lgung zu verhindern. Das könnte ihm Tshisekedi im Gegenzug für seine Anerkennun­g als Wahlsieger garantiere­n.

Der Zweitplatz­ierte Martin Fayulu spricht prompt von Wahlbetrug. Auch das ist allerdings in vielen afrikanisc­hen Ländern ein Reflex der jeweils unterlegen­en Kandidaten. Nun drohen Unruhen. Das ist kaum verwunderl­ich in einem Land ohne funktionie­rende Institutio­nen, in dem Politik immer ein Machtspiel um alles oder nichts gewesen ist.

u.mendelin@schwaebisc­he.de

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